Unternehmer fordern höhere Fahrpreise Mindestlohn für Taxifahrer könnte auch in Bayreuth zu Entlassungen führen

Von Maximiliane Rüggeberg

Die Taxibranche fürchtet den Mindestlohn. Unternehmer sorgen sich um den Umsatz, Fahrer haben Angst um ihren Job. Aber reden will über die Probleme – zumindest in Bayreuth – kaum jemand. Nur ein Unternehmer und eine Fahrerin äußern sich. Sie erzählen, was der Branche ab Januar 2015 droht.

 
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Der Bayreuther Bahnhof ist einer der Knotenpunkte für Taxifahrer im Stadtgebiet. Dicht gedrängt warten sie dort auf Fahrgäste. Über den Mindestlohn will keiner von ihnen offen sprechen. Viele haben Angst um ihren Job. Foto: Harbach Foto: red

Taxifahrer gehören zu den Arbeitnehmern, die in Deutschland am wenigsten verdienen. Laut statistischem Bundesamt kommen die Fahrer gerade einmal auf 6,85 Euro die Stunde. Ab 2015 gilt auch für sie der vom Bundesrat beschlossene Mindestlohn von 8,50 Euro. Das macht vielen Unternehmern Angst. Sie können die Mehrkosten nicht einfach an die Kunden weiterreichen. Denn die Taxi-Preise legen die Kommunen fest. Steigen die Preise nicht zeitgleich mit dem Lohn der Fahrer, klafft ein Loch im Portemonnaie der Unternehmer. Und das könnte wiederum manchen Fahrer den Job kosten, heißt es in der Branche.

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Anrufe laufen ins Leere

Die Taxi-Unternehmer in Bayreuth schweigen zum Thema Mindestlohn. Viele Anrufe laufen ins Leere. Derjenige, der schließlich den Mund aufmacht, möchte anonym bleiben. „Alles ganz schwierig“, sagt er – und rechnet vor. Eine Fahrt von Bayreuth nach Bindlach kostet bei ihm momentan noch 12,50 Euro. Sobald der Mindestlohn kommt, müssten seine Kunden mindestens 17 Euro bezahlen, damit es sich für ihn rechnet. „Aber für das Geld fährt doch keiner mehr Taxi.“ Außerdem glaubt der Unternehmer nicht, dass die Taxi-Tarife von der Stadt überhaupt so schnell angehoben werden. 50 Fahrer arbeiten für den Unternehmer. Sollten ihm die Kosten durch den Mindestlohn über den Kopf wachsen, sieht er nur eine Lösung: „Entweder man geht pleite – oder man kündigt Leuten.“

Um die Situation zu entschärfen, soll erstmals über einen bundesweit einheitlichen Tarifvertrag verhandelt werden. Momentan gibt es in Deutschland über 800 verschiedene Tarife. Bei einer Einigung haben die Unternehmer zwei Jahre mehr Zeit, um die Bezahlung an den Mindestlohn anzupassen. Thomas Grätz, Geschäftsführer des Taxiverbands, rechnet im September mit einem Ergebnis. Scheitern die Gespräche, könnten bis zu 70 000 Taxifahrer ihren Job verlieren, sagt Grätz.

60 Stunden Arbeit in der Woche

Wie groß die Angst unter den Fahrern ist, zeigt sich auch in Bayreuth. Am Telefon will sich keiner äußern. Also direkte Nachfrage am Bahnhof, einem der Knotenpunkte für Taxifahrer in der Stadt. Schon beim Klopfen an der Fensterscheibe erntet man kritische Blicke. Bei den Worten „Presse“ und „Mindestlohn“ machen dann die meisten Fahrer dicht. Kein Kommentar, keine Namen, nur der Hinweis: „Fragen Sie doch mal die Kollegin da vorn.“

Die Kollegin „da vorn“ hat gerade keinen Fahrgast und will reden. Allerdings nur anonym. Seit einem Jahr arbeitet sie als Taxi-Fahrerin. Sie macht den Job gern. Trotzdem ist ihr Pensum hoch. Sie arbeitet fünf Tage und 60 Stunden in der Woche. Dafür bekommt sie neben der Umsatzbeteiligung ein festes Gehalt. Pro Stunde aber „keine sechs Euro.“ Ein gerechter Lohn? Keine Antwort. Sekundenlanges Schweigen. Schließlich die Antwort. „Wird überhaupt irgendwer gerecht bezahlt?“ Trotz ihres geringen Einkommens ist der Mindestlohn für die Fahrerin „ein Schuss nach hinten.“ Es sei schön, mehr zu verdienen. „Aber der Unternehmer muss es auch zahlen können.“

Freiburg hat Tarife bereits erhöht

Es gibt Städte, die bereits auf den Mindestlohn reagiert haben. Freiburg hat beispielsweise seine Tarife schon vor einem Jahr angepasst. Die Grundgebühr beträgt jetzt statt 3,30 Euro 3,70 Euro, der erste gefahrene Kilometer 2,40 Euro statt 1,80 Euro. In Bayreuth hat der Stadtrat die Tarife zuletzt im Jahr 2012 erhöht.

Info: In Bayreuth gibt es 20 Taxi-Unternehmen. Sie müssen der Stadt eine Erhöhung der Tarife vorschlagen. Danach werden Kraftdroschkenverband, IHK, Verdi und Gewerbeaufsicht gehört, bevor der Stadtrat die neuen Tarife genehmigt.