Tourismusstudie: Die falsche Zielgruppe?

Von Moritz Kircher

Oberfranken, die nördliche Oberpfalz und das tschechische Grenzgebiet haben touristischen Nachholbedarf. Das legt eine Studie nahe, die der Weidenberger Verein Access Management Marketing in Zusammenarbeit mit der Hochschule in Hof erstellt hat. Scheitert die Region an zu viel Klein-Klein? Fehlen die Leuchtturmprojekte? Nein, sagen Fachleute aus der Region. Und sie kritisieren das Vorgehen der Studienmacher.

 
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In Weißenstadt entsteht mit dem Neubau des Kurzentrums Siebenstern etwas Großes. Die Macher einer Tourismusstudie sehen eine Chance, mit solchen Großprojekten den gesamten Raum Nordostbayern und Westböhmen als Bäderregion zu vermarkten. Archivfoto: Andreas Harbach Foto: red

Martin Lochmüller hat die Studie mit entwickelt. Er sagt: "Wir wollten aus der Vogelperspektive einen Blick auf die Region werfen." Um herauszufinden, wie anderswo in Deutschland das Image als Fremdenverkehrsgebiet ist, wurden in der Studie rund 500 Menschen im südlichen Rheinland-Pfalz, Baden und im Elsaß dazu befragt, wie sie den nördlichen bayerisch-tschechischen Grenzraum wahrnehmen. Weil die Regionen geografisch vergleichbar seien, begründen die Studienmacher.

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"Die Region ist nicht unattraktiv."

Viele der Befragten waren noch nie in der Gegend und tragen sich auch nicht mit dem Gedanken, das zu ändern. Warum? Sie haben ihre Urlaubsziele anderswo, sind generell nicht interessiert an einem Urlaub im Fichtelgebirge, in der Fränkischen Schweiz oder Westböhmen und bewerten die Region als unattraktiv. "Aber die Region ist nicht unattraktiv", sagt Sebastian Zips, der ebenfalls an der Studie mitgewirkt hat. Die Gründe, warum die Menschen nicht in die bayerisch-tschechische Grenzregion reisen, seien änderbar. Darin sieht er eine Chance, einen Ansatzpunkt für die touristische Vermarktung.

Der Verein Euregio Egrensis mit Sitz in Marktredwitz fördert seit Jahren die Zusammenarbeit mit den grenznahen Nachbarn in der Tschechischen Republik. "Die Art der Außensicht der Studie ist kritisch zu sehen", sagt Euregio-Geschäftsführer Harald Ehm. Der Befragungsraum scheint ihm zu willkürlich gewählt. Denn dort lebe eben nicht der typische Fichtelgebirgstourist. Die seien eher in den östlichen Bundesländern, in Berlin oder aber in Tschechien zu finden.

Knapp die Hälfte der Übernachtungsgäste kommen aus Berlin, Sachsen und Thüringen

Ferdinand Reb, Leiter der Tourismuszentrale Fichtelgebirge, sieht es ganz ähnlich. Knapp die Hälfte der Übernachtungsgäste in der Region kämen aus Berlin, Sachsen und Thüringen. Noch einmal 20 Prozent aus Nordbayern. Er fragt ebenfalls nach dem Aussagegehalt, wenn man dann Menschen aus Rheinland-Pfalz und Baden nach dem Image der Grenzregion Nordostbayern und Westböhmen befrage.

Was die Studienmacher noch feststellen: In der Region gebe es sehr viele Touristiker, die jeweils für einen eher kleinen Bereich zuständig sind. Martin Lochmüller sagt: "Überregional führt das kaum zu wahrnehmbaren Ergebnissen." Zips ergänzt, dass nach innen sehr viel Regionalmarketing passiert sei. "Die Leute reden nicht mehr schlecht über die eigene Region." Jetzt könne man den Aktionsradius erweitern.

Über die Bäder ein überregionales Image aufbauen

Nordostbayern und Westböhmen fehle eine Identität als Urlaubsregion. Die Studie zeige "erstaunlich viele Fehlzuschreibungen", sagt Zips. Da werden von den Befragten Schlagworte wie Almabtrieb, Alpen und Weißwurst genannt. "Da wird ganz Bayern in einen Topf geschmissen." Dabei gebe es doch grenzüberschreitende Themen, die sich vermarkten ließen. Von Obernsees bis hinüber ins tschechische Karlsbad gebe es sehr viele Thermen und Heilbäder. Lochmüller und Zips heben das im Bau befindliche Kurzentrum in Weißenstadt hervor. Über solche Projekte ließe sich ein überregionales Image aufbauen.

Ferdinand Reb glaubt nicht, dass dies mit den knappen regionalen Tourismusbudgets umsetzbar wäre. Er baut vielmehr auf gewachsene lokale Strukturen und darauf, diese weiterzuentwickeln. "Den klassischen Imagefaktor, den hat das Fichtelgebirge nicht", sagt er außerdem. Grundlage des Fremdenverkehrs seien Bewegung in der Natur - zu Fuß, mit dem Rad und auf Skiern - sowie Gesundheit, Kultur und Kulinarik. "Das ist das, was wir können. Daran sollten wir auch festhalten."

Mit viel Geld könnte man schnell ein überregionales Image aufbauen

Nordostbayern und Westböhmen als Bäderregion etablieren? "Das wäre ein immenser finanzieller Aufwand", sagt der Chef der Tourismuszentrale Fichtelgebirge. "Mit viel Geld könnte man das ganz schnell in die Köpfe bringen." Das Geld aber fehle. "Und wenn ich das nicht habe, dann muss ich mit gewachsenen Wahrnehmungsregionen arbeiten." Die seien hier nunmal eher kleine regionale Einheiten wie die Fränkische Schweiz oder das Fichtelgebirge.

Und die Annäherung an die tschechische Grenzregion? Das werde über Jahrzehnte wachsen müssen. Reb: "Das dauert Generationen." Und da will Harald Ehm mit dem Verein Euregio Egrensis weitermachen, den es seit mittlerweile mehr als 20 Jahren gibt. Ehm sagt: "Auf der Ebene unserer Mitglieder und der Kommunalpolitik ist es mittlerweile völlig normal, dass wir zusammenarbeiten."

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