Nach den ersten Pressemitteilungen zum Missbrauchs-Skandal in Lügde, das war vor etwa elf Monaten, reagierte mein persönliches Umfeld fassungslos. Nach der Urteilsverkündung höre ich Kommentare wie „Das kann ich gar nicht mehr lesen – das regt mich zu sehr auf“. Und ja, ich verstehe diese Reaktion, die vor allem Hilflosigkeit und Ohnmacht angesichts der perfiden Manipulationsstrategien der Täter zeigt. Kinder schweigen gegenüber ihren Vertrauenspersonen, weil sie innerlich völlig zerrissen sind und größte Angst haben, traumatisiert sind. Das institutionelle Umfeld lässt Sensibilität gegenüber Warnsignalen vermissen und Eltern werden sich für den Rest ihres Lebens Vorwürfe machen. Missbrauch findet nicht nur zwischen Täter und betroffenem Kind statt, sondern betrifft immer das gesamte System, in dem sich die Kinder bewegen: Schule, Kindertagesstätte, Vereine, familiäres Umfeld, Freunde, Ärzte und so weiter. Vermutungen bleiben aus Sorge vor falschen Verdächtigungen unausgesprochen und so setzt ein kollektives Schweigen ein!