Tillschneider gehört dem AfD-Vorstand von Sachsen an Bayreuther Wissenschaftler mit Pegida-Nähe

Von Elmar Schatz und Rudi Wais
Teilnehmer einer Pegida-Kundgebung in Dresden halten eine Bayern- und eine Deutschland-Fahne. Foto: dpa Foto: red

Der Bayreuther Islamwissenschaftler Hans-Thomas Tillschneider hat dem Kurier bestätigt, dass er dem AfD-Landesvorstand Sachsen angehört und einige Demonstrationen der Pegida in Dresden besucht hat, die gegen eine "Islamisierung Deutschlands" demonstriert. Nach dem Terroranschlag gegen das französische Satiremagazin Charlie Hebdo spricht Tillschneider von einem "Kulturkonflikt". 

 
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Tillschneider, der Akademischer Rat auf Zeit am Lehrstuhl für Islamwissenschaft in Bayreuth ist, meint: "Wenn radikale Muslime sich von Mohammed-Karikaturen unter anderem auch deshalb besonders herausgefordert fühlen, weil es im Islam ein Bilderverbot gibt, kann niemand verleugnen, dass hier ein Kulturkonflikt vorliegt." Tillschneider publiziert auf der "Patriotischen Plattform". Er schreibt zum Beispiel: "Nächstenliebe legitimiert den Rechtsbruch mit dem Namen Kirchenasyl."

Tillschneider, der in einem Leserbrief als Pegida-Aktivist  bezeichnet wird, entgegnet: "Nein, ich bin kein Pegida-Aktivist. Ich habe einige Pegida-Demonstrationen in Dresden besucht, weil ich es für falsch halte, wie die Politik mit den orthodoxern Islam-Verbänden umgeht - und dagegen ein Zeichen setzen wollte."

Leible: "Persönlich ärgert mich das sehr"

Universitätspräsident Stefan Leible sagt auf Anfrage zu Tillschneiders Aktivitäten: „Persönlich ärgert mich das sehr, da ich strikt gegen Pegida bin.“ Leible betont aber zugleich: „Als Universitätspräsident kann und werde ich dazu keine Stellungnahme abgeben, solange sich Herr Tillschneider im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bewegt und gegen keine Dienstvorschriften verstößt. Meinungsfreiheit gilt für alle, auch wenn die Meinungen der Hochschulleitung nicht passen.“

Tillschneider, der Fragen von Medien nur schriftlich beantwortet, teilt zum Terroranschlag in Paris mit: "Der Schock dieses Ereignisses verbietet in meinen Augen die sofortige Forderung und den schnellen Kommentar. Wir brauchen allerdings in den nächsten Monaten auf europäischer Ebene eine Generaldebatte über das Verhältnis von Islam und Islamismus - und vor allem die Funktionsfähigkeit der multikulturellen Gesellschaft." Er fährt fort: "Dieser Terrorakt ist nicht dem Islam und den Muslimen anzulasten; denn die Mörder hatten von nirgendwoher ein Mandat. Das haben sie sich selbst gegeben. Es hängt aber mit einer verfehlten Integrations-, Islam- und Einwanderungspolitik zusammen."

"Wir möchten auf keinen Fall einen Religionskrieg"

In Bayreuth lebten Muslime und Deutsche friedlich zusammen, und er hoffe, dass dies so bleibt, sagt Ali Tas, der erste Vorsitzende der türkisch-islamischen Gemeinde in St. Georgen. "Wir möchten auf keinen Fall einen Religionskrieg, weil dann alle verlieren", sagt Tas. "Die Terroristen haben keine Religion", sagt er. Der Koran verbiete das Töten. Tas, der die deutsche Staatsbürgerschaft hat, verweist auf möglicherweise vorhandene, verborgene Gefahren: "Die Gedanken sieht man nicht." Wenn er Pegida-Demos im Fernsehen sieht, empfindet er Beklemmung. In Bayreuth leben, so Tas, etwa zweitausend vorwiegend türkische Muslime, rund 150 gehören der türkisch-muslimischen Gemeinde in St. Georgen an.

Studie: Skepsis gegenüber dem Islam wächst

Die Skepsis der Deutschen gegenüber dem Islam ist laut einer aktuellen Bertelsmann-Studie - verglichen mit dem Jahr 2012 - über alle Bildungsschichten und politischen Lager hinweg deutlich gewachsen. 40 Prozent der Deutschen fühlen sich demnach "wie Fremde im eigenen Land". Für Muslime ist Deutschland inzwischen Heimat, sagt die Islam-Expertin der Bertelsmann-Stiftung, Yasemin El-Menouar. 90 Prozent der besponders religiösen Muslime halten die Demokratie laut Studie für eine gute Regierungsform; 60 Prozent haben nichts gegen die Homo-Ehe - fünf Mal mehr als in der Türkei.

Andererseits erklären 85 von hundert Deutschen, tolerant gegenüber anderen Religionen zu sein - nur für den Islam scheint das nicht zu gelten, ergab die Untersuchung. Der Islam bleibe eine Art Rest-Feindbild der aufgeklärten Gesellschaft, so Kai Hafez, Co-Autor der Bertelsmann-Studie und Erfurter Kommunikationswissenschaftler. Dieses Negativ-Bild sei, wie die Pegida-Proteste belegten, bei rechtskonservativen Menschen, aber auch in der bürgerlichen Mitte weit verbreitet. Selbst in linken und linksliberalen Kreisen sei das Islam-Bild negativ, wenn auch leicht abgeschwächt, so Hafez.Von den übewr 54-Jährigen fühlten sich 61 Prozent durch den Islam bedroht, von den unter 25-Jährigen nur 39 Prozent.

In Paris waren Karikaturisten das Ziel der Terroristen. Unser Karikaturist Harm Bengen sagt auf Anfrage, von Islamisten sei er noch nie bedroht, wohl aber von konservativer Seite, zum Beispiel wegen einer Zeichnung beschimpft worden, die die Vertriebenenpolitikerin Erika Steinbach zeigte.

Bengen sagt auf die Frage, ob er sich uneingeschränkt zu Mohammed-Karikaturen bekennt: „Ja; denn, wenn ein Zeichner anfängt, sich Tabus zu setzen, dann kann er gleich aufhören, weil er dann immer stärker zurückgeschraubt wird.“ Er sagt weiter: „Für einen deutschen Zeichner ist es am wichtigsten, wie in Deutschland auf islamistischen Terror reagiert wird. Die Anti-Islam-Bewegung wird versuchen, Kapital aus dem islamistischen Terror zu schlagen und diesen auf die gesamte islamische Religion umzumünzen, als wäre dieser angeboren.“

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