Thema: Babys Kein schönes Frühlingslied

Leserbrief von Norbert Horn, Bayreuth
 Quelle: Unbekannt

Zu den Babys der Woche aus dem Klinikum Bayreuth, Kurier vom 13. Mai.

 
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Vor Kurzem sind wir drauf gekommen, dass die Babys der Woche im Kurier abgebildet werden, und dass unter ihrem Bild ihr Name steht. Ist mein Name auch dabei, wollte mein fünfjähriger Enkel wissen? Manchmal schon, aber nicht oft.

Und siehe da, am vergangenen Montag war er dabei. Ich nahm die Seite heraus und hielt sie ihm unter die Nase. Und sofort zeigte er auf das Baby mit dem Namen Felix. Ich freute mich für ihn, weil er seinen Namen auch in Kleinbuchstaben erkannte. Bisher kennt er ihn in Großbuchstaben und schreibt ihn auch so. Kleine Freuden eines Großvaters. 

Da kam mir der Gedanke, dass es eigentlich kaum etwas Schöneres gibt, als einem Kinde beim Großwerden zuzuschauen und mit dabei sein zu dürfen von Anfang an. Und dass das nur möglich ist, wenn man alles andere weitgehend ausblendet, vor allem die Zukunft dieses Kindes und wahrscheinlich aller Kinder dieser Welt, dieser heutigen.

Denn, was sich derzeit abspielt und sich wahrscheinlich noch steigern wird, lässt einen das kalte Grausen kriegen. Der pure Egoismus frisst sich durch unsere kleine und große Welt und scheut sich nicht, mit beeindruckenden Argumenten, auch aus Wissenschaft und Forschung, die beschämende Blöße zu kaschieren.

Warum sagt man nicht gleich, dass es einem nur um sich selbst geht, höchstens noch um sein enges Umfeld, und dass einem alles andere ziemlich egal ist. Mag nach mir die Welt untergehen, solange ich lebe, soll es mir gut gehen und an nichts fehlen. 

Wer soll dieses verheerende Denken herumreißen? Wer soll diese Verlogenheit nicht nur enthüllen und bloßstellen, sondern zu heilen helfen? Ich dachte mal, in unseren Breiten, das könnte die Kirche sein. Das war einmal. In ihrem unseligen Gottvertrauen glaubte sie, sich alles leisten zu können wegen seiner nie versiegenden Barmherzigkeit. Sie hat sich gewaltig getäuscht. Jetzt liegt sie am Boden und jammert vor sich hin und versucht durch kleine Säuberungen ein zerbröselndes Bild zu restaurieren. Wer soll ihr das abkaufen?

Natürlich freue ich mich über meinen Enkel und seinen schönen Namen. Ob er ihm Glück bringt, überlasse ich einem anderen und weitgehend sich selbst. Hilfe wird er nicht viel erwarten dürfen. Sich unter diesen Umständen zu den Vätern zu legen, fällt nicht leicht.

Es wird mit der ewigen Ruhe nicht weit her sein, wenn sich draußen vor dem Grab so viel Schlimmes abzeichnet. Ich weiß, das ist kein schönes Frühlingslied. Ich werde versuchen, die Sonne wieder reinzulassen. Vielleicht am Bodensee beim lieben Augustin.