Unternehmensnachfolge So gelingt der Generationswechsel

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Symbolfoto: Silas Stein/dpa Quelle: Unbekannt

BAYREUTH/HOF/COBURG. Kann man Chefsein lernen? Offenbar. Erst Referent bei den Jugend-Planungstagen, dann Vorstandsmitglied und schließlich Chef – Volkmar Helfrecht wuchs Schritt für Schritt in die Verantwortung hinein. Seit mehr als drei Jahren steht der 39-Jährige an der Spitze des Unternehmens, das sein Vater Manfred gegründet hat. Die Helfrecht Unternehmerische Planungsmethoden AG in Bad Alexandersbad unterstützt seit Jahrzehnten mittelständische Unternehmer und Führungskräfte. Zum Programm gehören auch spezielle „Planungstage Rollenwechsel“, in denen Chefs ihre eigene Nachfolge und ihren Ausstieg aus dem Berufsleben langfristig vorbereiten. Und was dort gelehrt wird, hat die Firma im eigenen Haus konsequent realisiert.

 
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Junior Volkmar Helfrecht trat Anfang 2014 ins Unternehmen ein und arbeitete lange Zeit an der Seite des langjährigen Vorstands Werner Bayer. Das habe ihm sehr geholfen, in die Chefrolle hineinzufinden, blickt Helfrecht zurück. „Ich habe wertvolle Erfahrung gesammelt. Besonders wichtig war, dass Werner Bayer und ich hervorragend harmoniert haben.“ Vater Manfred sagte vor einigen Jahren anlässlich seines 80. Geburtstages, er sei stolz, dass der Generationenwechsel gelungen sei.

Eine geregelte und funktionierende Nachfolge - das wünschen sich viele oberfränkische Unternehmer. Doch die Umsetzung ist oft schwierig. So viele Unternehmer wie nie berichten von Schwierigkeiten bei der Nachfolgesuche, wie die Industrie- und Handelskammer (IHK) für Oberfranken klagt. Sie beruft sich auf den aktuellen bundesweiten Nachfolgereport der Kammern.

Nachfolgerclub

Auch Oberfranken könne sich diesem Trend nicht entziehen. In mindestens 1000 Unternehmen steht nach Angaben der in Bayreuth ansässigen Kammer in den nächsten fünf Jahren die Unternehmensnachfolge an. Aufgrund des demografischen Wandels und weil immer weniger Menschen Lust auf Unternehmertum haben, stünden viele Alt-Inhaber vor einer großen Herausforderung, sagt Wolfgang Bühlmeyer, IHK-Bereichsleiter Innovation und Unternehmensförderung.

Die IHK für Oberfranken hat bereits vor vielen Jahren einen Nachfolgerclub gegründet, um die Firmen zu unterstützen. 851 Unternehmensübergaben hat die Kammer nach eigener Auskunft in den vergangenen zehn Jahren erfolgreich begleitet. 237 davon gab es im Handel, 200 im Bereich Hotel und Gastronomie, 196 im Dienstleistungssektor, 188 in der Industrie und 30 im Logistiksektor.

Knapp 60 Prozent der Nachfolger kamen aus dem eigenen Unternehmen, aber nicht der eigenen Familie („Management-Buy-in“).

Klemens Jakob, der bei der IHK für das Thema Unternehmensnachfolge verantwortlich ist, sieht den Nachfolgerclub als wichtigen Mittler: „Die Zahl der erfolgreichen Unternehmensübergaben, die wir als IHK betreut haben, ist in den vergangenen Jahren spürbar gestiegen.“ 2009 waren es ihm zufolge erst neun, im vergangenen Jahr bereits 135.

Langfristige Vorbereitung

Die IHK zu Coburg schätzt, dass sich zehn bis 15 Prozent ihrer rund 8000 Mitgliedsunternehmen in den nächsten fünf Jahren mit der Suche nach einem Nachfolger befassen müssen.

Ein Schlüsselfaktor ist aus Sicht der Kammer eine langfristige Vorbereitung: Etwa drei bis zehn Jahre vor der geplanten Übergabe sollte der Inhaber damit beginnen, sein Unternehmen fit für die nächste Chef-Generation zu machen.

Unternehmer Volkmar Helfrecht kann das nur unterstreichen: „Je eher sich die Betroffenen diesem Thema stellen, strukturiert vorgehen und drohenden Gefahren begegnen, desto mehr Zeit, Geld und Ärger bleiben erspart.“ Es müsse einen gemeinsamen Plan geben, wie und zu welchem Zeitpunkt die Übergabe erfolgen soll.

Entscheidend sei es, dass der Firmeninhaber emotional bereit sei, die Verantwortung in jüngere Hände zu legen. „Dazu gehört es, zu akzeptieren, dass der Nachfolger auch mal Entscheidungen treffen wird, mit denen man nicht so einverstanden wäre.“

In der Praxis gebe es nicht selten einen „richtigen Eiertanz“ – entweder einen Chef, der sich scheue, Verantwortung abzugeben oder einen potenziellen Nachfolger, der nicht klar deutlich mache, dass er auch wirklich für seine neue Aufgabe brenne.

Für Helfrecht ist es ebenfalls bedeutend, dass die Nachfolgelösung auch von Anteilseignern des Unternehmens, der Führungsmannschaft, den Mitarbeitern und von wichtigen Kunden, Lieferanten und Fremdkapitalgebern mitgetragen wird.

Politik in der Pflicht

Die IHK für Oberfranken nimmt auch die Politik in die Pflicht. Diese könne die Unternehmensnachfolge „spürbar erleichtern“ und damit Menschen mehr Lust auf Unternehmertum machen, findet IHK-Bereichsleiter Wolfgang Bühlmeyer.

So müsse die Erbschaftsteuer endlich berechenbar gemacht werden. „Die Unsicherheiten bei der Anwendung des neuen Erbschaftsteuergesetzes bleiben für viele mittelständische Unternehmen ein Ärgernis.“

Aber auch die bürokratischen Hemmnisse seien nach wie vor eine Herausforderung. 57 Prozent der unternehmerisch Interessierten, die sich in Deutschland von einer IHK beraten lassen, bezeichneten Bürokratie als größtes Hindernis.

Volkmar Helfrecht hat sich selbst von solchen Widrigkeiten nicht abschrecken lassen. Man müsse sich im Klaren darüber sein, worauf man sich einlasse. „Wer Unternehmer sein will, der muss eine große Portion Hartnäckigkeit und viel Leidenschaft mitbringen.“

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