Theaterstück Sinnieren über „All das Schöne“

Klaus Klaschka

Mit einem interaktiven Stück nähert das Frankenwaldtheater sich in der Reihe „Naturbühne unterwegs“ einem heiklen Thema: Suizid. Trotz schwieriger Ausgangslage gelingt es Sigurd Sundby beim Publikum für Heiterkeit zu sorgen.

 
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Im Stück „All das Schöne“ bezog Sigurd Sundby (rechts) immer wieder Zuschauer aus dem Publikum mit ein; im Bild Wolfgang Martin als Vater-Darsteller, der immer wieder die Frage „Warum?“ zu stellen hatte. Foto: Klaus Klaschka

Ein Theaterstück über Depression und Suizid scheint ausgerechnet am vierten Adventssonntag als deplatziert. Das Stadtsteinacher Frankenwaldtheater mit Sigurd Sundby und dem Stück „All das Schöne“ wagte es dennoch. Um damit den Glitzer-Schimmer zu lüften, der das zudeckt, was Weihnachten wirklich will? Eher nicht. Das Ein-Personen-Stück des Engländers Duncan Macmillan aus dem Jahr 2013 hat an sich keine Botschaft. Es ist ein Spiel zwischen Bühne und Publikum, in dem der Schauspieler als Motivations-Coach seinen Zuschauern angenehme Dinge assoziieren lässt. Mehr nicht. Oder doch? Das Thema Depression und seine möglichen fatalen Folgen bleibt im Hintergrund, drängt sich aber nicht penetrant auf.

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Darum gehts: Wie reagiert man als Kind auf den Selbstmordversuch seiner Mutter? Man schreibt ihr eine Liste mit all dem, was an der Welt schön ist: 1. Eiscreme, 2. Wasserschlachten, 3. Länger aufbleiben dürfen als sonst und fernsehen, 4. Die Farbe Gelb … Man hofft, dass die Mutter die Liste wirklich liest, dass ihre Depression aufhört und das Leben weitergeht. Tut es auch. Aber nicht alles wird automatisch gut. Nicht jetzt, nicht später, als man selbst erwachsen ist, verliebt und vielleicht sogar über eigene Kinder nachdenkt. Immer wieder lauert da diese seltsame Traurigkeit, die die Mutter überfällt und die auch einen selbst teils mit in ihren Bann zieht. Die Liste ist im Lauf der Jahre angewachsen und nähert sich der Million; eine Million positive Gefühle am Leben - für einen selbst, während die Mutter irgendwann mitten in deren Sammlung, doch ihrer Traurigkeit nachgibt und ihr Leben aufgibt.

Duncan Macmillan hat dennoch einen lebensbejahenden Monolog über ein todernstes Thema geschrieben, hinreißend, herzergreifend aber gänzlich unsentimental; vielleicht sogar ein umwerfend komisches Stück über Depression, in dem das Publikum durchgängig kleinere Rollen übernehmen muss, um das perfekte Gleichgewicht selbst zu erleben zwischen dem, was einen am Leben verzweifeln lässt, und dem, was es so wunderbar macht.

Ein gefundenes Fressen für Sigurd Sundby, der sein Publikum vor, hinter und auf der Bühne mit einem ständigen Lächeln entwaffnen kann, mit kindlicher Spiellust seine Requisiten sortiert; ein Charmeur, wenn er eine Dame aus dem Publikum zum Mitmachen überzeugt; ein pöpeliger Schüler, wenn er einen Herrn im Publikum als seinen Professor definiert. Ein Schauspieler, der - wie er unter anderem auch auf der weitläufigen Naturbühne in Trebgast zu erleben ist - seine Rollen nicht nur für die Bühne darstellt, sondern immer wieder mit dem Publikum direkt kokettiert.