Thema: Übertrittszeugnisse Weg mit dem Druck

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Symbolfoto: dpa Quelle: Unbekannt

KOMMENTAR. Aufatmen in vielen Familien. Sie sind endlich raus, die Übertrittszeugnisse der Viertklässler. Endlich ist klar, auf welche Schule das Kind gehen kann. Ist das Rennen um die Prüfungen zu Ende.

 
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Mehr als 20 sind es, die seit September vergangenen Jahres die Kinder, die Eltern und die Lehrerinnen (die Mehrzahl der Grundschullehrkräfte), in Aufruhr versetzt haben.

Dass Eltern das Zeugnis Grundschul-Abitur nennen, kommt nicht von ungefähr. Der Stress bis zum 2. Mai, dem Datum in diesem Jahr, ist unverhältnismäßig hoch für Kinder, die gerade mal knapp zehn Jahre alt sind – und oft gar nicht wissen, warum der Druck im Kessel plötzlich so hoch ist. Weil in der dritten Klasse alles anders war.

Unverständlich ist, warum Kultusminister Michael Piazolo die Forderung des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (BLLV) nach einer Abschaffung der Übertrittszeugnisse mit einer Verteidigung derselben pariert.

Natürlich ist es notwendig, Leistung zu bewerten – gerade mit Blick auf das gegliederte bayerische Schulsystem. Aber: Genauso wie einen Sack voll Jahre später mit dem Abi-Zeugnis, ist es mit dem Übertrittszeugnis und seinen Folgen: Kein Hahn kräht ab September des folgenden Schuljahres mehr nach den Noten. Kinder, die beim Anblick eines Dreiers in der Grundschule mit Angst um seine Folgen für den Übertritt in Tränen ausgebrochen sind, freuen sich in Realschule oder Gymnasium über diese Art der soliden Leistung. Vollkommen zu Recht übrigens. 

Der Druck, der auf den Kindern – und mithin auf den Familien sowie den Lehrern – ausgetragen wird, ist keine gerechte Leistungsmessung. Er berücksichtigt nicht den tatsächlichen Leistungs- oder Entwicklungsstand eines Kindes. Spätzünder, denen vielleicht drei, vier Monate Entwicklung fehlen, rutschen durch ein schulisches Selektionsraster. Ihnen fehlt die Zeit, die die Gymnasiasten jetzt mit dem neuen G 9 glücklicherweise wieder bekommen haben. 

Mit der Reform der Oberstufe, die sinnvollerweise wieder zu einer Spezialisierung durch ein Kurssystem wie vor der Einführung des G 8 führen sollte, muss man auch an die Grundschule noch einmal ran. Den Kindern und ihrer Entwicklung zuliebe. 

eric.waha@
nordbayerischer-kurier.de

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