Typisierungsaktion Knochenmarkspender dringend gesucht

Agnes Ritter und ihr Mann Konrad hoffen, dass bald ein passender Knochenmarkspender gefunden wird. Foto: fe/Frauke Engelbrecht

Ja, sie hat Angst, sagt Agnes Ritter. Die 61-Jährige aus Waischenfeld hat das Hochrisiko Myelodysplastisches Syndrom (MDS) – eine Form von Blutkrebs.

 
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Agnes Ritter ist erschöpft beim Gespräch. Gerade ist sie mit ihrem Mann Konrad und den Töchtern Kerstin und Michaela aus Erlangen von der Uniklinik zurückgekommen. Hier war sie zur Knochenmarkpunktion, zur Verlaufskontrolle. Wie sieht es aus? „Die Werte sind gleich schlecht“, sagt Tochter Kerstin Grassinger.

Vorstufe von Leukämie

Am 11. Oktober hat sie die schlimme Diagnose bekommen. Es hatte relativ lange gedauert, bis ihr jemand gesagt hat, dass sie MDS – eine Vorstufe von Leukämie – hat. „Ich habe seit 18 Jahren Rheuma und auch sonst noch einige Krankheiten“, erzählt sie. Agnes Ritter hat seit vielen Jahren mehrere Putzstellen, das macht sich körperlich bemerkbar. Unter anderem hat sie in der Wirbelsäule Implantate. Seit einem Jahr bekommt sie ein neues Rheumamittel, soll regelmäßig ein Blutbild machen lassen.

Blutbild gemacht

Anfang des Jahres wird sie immer schlapper, ist kraftlos und müde. „Ich habe nachmittags auf dem Sofa geschlafen“, sagt sie, „das kannte ich gar nicht von mir, ich bin eigentlich ein Arbeitstier.“ Als sie beim Hausarzt wieder ein Blutbild machen lässt, wird festgestellt, dass die Zahl der roten und weißen Blutkörperchen deutlich abgesackt ist. Und Agnes Ritter hat auf einmal viele blaue Flecken, ohne sich gestoßen zu haben, leidet unter Zahnfleischbluten. Der Hausarzt schickt sie zum Rheumatologen, ob es an dem neuen Medikament liegt. Der sagt nur, sie soll es mal absetzen. Nach zwei Wochen wird das nächste Blutbild gemacht. Die Werte haben sich verschlechtert. „Ich hatte Angst, denn meine Oma hatte Blutkrebs“, erinnert sich Agnes Ritter, „obwohl ich wusste, dass das nicht vererbbar ist.“

Sie haben alle geweint

Ein Orthopäde, bei dem sie wegen ihrer starken Schmerzen im Bein einen Termin hat, schickt sie dann zum Hämatologen. Eine Knochenmarkpunktion und ein Bauchultraschall werden gemacht. Und endlich wird die Diagnose gestellt. Agnes Ritter war bei dem Termin alleine. „Ich weiß gar nicht mehr, was mir alles gesagt wurde, habe irgendwann abgeschaltet“, sagt sie mit Tränen in den Augen, „es war einfach zu viel.“ Sie ruft ihre Töchter an, sagt, dass sie abends mal vorbeikommen sollen, aber ohne die Enkelkinder. „Da wussten wir schon, dass es nichts Gutes ist“, sagt Kerstin Grassinger. Die Mutter erzählt ihnen dann was sie erfahren hatte. „Wir haben alle geweint.“

Nicht belastbar

In der Folgezeit muss sie immer wieder zur Knochenmarkpunktion nach Erlangen, um den Verlauf zu beobachten. Es immer eine der Töchter dabei und ihr Mann. Agnes Ritter ist zunehmend erschöpft, hat Herzrasen, ist nicht belastbar. Ihre Nichte Maria nimmt dann den Kontakt zur DKMS auf. Dann ging es ganz schnell und ein Termin für eine Stammzellenspendeaktion in Waischenfeld wird organisiert.

Genetischer Zwilling

„Es wird jetzt erst nach einem genetischen Zwilling gesucht“, erklärt Kerstin Grassinger. Und als letzte Chance stehen sie und ihre Schwester Michaela als geeignete Knochenmarkspenderinnen an. Die beiden Frauen sind schon seit Jahren bei der DKMS registriert. Die Heilungsaussichten nach einer Stammzellenspende liegen bei 90 Prozent, wurde ihnen gesagt. Und wenn niemand gefunden wird? Agnes Ritter schluckt. „Dann werden mir noch anderthalb Jahre gegeben“, sagt sie. „Und eine Palliativversorgung“, ergänzt die Tochter, „das heißt, unsere Mutter entscheidet, ob eine Versorgung weiter stattfindet.“

Sie verdrängt viel

Spricht Agnes Ritter mit ihrem Mann und den Töchtern über die schreckliche Krankheit, die Zukunft? Ja, schon, sagen alle. Sie verdrängt aber auch viel. „Ich habe schon viel geweint“, sagt sie leise, „irgendwann hat man keine Tränen mehr.“ Und sie sorgt vor, erzählt sie. Sie hat schon ein Sterbebildchen ausgewählt, über die Beerdigung nachgedacht. Und sie sorgt bei ihrem Mann vor. „Ich mache bei uns das Onlinebanking“, sagt sie, „ich erkläre ihm das, sage ihm die Passwörter.“

Und noch etwas liegt ihr ganz schwer auf dem Herzen. Nächstes Jahr hat der jüngste ihrer drei Enkel, der neunjährige Niklas, Kommunion. „Die will ich auf jeden Fall mitfeiern“, sagt sie mit trauriger Stimme.

Typisierungsaktion
Die Typisierungsaktion der DKMS findet am Samstag, 17. Dezember, von 13 bis 17 Uhr in der Waischenfelder Sport- und Bürgerhalle statt. Nach dem Ausfüllen einer Einwilligungserklärung führen die Spender einen Wangenschleimhautabstrich mittels Wattestäbchen durch, damit ihre Gewebemerkmale im Labor bestimmt werden können. Spender, die sich bereits in der Vergangenheit in der Datei registrieren ließen, müssen nicht erneut mitmachen. Einmal aufgenommene Daten stehen auch weiterhin weltweit für Patienten zur Verfügung.

Die Registrierung wird auf digitalem Wege stattfinden, daher wird gebeten, ein Smartphone mit zur Aktion zu bringen. Zudem ist für die Registrierung das Tragen einer medizinischen Maske notwendig. Aus aktuellem Anlass wird gebeten, dass Personen mit Grippesymptomen und akuten Atemwegserkrankungen, nicht zur Aktion kommen, sondern sich online registrieren: www.dkms.de.

Da die DKMS als gemeinnützige Gesellschaft im Kampf gegen Blutkrebs Spendengelder benötigt, wird um finanzielle Unterstützung gebeten. DKMS-Spendenkonto, IBAN: DE19 7004 0060 8987 0004 25, Verwendungszweck: Agnes, WWA 001.

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