Unwetter sucht Landkreis Wunsiedel heim Sturm deckt Brauereihalle ab

Das Dach der Hauptlagerhalle der Wunsiedler Brauerei Hönicka liegt seit Freitag im Garten nebenan. Foto:  

Die Feuerwehren sind im Landkreis pausenlos im Einsatz. In Wunsiedel raste eine Art Windhosedurch die Stadt – mit üblen Folgen.

 
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Monika Layritz von der Hönicka-Bräu in Wunsiedel ist am Samstagvormittag schon wieder im Büro. Im Hof stehen mehrere Kunden und holen Bier für den bevorstehenden Grillabend. Niemand nimmt Notiz von dem, was am Abend zuvor hier geschehen ist: Gegen 19.30 Uhr rast eine Windhose durch das Gelände und trennt das Dach der großen Lagerhalle wie von einer Fischdose fein säuberlich ab. Die zerknüllten Haufen aus Blech und Kunststoff liegen auf dem Grundstück nebenan. „Zum Glück ist niemand zu Schaden gekommen“, sagt Monika Layritz. Auch der Bierkeller sei nicht betroffen. „Die Bierversorgung ist also gewährleistet.“

Ausgerechnet in das zweite richtige Feierwochenende des Jahres bläst der heftige Sturm. Der hat sich zwar bereits am Freitagnachmittag über Stunden mit dunklen Wolken angedeutet, so richtig ernst nimmt die zu diesem Zeitpunkt aber niemand. In Marktredwitz spielen sich die Bands für MAK-Jazz ein, eine Art kleines Altstadtfest. Hunderte gut gelaunter Gäste schlendern durch die Innenstadt und genießen die Festival-Atmosphäre.

Es wird ungemütlich

Gegen 19.30 Uhr wird es von einer Minute auf die andere ungemütlich. Erst einzelne Regentropfen – und schon bricht das Unwetter herein. Die Bands sichern hastig ihr Equipment, während sich die Besucher in Hauseingänge und Lokale drängen, um zumindest halbwegs glimpflich davonzukommen.

13 Kilometer weiter in Arzberg freuen sich mehrere hundert Besucher auf dem Edeka-Egert-Gelände auf einen etwas anderen Feierabend: Mallorca-Feeling im Festzelt am Parkplatz mit den „Gipfelstürmern“ und später mit Stargast Mickie Krause. Auch über Klein-Mallorca in Arzberg zieht das Unwetter. „Wir mussten das Zelt räumen“, berichtet Marktleiter Martin Gornik der Frankenpost. Er, Chef Alexander Egert und die übrigen Helfer dirigieren die Feierwütigen mit Durchsagen in den Edeka-Markt. Das trübt die Stimmung keineswegs. „Die Leute standen mit ihrer Maß herum, plauderten und lachten einfach weiter.“ Nach 20 Minuten lässt der Wolkenbruch nach, und der Sturm legt sich. Nachdem Alexander Egert das Zelt geprüft hat, gibt er das Okay zur großen Sause. Die „Gipfelstürmer“, die als Vorband die Stimmung anheizen, nehmen den „Zwischenfall“ mit Humor. Als gegen 23 Uhr Mickie Krause die Bühne betritt, haben die Feiernden genau die richtige „Betriebstemperatur“.

Stimmung dennoch prächtig

Auch bei der Kirwa in Hildenbach kann das Unwetter den Festbetrieb nicht stoppen. Die Stimmung ist an dem denkwürdigen Abend bis in die Nacht hinein prächtig. Nachdem sie den Brauereihof aufgeräumt haben, trinken hier auch Hönicka-Braumeister Andreas Purucker und seine Frau Monika Layritz noch ein Bier und genehmigen sich Bratwürste.

„Ja, wir waren schon geschockt, als das Dach auf einmal weg war“, berichtet Monika Layritz. Zunächst scheint die Situation dramatisch. Einige Mitarbeiter befinden sich während des Sturms in der Lagerhalle, als sich das Dach löst. Sie hören, wie draußen Bierkästen umfallen, Flaschen brechen und ein Palettenstapel auf den Hof kracht. Auch zwei Bäume halten dem Unwetter nicht Stand, stürzen aber glücklicherweise genau neben eine Scheune. „Die waren kerngesund, aber die Windhose ist wahrscheinlich genau durch unsere Brauerei gefegt und hat alles mitgerissen“, berichtet Monika Layritz. Wie teuer der Schaden kommt, kann sie noch nicht beziffern. „Das abgerissene Dach ist sicher nicht billig.“

Auch Selb bleibt vom Unwetter nicht verschont. In einigen Straßen kommt es kurzzeitig zu einem Stromausfall – auch das Feuerwehrgerätehaus ist betroffen. Dank Notstromaggregat ist dies für die Retter allerdings kein größeres Problem. Im Stadtgebiet beseitigt die Feuerwehr sechs umgestürzte Bäume.

In Bernstein bei Wunsiedel feiert das halbe Dorf einen 50. Geburtstag, als der Sturm losbricht. „Wir haben immer wieder von den Feuerwehr-Leuten Bilder von Einsätzen auf unsere Handys bekommen“, sagt Wolfgang Ruckdeschel-Fischer am Telefon unserer Zeitung. Erst am Samstagmorgen sehen die Bürger aber das ganze Ausmaß der Zerstörung: Der Sturm hat Baumkronen der beiden Kastanien am Friedhof abgerissen und auf mehrere Gräber geschleudert. Einige Grabsteine und -platten sind beschädigt. „Umgehend haben wir alle verfügbaren Motorsägen und Traktoren geholt und weitgehend Ordnung geschaffen. Jetzt kann man den Friedhof wenigstens wieder betreten“, sagt Ruckdeschel-Fischer.und lobt „seine“ Bernsteiner.

60 Einsätze binnen kürzester Zeit

Auf Nachfrage bei der Integrierten Leitstelle Hochfranken berichtet ein Mitarbeiter von gut 60 Einsatz-Alarmierungen binnen kürzester Zeit. Die Feuerwehren sind zum Teil bis in die Nacht hinein unterwegs, um die vielen auf der Straße liegenden Bäume zu zersägen und aufzuräumen. Ein Beamter der Wunsiedler Polizei, den unsere Zeitung am Samstagvormittag kontaktiert, berichtet, dass noch immer vereinzelte Mitteilungen eingehen. „Die Kollegen sind schon wieder unterwegs“, sagt er.

Verletzte sind nach dem ersten großen Unwetter des Jahres nicht zu beklagen. Immerhin etwas. Und dass die Fichtelgebirgler sich von Regen und Sturm nicht vom Feiern abhalten lassen, haben sie wieder einmal bewiesen.

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