Thema: Mathe-Abitur „Fröhliches Digitalisieren“

Leserbrief von Edgar Höniger, Neudrossenfeld
 Quelle: Unbekannt

Zum Kurier-Titelbild vom 7. Juni unter der Überschrift „Mathe-Abi – wohl keine Korrektur“.

 
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Wieder einmal werden wir beim Anblick des Titelfotos an Kurt Tucholsky erinnert, der „Wissenschaft“ als den „Missbrauch einer zu diesem Zweck erfundenen Terminologie“ definiert.

Eine blonde Null scheint gerade mit dem ihr zugeordneten Symbol eine Tafelanschrift zu vollenden. Jede(r) hergelaufene Schülerin (Schüler) weiß aber, dass das Ende einer Tafelanschrift gewöhnlich unten rechts angesiedelt ist; so wie es bei einem Brief, einer Mail oder SMS Sitte ist, weil wir von rechts nach links und dazu von oben nach unten lesen und schreiben.

Ziel dieser Ansammlung von Zeichen und Symbolen ist es offenbar, eine Formelgleichung zur Lösung der einfachsten aller quadratischen Gleichungen herzuleiten. Fachleute erkennen jedoch auf den ersten Blick, dass hier ein Chaos aus Umformungen und konkreten Lösungen zu sehen und daher als Hefteintrag wertlos ist.

Macht nix! Der Betrachter hat schon verstanden, dass Mathematik zu den obskursten Tätigkeiten im menschlichen Dasein gehört. Selbst der Hinweis von Hans-Olaf Henkel (ein ehemaliger Manager bei IBM), dass Mathematik nicht alles, aber ohne Mathematik alles nichts sei, lässt uns kalt. Hauptsache, mein Handy funktioniert!

Während nun Mathematiklehrer nach Meinung des Restes der Bevölkerung unsere lieben Kleinen ständig mit der Knute aus Termumformungen und Formelgleichungen traktieren, ist es nicht verwunderlich, dass angeblich zu textlastige Teilaufgaben im bayerischen Mathematikabitur als exotische Erscheinungen und als nicht adäquate Mittel zur Hinführung auf Lösungswege abqualifiziert werden.

Leider haben aber Untersuchungen in diesem Zusammenhang Folgendes ergeben: Schüler/-innen können Texte zwar einigermaßen flüssig lesen, aber bei der eigenständigen Wiedergabe des Inhaltes hapert es gewaltig. Eine weitere Studie legt dar, dass die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne während des Unterrichts in den letzten Jahren von mickrigen zehn auf katastrophale fünf Minuten abgesunken ist.

In diesem Sinne: Fröhliches Digitalisieren!

PS: Jene Betrachter, die der jungen Dame zugutehalten wollen, dass sie gerade am „Ausbessern“ ist, können wir nur mit einem „Setzen, Sechs“ in die Schranken weisen.