Umfrage Immer mehr Bankkunden drohen Strafzinsen

Von Roland Töpfer
Die Zinsen für Spareinlagen sinken, für Unternehmen und Kommunen gibt es vielerorts sogar Minuszinsen.Foto: Alexander Limbach/Adobe Stock Foto: Tobias Hofbauer

BAYREUTH/HOF/COBURG/KULMBACH. Banken und Sparkassen verlangen Strafzinsen von ihren Kunden, weil sie selbst mit Negativzinsen der Europäischen Zentralbank belastet werden. Wie ist die Lage an der Zinsfront in der Region? Wir fragten bei vier Chefs von zwei Sparkassen und zwei VR-Banken nach.

 
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Sparkasse Bayreuth: Mit dem Wort „Strafzinsen“ ist Wolfram Münch, Vorstandschef der Sparkasse Bayreuth, nicht so recht einverstanden. „Der Anleger mag die aktuelle Zinshöhe als eine Strafe empfinden, für den Kreditnehmer ist das hingegen ein Segen“, sagt Münch und schwenkt lieber um auf „Minuszinsen“. Die Nachfrage nach Geld sei seit geraumer Zeit sehr viel geringer als das Angebot. Deshalb sei der Preis des Geldes – nämlich der Zins – kontinuierlich gesunken, bis er letztendlich für kurzfristige Geldanlagen sogar negativ wurde.

Auf private Guthaben erhebe die Sparkasse keine Negativzinsen, wohl aber ab einer bestimmten Guthabenhöhe auf Einlagen von Unternehmen und Kommunen. Der Minuszins betrage hier 0,5 Prozent, das entspreche genau dem Marktzins, den auch die Bank für diese Guthaben bei der EZB bezahlen müsse. Pläne für eine breitere Einführung von Negativzinsen gebe es derzeit nicht. „Wir hoffen immer noch auf eine Erholung am Geld- und Kapitalmarkt, die mit einer moderaten Zinserhöhung einhergeht“, sagt Münch. Anzeichen dafür gebe es allerdings kaum.

Die Ertragslage bewertet Münch als „zufriedenstellend“. Die Gewinne dürften bei allen Kreditinstituten in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen sein – „das ist bei uns nicht anders“. Man habe jedoch von der guten Wirtschaftslage profitiert und kaum Kreditausfälle zu verkraften. Nahezu alle Kreditinstitute werden versuchen, die Ertragseinbußen durch Preiserhöhungen zumindest teilweise wieder aufzufangen, sagt Münch. Langfristig werde dies aber schwer werden, weil der Kostendruck einfach zu hoch sei. Sparkassen und VR-Banken hätten es besonders schwer, weil ihre Kosten aufgrund des dichten Geschäftsstellennetzes deutlich höher seien, als die der Privat- beziehungsweise Onlinebanken.

Sparkasse Hochfranken: Die deutschen Kreditinstitute sehen sich durch die europäische Zinspolitik seit Jahren mit einer bisher nie dagewesenen Situation konfrontiert, sagt Andreas Pöhlmann, Vorstandschef der Sparkasse Hochfranken in Hof. „Vereinfacht gesagt handeln wir als Kreditinstitut mit dem Produkt Geld. Dieses Geld hat einen Marktpreis – und der ist aktuell negativ.‘‘ Das führe zu mancherlei Absurditäten, wie beispielsweise dazu, dass die Bundesrepublik Deutschland oder auch einzelne Kommunen als Profiteure dieser Entwicklung Kredite aufnehmen und dafür noch Geld bekommen könnten. Die Hofer Sparkasse verlangt von Unternehmenskunden mit hoher Liquidität und von Kommunalkunden Negativzinsen – „wenn die vereinbarten Freibeträge ausgeschöpft sind‘‘. Im Privatkunden-Bereich gebe es aktuell keine Negativzinsen. „Es gibt auch keine derartigen Pläne“, versichert Pöhlmann. Mit der Ertragslage der Sparkasse ist der Chef zufrieden. „Das ist gerade für uns als Sparkasse extrem wichtig; denn wir können nur aus thesaurierten Gewinnen Eigenkapital bilden – während unsere Mitbewerber, sowohl Genossenschaftsbanken als auch Privatbanken, die Möglichkeit haben, durch die Ausgabe von Genossenschaftsanteilen beziehungsweise Aktien ihr Eigenkapital zu erhöhen.‘‘

Gebührenerhöhungen seien nicht geplant. „Wir haben unsere Produktpalette und Preispolitik vor fünf Jahren auf neue Füße gestellt, mussten seitdem keine Anpassungen vornehmen und planen aktuell auch nichts dergleichen.‘‘

VR-Bank Oberfranken Mitte: Dieter Bordihn und Stephan Ringwald, die Chefs der VR-Bank Oberfranken Mitte in Kulmbach, weisen darauf hin, dass Negativzinsen von der EZB schon vor nahezu sechs Jahren – im Juni 2014 – mit zunächst minus 0,1 Prozent eingeführt wurden. Damit sollte erreicht werden, dass die Kreditinstitute ihre Liquidität vor allem im Kreditgeschäft anlegen und nicht bei der EZB „parken“. Oft übersteigen aber die Einlagen der Kunden die Kreditnachfrage. Die früheren Anlagen zu guten Konditionen gibt es nicht mehr. Die Kulmbacher VR-Bank berechnet für Privatkunden bisher keine Negativzinsen oder Verwahrentgelte. Bei Firmenkunden und Kommunen mit Guthaben ab 500 000 Euro gibt es seit etwa zwei Jahren Negativzinsen von minus 0,4 Prozent. Die Ertragslage sei rückläufig, aber ausreichend, um alle satzungsgemäßen und bankaufsichtsrechtlichen Bestimmungen zu erfüllen und die Reserven/Rücklagen weiter zu stärken.

VR-Bank Coburg: Bei der VR-Bank Coburg sind aktuell in erster Linie Kommunen, Unternehmen und institutionelle Anleger von Negativzinsen betroffen, erklärt Vorstandschef Karlheinz Kipke auf Nachfrage unserer Zeitung. ,,Wir geben hier unsere Belastungen aus der Negativverzinsung weiter und vereinbaren dabei, je nach Umfang der Geschäftsbeziehung, individuelle Freigrenzen. Deshalb sollten insbesondere Kunden mit hohen Einlagen über alternative Geldanlagen nachdenken.“ Negativzinsen für Privatkunden seien nach jetzigem Stand nicht vorgesehen. Man beobachte die Entwicklungen bei den Zuflüssen der Einlagen sehr genau. „Immer noch fließen uns viele Einlagen zu“, sagt Kipke. Die VR-Bank Coburg habe trotz ungünstiger, von der EZB zentral vorgegebener Parameter und der zunehmenden Regulatorik in allen Bereichen „eine komfortable Ertrags- und Kostensituation“. Aktuelle Pläne für Gebührenerhöhungen gebe es nicht, sagt Kipke. Er weist darauf hin, dass jede Transaktion, sei es eine Überweisung, eine Lastschrift, eine Ein- oder Auszahlung auf einem Konto oder der einzelne Klick im Internet „zu Kosten bei unserem IT-Dienstleister führt. Diese Kosten werden auch heute noch nur teilweise an unsere Kunden weitergegeben“.