Turnhalle steht leer Nur die Geflüchteten fehlen noch

Kerstin Goetzke
Die hintere Turnhalle der Realschule (links) ist für die Ankunft von Flüchtlingen aus der Ukraine vorbereitet. Dazu wurden eigens Container (rechts) angemietet und aufgestellt. Versorgungsleitungen führen per Gerüst über die Straße. Foto: Kerstin Goetzke

Rund 100.000 Euro wurden in die Ausstattung einer Turnhalle der Realschule in Pegnitz investiert, um Geflüchtete aus der Ukraine unterzubringen. Doch noch ist niemand angekommen.

 
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Innerhalb kürzester Zeit und für etwa 95.000 Euro war alles bereit, nun steht die Turnhalle der Realschule allerdings leer. Auf absehbare Zeit kommen dort vermutlich keine Flüchtlinge aus der Ukraine unter, obwohl Platz für bis zu 100 Personen wäre.

Betten, Duschen, Kochmöglichkeiten, Trennwände für Privatsphäre, Beschriftungen und Hinweise auf Ukrainisch und Deutsch – alles ist fertig, um den Menschen eine vorübergehende Bleibe zu geben. „Ein Bus könnte kommen und Leute bringen“, sagt der Leiter der Realschule, Christoph Kasseckert auf Nachfrage. In nur einer Woche sind Ende März Fundamente für Miet-Container gesetzt, Kabel und Rohre verlegt und die Mädchen-Turnhalle ausgeräumt worden. Der Hausmeister und Mitarbeiter des Bauhofs und verschiedener Firmen hätten sehr gut Hand in Hand gearbeitet. „Das war ein Gewusel auf unserem Gelände“, sagt Kasseckert.

Mädchen turnen in der Aula

Vor allem Sportgeräte mussten anderweitig untergebracht werden. „Wir haben das Glück, dass unsere Schule großzügig gebaut worden ist. Einiges ist in der Jungen-Turnhalle abgestellt worden, aber auch in Werkstätten oder Garagen. Die alltäglichen Geräte wurden griffbereit in der Nähe der Halle untergebracht.“ Der Sportunterricht für die Mädchen finde flexibel statt: mit Workouts in der Aula, bei gutem Wetter im Freien oder mit den Jungen in der aufgeteilten zweiten Turnhalle.

Auch den Abschlussprüfungen Ende Juni, Anfang Juli blickt Kasseckert entspannt entgegen: Der Jahrgang sei relativ klein und finde in der anderen Turnhalle gut Platz. „Die Schüler tragen alles gut mit“, berichtet der Schulleiter.

Unterkunft in Hotel

„Dem Landkreis Bayreuth zugewiesene Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die aus der Anker-Einrichtung in Bamberg zu uns kommen, werden zunächst vorübergehend in einem Hotel in Goldkronach untergebracht und von dort aus in passende Privatunterkünfte vermittelt“, teilt das Landratsamt auf Anfrage mit. Die Turnhalle in Pegnitz diene als Notfallunterkunft für die vorübergehende Unterbringung, die bei darüber hinaus gehendem Bedarf kurzfristig belegt werden könne, also zum Beispiel, wenn das Hotel in Goldkronach voll belegt sein sollte und vor Vermittlung der dort untergebrachten Geflüchteten in Privatunterkünfte weitere Geflüchtete eintreffen. „Bisher ist es uns gelungen, dies durch zügige Vermittlung der Geflüchteten in Privatunterkünfte zu vermeiden“, erklärt Karen Görner-Gütling von der Pressestelle des Landratsamts.

Kosten trägt der Freistaat

Sobald sicher sei, dass die Turnhalle als kurzfristig belegbare Notunterkunft nicht mehr benötigt werde, soll sie wieder freigegeben werden. Das hänge maßgeblich vom weiteren Kriegsgeschehen in der Ukraine ab.

Die Kosten für die Umgestaltung und Vorbereitung der Turnhalle zur Notunterkunft schätzt die Landkreis-Sprecherin auf etwa 95.000 Euro. „Die Maßnahmen führt das Landratsamt Bayreuth in seiner Funktion als Staatsbehörde im Rahmen der durch den Freistaat Bayern zugewiesenen staatlichen Aufgaben aus. Die Abrechnung dieser Maßnahmen erfolgt direkt über den Staatshaushalt des Freistaates Bayern. Der Kreisbehörde entstehen keine Kosten“, erklärt sie weiter.

Neues Schuljahr im Blick

Während sich in der Turnhalle noch nichts tut, sind im Schulgebäude schon einige Schüler aus der Ukraine angekommen. An der Grund- und der Mittelschule gibt es Willkommensgruppen. Einige Schüler werden außerdem von ihren ukrainischen Lehrern im Home-Schooling betreut, weiß Kasseckert, der auch im Steuerkreis des Landkreises für pädagogische Willkommensgruppen ist. Dieser kümmert sich unter anderem um die Registrierung der Schüler und weist ihnen Schulen zu. Dieser Distanz-Unterricht habe Vor- und Nachteile. Zum einen könnten die Kinder in ihrer Sprache weiter lernen. Zum anderen sei die Trennung von den hiesigen Schülern nicht förderlich für die Integration. Und die Lehrer können hier schlechter ein Auge auf die werfen. „Wir wissen nicht, wie es ihnen geht und was in ihren vorgeht“, gibt Kasseckert zu bedenken.

Im Großen und Ganzen seien die Schüler allerdings schulisch gut erstversorgt. So langsam richte sich der Blick der Verantwortlichen schon auf das neue Schuljahr, sagt der Schulleiter.

Im betreuten Wohnen untergekommen

Nicht in der Realschulturnhalle, sondern etwa einen Kilometer entfernt sind im Seniorenhaus am Milchhof zwei Frauen und ein Mann untergekommen. Die Eigentümer der Wohnungen haben die Räume den älteren Menschen zur Verfügung gestellt. „Sie müssen bestimmte Auflagen erfüllen, damit sie dort leben dürfen“, erklärt Regionalleiterin Angelika Heringklee. Das Seniorenhaus spendiere ihnen das Mittagessen, das sie beim offenen Mittagstisch mit anderen Bewohnern einnehmen.

Dort tauschen sie sich nach Möglichkeit aus. Oft helfe der Unterstützerkreis mit Übersetzern aus, „aber es geht auch mit dem Handy-Translator“, sagt Heringklee. Eine der zwei ukrainischen Seniorinnen verstehe außerdem etwas Deutsch, was die Kommunikation untereinander erleichtert.

Die beiden Frauen, die etwa 70 Jahre alt sind, seien kurz nach Ostern in die Einrichtung gekommen und „relativ fit“,sagt Heringklee. Ende vergangener Woche sollte noch ein Mann in eine dritte Wohnung ziehen, über dessen medizinische Verfassung sie vorab noch nichts wusste. Als weitere Unterkunft hat der Landkreis Bayreuth das ehemalige BLSV-Heim in Fichtelberg angemietet.kgoe

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