Thema: Eichelberg Wenn die Wut buht

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 Quelle: Unbekannt

KOMMENTAR. Nein, das war keine Sternstunde der Demokratie. Die geballte Wut eines Teils der Bürgerinitiative der Eichelberg-Anwohner abzubekommen, das ist genau das Gegenteil dessen, was die Anwohner selber fordern: Augenmaß.

 
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Augenmaß bei einer Entscheidung, die man gut finden kann, genauso wie man sie schlecht finden kann. Augenmaß, das sie von denen fordern, die sie mit Buhrufen überdecken, die sie ins Zwielicht rücken mit Fragen, was sie denn von dem Investor für eine positive Entscheidung bekommen würden: den Stadträten und der Oberbürgermeisterin.

Ob das clever ist angesichts einer kurz darauf zu fällenden Entscheidung, die für manchen so existenziell erscheint, dass er als Wutbürger vor dem Rathaus auf die Barrikaden geht, sei dahingestellt.

Die hitzige und inzwischen dritte Diskussion der Mitglieder des Bauausschusses zeigt anschließend, wie viel Druck im Kessel bei dem Thema ist.Und sie zeigt, dass sich das Gremium die Entscheidung alles andere als leicht macht. Vorwürfe von Gegnern und Befürwortern einer Ausweitung des Baugebiets. Hin und her. Bis hin zu einer vermeintlichen Stinkefinger-Attacke des DU-Stadtrats Helmut Zartner.

Der zwar unbequem und Polterer ist, dem man aber sicher eines nicht vorwerfen kann: dass er nicht zu dem stehen würde, was er macht. Insofern kann man durchaus seiner Aussage nähertreten, dass es Quatsch sei, dass er dem Publikum den Stinkefinger gezeigt habe.

Dass der Bauausschuss am Dienstag nach einem mehrstündigem Diskurs mehrheitlich die Entscheidung gefällt hat, das Bebauungsplanverfahren jetzt einzuleiten, ist tatsächlich der einzig richtige Weg. Um sämtliche Sachfragen – und die gibt es haufenweise – zu beleuchten. Das Verfahren bringt auch die Zeit, genau das zu tun. Es steht nicht automatisch dafür, dass am Ende eine Baugenehmigung aus dem Drucker im Rathaus purzelt. 

Das können, das müssen die Gegner einer Bebauung in dem derzeit geplanten Umfang ebenso mitnehmen wie die, die dort bauen wollen – oder ihre bisherigen Äcker zu Bauland machen wollen. Der Prozess, der angestoßen wird, wenn der Stadtrat nicht doch noch Ende Mai mit einem mehrheitlichen Nein die Bremse reinhaut, wird durch den Blick von außen auch die Transparenz bringen, die dem einen oder anderen Stadtrat bei der Vorarbeit gefehlt hat.

Die Zweifel haben, ob die Verkehrszählungen möglicherweise zur Unzeit gemacht wurden. Oder ob man dem Thema des Klimas nicht doch noch ein zusätzliches Gutachten widmen sollte. Eines, zu dem die Spezialisten den entsprechend klaren Auftrag haben. Denn ein Klimagutachten, das fast 20 Jahre alt ist, als Basis für ein Bebauungsplanverfahren im Jahr nach einem wiederholten – zumindest gefühlten – Jahrhundertsommer zu nehmen, ist zumindest ein bisschen schräg.

Das zeigt: Im Vorfeld des Verfahrens wurde offensichtlich die Chance vertan, das Projekt bis ins Detail vorzubereiten.

Ist auch hier vielleicht zu viel Dampf im Kessel? Mit Blick auf die jüngere Vergangenheit hätte jedem klarwerden müssen: Mit den Anwohnern des Eichelbergs ist nicht gut Kirschen essen, wenn sie den Eindruck bekommen, man wolle sie über den Tisch ziehen. Die dort wohnen, sind gebrannte Kinder, seit man ihnen durchs Hintertürchen ihren Lärmschutzwall plattmachen und bebauen wollte. 

Allerdings: Wer Augenmaß fordert, wer Ehrlichkeit will, der muss auch selber wieder runter von der Palme und zurück auf die Sachebene. Es gibt, so schlimm das subjektiv betrachtet ist, keinen Rechtsanspruch auf Panorama. Schon gar nicht in einer sich wandelnden Gesellschaft.

Es wird auch keine Zerstörung – höchstens eine Veränderung – des Panoramawegs geben, wenn dort tatsächlich gebaut werden sollte. Es wird längere Wartezeiten an der Königsallee geben. Mehr Verkehr auf einer schmalen Straße am Eichelberg. Mehr und neue Menschen, die dort wohnen könnten. Wohl die wahren Sorgen, die die Bürger wütend machen. 

Die wichtigen Fragen allerdings kann man jetzt klären. Sachlich und in aller Ruhe. Was ein ganz demokratischer Gewinn für alle ist. 

eric.waha@
nordbayerischer-kurier.de

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