Unfall auf der A9 bei Naila Fassungslosigkeit beim Ersthelfer

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Das völlig demolierte Auto der zwei Verstorbenen. Foto: NEWS5 / Merzbach Foto: red

NAILA. Zwei Männer sind in der Nacht zum Donnerstag bei einem schweren Unfall auf der A9 zwischen Naila und Berg tödlich verunglückt. Fotograf Stephan Fricke versucht noch, zu helfen. Ihn packt die Wut: 40 Autofahrer fahren einfach vorbei, ohne sich zu kümmern.

 
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Zwei junge Männer sind am späten Mittwochabend auf der A 9 zwischen Naila und Berg gestorben. Der 27-jährige Fahrer eines BMW mit Kasseler Kennzeichen und sein 22-jähriger Beifahrer waren in Fahrtrichtung Berlin unterwegs, als sie auf regennasser Fahrbahn zunächst einen Lkw touchierten und dann mit ihrem Fahrzeug in die Mittelleitplanke knallten. Der Fahrer starb noch an der Unfallstelle, sein Begleiter Stunden später im Krankenhaus. Für Stephan Fricke, der als Pressefotograf an viele Unfallorte in der Region gerufen wird, hat das Unglück eine ganz besondere Dimension - und es macht ihn wütend.

Gegen 22.30 Uhr sei er auf der Gegenfahrbahn unterwegs gewesen, als er in Fahrtrichtung Berlin einen völlig zerstörten BMW habe liegen sehen, erklärt Fricke. Er sei an der nächsten Ausfahrt abgefahren und habe gewendet - und sei dann der erste von zahlreichen Verkehrsteilnehmern gewesen, der am Unfallort angehalten habe: "Alle sind vorbeigefahren und haben im Vorbeifahren nur das total zerstörte Wrack begafft", schreibt er am Donnerstagmorgen auf seiner Facebook-Seite. Seit zehn Jahren arbeitet er als Video- und Fotojournalist, er sei also mit Unfallstellen vertraut, zudem sei er auch selbst Rettungsdienst gefahren. Doch dieses Erlebnis habe ihn schwer getroffen.

Mit einer Kamera im Auto hat er den Verkehr gefilmt, während er noch auf der Gegenfahrbahn bis zur Ausfahrt unterwegs war, die Bilder hat er sich am Morgen nach dem Unfall gleich noch einmal angesehen: "Und ich habe 40 Fahrzeuge gezählt, die einfach nicht angehalten haben oder den Notruf abgesetzt haben. Ich verstehe das nicht." Er selbst habe einen Notruf abgesetzt und habe angehalten, um zu helfen, bis die Rettungskräfte am Unfallort eingetroffen sind.

Zunächst sei er zum Fahrer geeilt und habe den Puls gemessen - um feststellen zu müssen, dass er bereits tot gewesen sei. Dann habe er gemerkt, dass auf der Beifahrerseite ebenfalls noch jemand schwer verletzt im Auto eingeklemmt ist. Er habe ihm gesagt, dass Hilfe unterwegs sei, habe seinen Kopf gehalten und versucht, ihn zu beruhigen. Beim Eintreffen der Rettungskräfte wurde er von einem Feuerwehrmann abgelöst. Daniel Friedrich, Einsatzleiter der Feuerwehr Selbitz, berichtet für die Nachrichtenagentur News 5: "Nach Absprache mit der Notärztin haben wir für den Beifahrer eine Crash-Rettung durchgeführt, also die schnellstmögliche Rettungsart." Im Interview lässt er bereits anklingen, dass man sicher noch über das Geschehene sprechen werde; für derartige Vorfälle stehe professionelle Hilfe zur Verfügung.

Am Tag danach hat auch Stephan Fricke mit dem Erlebten zu kämpfen, erklärt er seinen Kollegen von News 5: "Ich verlange von niemandem, dass er zu einem solchen Auto hingeht und diese Bilder sehen muss. Ich möchte nur eines - dass man die 112 oder die 110 anruft. Damit ist viel getan." Ob seiner, Frickes, Notruf tatsächlich der einzige war, der bei der Integrierten Rettungsleitstelle eingegangen ist, lässt sich auf Frankenpost-Nachfrage am Donnerstagvormittag zumindest nicht kurzfristig klären - die Auswertung der Daten steht noch aus.

Der 46-jährige Fahrer des touchierten Lkw blieb unverletzt, er konnte sein Fahrzeug ungefährdet nahe der Unfallstelle zum Stehen bringen. Die Fahrtrichtung Berlin war bis in die frühen Morgenstunden für die Aufräumarbeiten gesperrt. Verkehrspolizei, Sachverständiger, Staatsanwalt, Autobahnmeisterei sowie Notärztin, BRK und Feuerwehr waren vor Ort. Der Sachschaden beträgt laut Polizei 14.000 Euro.

Die Integrierte Rettungsleitstelle Hochfranken bestätigt das nun auf Nachfrage: Die Leitstelle selbst habe den Einsatz von der Polizei mitgeteilt bekommen. Außer dem Notruf des genannten Ersthelfers seien keine weiteren Meldungen anderer Verkehrsteilnehmer eingegangen.

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