Schnell neue Freunde gefunden
Dass er und seine Familie in einem Haus in der Judengasse eine „sehr schöne und sehr gemütliche“ Wohnung gefunden haben, macht ihn glücklich. Er spielt mit anderen Flüchtlingen regelmäßig Fußball auf dem ehemaligen DFB-Platz, ist im Schachklub aktiv, „die Nachbarn sind sehr nett, überall wurden wir herzlich aufgenommen, haben schnell neue Freunde gefunden“.
Seine Frau nickt: „Wir sind einfach nur dankbar.“ Sie ist Lehrerin für Englisch an einem Gymnasium, Manfred Neumeister hofft, dass sie an der Gesamtschule unterrichten kann. Doch für sie wie für ihren Mann gilt: Sie benötigen erst einmal einen Aufenthaltstitel, um einer Arbeit nachgehen zu können. „Das braucht Zeit, das geht nicht von heute auf morgen“, sagt er. Aber die Behörden spielten mit, „dass sich die Flüchtlinge am Landratsamt registrieren lassen können, ist eine tolle Sache.“ Da habe der Landrat sich „sehr gut eingesetzt“.
20 Kriegsflüchtlinge sind zurzeit in Hollfeld untergebracht, neun in Plankenfels. Hier waren es zunächst 16, sagt Dieter Schreiber, der sich nach den TV-Bildern über das Kriegsgeschehen spontan entschloss: „Ich will da helfen.“ Was zunächst als Transport von Hilfsgütern gedacht war, entwickelte sich rasch zu einer Aktion der ganzen Kommune: „Der Gemeinderat und Bürgermeister Harald Wich standen da voll dahinter, das lief ganz unkompliziert“ sagt Schreiber, selbst Gemeinderat. Einige Flüchtlinge, die zum Teil im Gasthaus Schreyer, dem Goldenen Lamm, Unterschlupf fanden und dort auch verpflegt wurden, sind inzwischen weitergereist. Zu Bekannten, zu Verwandten.
Köchin im Gasthaus
Von den übrigen leben sechs im Moment bei Manuela Cucu in der Nachbarschaft von Dieter Schreiber. Sie will darum kein Aufheben machen, „wir sind ja selbst eine Multi-Kulti-Familie, ich bin Rumänin, mein Mann Türke“. Auch sie notiert große Dankbarkeit der Menschen, wie von Alena Portna. Auch sie wohnt bei ihr, jetzt sind ihr Mann und ihr Sohn nachgekommen, beide erhielten krankheitsbedingt eine Ausreisegenehmigung.
Ein bisschen Deutsch spricht sie schon, verständigt sich aber hauptsächlich auf Englisch. Was sie froh stimmt: Sie hat bereits eine Arbeitserlaubnis, „ich bin Köchin im Gasthaus“.
Bei aller Dankbarkeit gibt es auch Ausnahmen. Wie die sechsköpfige Familie, die sich in Plankenfels nicht wohl fühlte und in eine größere Stadt wollte. Sie wandte sich an die Presse, beklagte sich über ihre Odyssee über Nürnberg und Pegnitz nach Bayreuth. Manuela Cucu ist „richtig enttäuscht, denn sie haben wie alle anderen jede denkbare Unterstützung bekommen“. Für die Außenwirkung sei das wenig förderlich, sagt auch Dieter Schreiber, „weil dann schnell pauschalisiert und der Einzelfall in den Vordergrund geschoben wird“.
Da habe es wohl auch an der erforderlichen Geduld gefehlt, ergänzt Manfred Neumeister, der in wenigen Tagen im Auftrag des Landrats einen Hilfstransport an die rumänisch-ukrainische Grenze begleiten wird. Den organisiert Daciana Bayer, für Neumeister die „Heldin von Hollfeld“. Weil sie sich schon seit vier Jahren für die Rumänienhilfe engagiert, einen Transport nach dem anderen auf die Beine stellt.
Herzblut im Spiel
Jetzt eben nicht nur für Krankenhäuser – „es ging dabei meist um Klinikbedarf“ -, sondern auch für die Flüchtlinge an der gemeinsamen und 700 Kilometer langen Grenze von Rumänien und der Ukraine. Da ist Herzblut im Spiel. Echtes Interesse an den Menschen, die Hilfe brauchen. Wie bei Neumeister und Schreiber. Neumeister sagt auch: „Wir müssen unsere Kontakte vor Ort, unser Netzwerk nutzen, da geht vieles manchmal auch ganz unbürokratisch.“
Ali Pezhmunyar nickt. Und betont noch einmal: „Wir können einfach nur dankbar sein.“ Grade kommt sein älterer Sohn von der Schule heim. Aus einer Klasse, die nur mit Kindern aus der Ukraine bestückt ist, mit einem Lehrer aus der Ukraine. Noch fehlt da mangels Sprachkenntnis der Kontakt zu den deutschen Mitschülern. „Daran müssen wir noch arbeiten, aber auch da gibt es Möglichkeiten, das muss wachsen“, sagt Manfred Neumeister. Wie auch am Krippenplatz für den jüngeren Bruder, im Moment gibt es keinen. Es gibt also noch viel zu tun, sind sich alle einig. Und lächeln dabei.
Ein Lächeln trotz des Kriegsgeschehens, das nur 1000 Kilometer entfernt von Hollfeld tobt.