Im April 1993, also ein knappes Jahr nach dem Start, waren aber immerhin schon mehrere hunderttausend Teilnehmer in den beiden D-Netzen unterwegs. Und das Wachstum hätte noch viel dynamischer ausfallen können, wenn es nur genügend Handys gegeben hätte. Der damalige Technik-Chef von Mannesmann CTO, Georg Schmitt, löste die Abkürzung für den digitalen Mobilfunkstandard GSM (Global System for Mobile Communications) in den Stoßseufzer "God send Mobiles!" auf. Doch die Mobiltelefone fielen nicht vom Himmel, sondern mussten bei Motorola, Ericsson, Nokia, Siemens und anderen ergattert werden.
Geburtsstunde der SMS
Doch immerhin sanken die Preise. Und ein neuer Dienst machte die Mobiltelefone insbesondere für junge Leute attraktiv. Die Rede ist von SMS ("Short Message Service") mit seinen 160 Zeichen. Die erste SMS mit der Botschaft "Merry Christmas" ging am 3. Dezember 1992 an den Vodafone-Mitarbeiter Richard Jarvis. 1994 führten Mannesmann und die Telekom SMS für ihre Kunden ein. Fünf Jahre später verschickten die Deutschen bereits rund 3,6 Milliarden SMS. Der Duden gab sich geschlagen und nahm das Wort "Simsen" in seinen Wortschatz auf.
Allein im Jahre 1999 verdoppelte sich die Zahl der Mobilfunkkunden in Deutschland auf 48 Millionen. Der Erfolg kostete Mannesmann schließlich die Eigenständigkeit: Der britische Riese Vodafone übernahm die Düsseldorfer im Jahr 2000 nach einem mehrmonatigen Abwehrkampf zum Preis von 190 Milliarden Euro.
Mitte der 90er Jahre wurden zwei weitere Mobilfunklizenzen in Deutschland vergeben - es entstanden die E-Netze mit den Anbietern E-Plus und Telefónica O2. E-Plus kam 2014 unter das Dach von Telefónica, so dass sich aus den Duopol der Anfangsjahre inzwischen ein Kopf-an-Kopf-Rennen von drei Anbietern entwickelt hat. Und mit der Versteigerung der Lizenzen für die fünfte Mobilfunk-Generation (5G) betrat 2019 mit 1&1 Drillisch ein neuer Player die Bühne, der aber bislang noch kein eigenes Netz aufgebaut hat. Der Markt insgesamt ist riesig: Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Mobilfunkanschlüsse in Deutschland auf 161 Millionen, so dass rein rechnerisch auf jeden Mensch knapp zwei Anschlüsse kommen.
Durchbruch brachte das iPhone
Als ein einschneidender Moment in der Geschichte des digitalen Mobilfunks erwies sich die Premiere des iPhones im Jahr 2007. Das erste iPhone funkte zwar nur im vergleichsweise lahmen EDGE-Netz. Das "Jesus-Phone" von Apple-Mitbegründer Steve Jobs verhalf aber mit innovativen Funktionen und einer neuartigen Bedienoberfläche den Smartphones zum Durchbruch. Das iPhone veränderte auch die Machtverhältnisse - von den Providern hin zu den Geräteherstellern aus den USA und Asien. Mit dem ersten Samsung Galaxy begann 2009 das ewige Duell zwischen dem iPhone und dem Google-Betriebssystem Android, das die Smartphone-Welt bis heute prägt.
Nicht weniger einschneidend auf das Geschäft der Mobilfunkprovider wirkte sich auch der Erfolg der kostenlosen Messenger wie WhatsApp, Facebook Messenger, Apple iMessage, Signal, Telegram, Line und Threema aus. Sie haben der SMS schon vor Jahren den Rang abgelaufen und ein Milliarden-Geschäft zunichte gemacht.
Daher müssen die Mobilfunkgesellschaften heute nicht nur im Kerngeschäft, sondern auch in anderen Bereichen ihren wirtschaftlichen Erfolg suchen. Immerhin spülen die Web-Shops und Ladenlokale von Telekom, Vodafone und Telefónica, die Mobiltelefone und die damit verbundenen Zusatzleistungen wie Handyversicherungen vertreiben, viel Geld in die Kasse.
Gleichzeitig nehmen die Provider einen neuen Anlauf, am wirtschaftlichen Erfolg der großen Internet-Konzerne angemessen beteiligt zu werden. In einem gemeinsamen Appell forderten die Deutsche Telekom, Vodafone, Telefónica und der französische Provider Orange Mitte Februar die großen Plattformen auf, die Kosten der europäischen digitalen Infrastruktur teilweise zu übernehmen. Der Datenverkehr nehme jährlich um bis zu 50 Prozent zu - und über 70 Prozent des gesamten Datenverkehrs entfielen auf Videostreaming, Spiele und soziale Medien. Diese Plattformen würden von stark skalierenden Geschäftsmodellen zu geringen Kosten profitieren. Doch ob die Provider irgendwann mal Geld von den großen Internetprovidern sehen werden, steht in den Sternen.