Trotz einiger Pannen ist der Innenminister scheinbar nicht unterzukriegen Thomas De Maizière: Der letzte Aufrechte

Rudi Wais

Flüchtlingskrise, Terrorangst – plötzlich ist Innenminister Thomas de Maizière im Mittelpunkt des Interesses. Als der Mann, der zuständig ist für die Sicherheit. Mit einem Satz scheint er aber eher Unsicherheit geschürt zu haben.

 
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Foto: Tobias Schwarz/AFP Foto: red

Es gibt ein Leben nach der Niederlage. Als Angela Merkel ihren Amtschef Peter Altmaier Anfang Oktober zum Koordinator für die Flüchtlingshilfe beruft, könnte Thomas de Maizière auch alles hinwerfen. Kein Minister lässt sich gerne in seinen Geschäftsbereich hinein regieren – und auf eine so brüske Art schon gar nicht. Indem sie das Thema an sich zieht, signalisiert die Kanzlerin ihrem Innenminister ja vor allem eines: Dass sie ihn für überfordert hält. Andere hätten sich gefragt, ob ein Rücktritt nach solchem Misstrauen nicht eine Frage der Selbstachtung ist. De Maiziere aber macht weiter. Immer weiter.

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Populärer als die Kanzlerin

Keine zwei Monate später ist der Bundesminister des Inneren populärer als die Kanzlerin. Von ihren Auseinandersetzungen über den richtigen Kurs in der Flüchtlingspolitik redet niemand mehr, seit die Terrorkommandos des Islamischen Staates eine blutige Spur durch Paris gezogen haben. Solche Krisen sind stets Stunden der Handelnden, und das Heft des Handelns hat in Deutschland vor allem der Innenminister in der Hand. Er ist es, der am Wochenende die Polizeikontrollen an Bahnhöfen, Flughafen und entlang der französischen Grenze verstärkt. Er ist es, der Hunderte von verdächtigen Islamisten in Deutschland jetzt noch genauer beobachten lässt. Er ist es auch, der die Entscheidung verteidigt, das Länderspiel zwischen Deutschland und den Niederlanden abzusagen.

Für einen wie ihn ist das eine verstörende Aussage

Am Ende bleibt von dieser Entscheidung vor allem der Satz hängen, er würde die Bevölkerung verunsichern, wenn er jetzt ausplaudern würde, was er wisse. Für einen Mann wie de Maizière, der sich ansonsten jedes Wort zweimal überlegt, ist das eine verstörende Aussage, weil sie das Gegenteil von dem suggeriert, was er an diesem Abend in Hannover erreichen will: Anstatt zu beruhigen schürt er neue Ängste. „So kann ein Minister in einer derart angespannten Situation nicht kommunizieren“, kritisiert die Grüne Irene Mihalic. Hätte er sein Schwiegen nicht einfach mit einsatztaktischen Gründen erklären können?

Ruhig im Ton, schonungslos in der Sache

In den Augen seiner Kritiker setzt sich damit nur eine Serie von Pannen und Fehltritten fort, die in de Maizieres Zeit als Verteidigungsminister mit dem Debakel um die Drohne „Euro Hawk“ begonnen haben und in der Flüchtlingskrise einen neuen Höhepunkt erreichten, als der Innenminister nur einen Tag nach dem Koalitionsgipfel ohne Absprache eine schärfere Asylpolitik ankündigte.

In der Union dagegen hat der 61-jährige sich damit das Image des letzten Aufrechten erworben: Der, der der Kanzlerin Paroli bietet. Der die Türen nach Deutschland zumindest ein Stück weit wieder schließen will.

Er sagt: "Die Lage ist ernst"

Die Anschläge von Paris bestätigen ihn nur in seiner Ansicht, dass Deutschland gar nicht vorsichtig genug sein kann – und das sagt er seinen Landsleuten mit Sätzen wie „Die Lage ist ernst. Wirklich ernst.“ Ruhig im Ton, aber schonungslos in der Sache argumentiert er an diesem Nachmittag auch bei der Herbsttagung des Bundeskriminalamtes in Mainz. „Terror heißt Furcht“, sagt er, und dass die Attentate von Paris entweder das Ergebnis oder vielleicht nur Teil einer koordinierten Anschlagsserie gewesen seien, der ersten des Islamischen Staates in Westeuropa, „aber vermutlich nicht der letzten.“

Auf seine missverständliche Bemerkung vom Abend zuvor geht er nicht mehr ein. Nur so viel noch: „Wir können nicht jeden Hinweis dieser Art in der Öffentlichkeit diskutieren.“ De Maizière spricht von Informanten- und Quellenschutz, lobt die gute Zusammenarbeit der Behörden und warnt vor überzogenen Erwartungen an die Politik. Trotz bester Ausstattung und weitreichender Befugnisse: „Polizeibeamte können nicht überall sein.“