Forscherin: Tagträume sind eigentlich immer da
Die Forscher ließen Probanden mehrfach den sogenannten Ziegelsteintest machen. Dabei geht es darum, sich in kurzer Zeit so viele Verwendungen für einen Ziegelstein einfallen zu lassen wie möglich. In einer Pause zwischen zwei Tests wurde eine Gruppe mit schwierigeren Gedächtnisaufgaben beschäftigt. Die andere Gruppe musste einen simplen Reaktionstests erledigen – so einfach, dass man nebenbei tagträumen konnte. In der nächsten Testrunde hat die zweite Gruppe wesentlich besser abgeschnitten. Die Kreativität hatte sich gesteigert.
Kreativität kann auch trainiert werden. Die Forscherin Simone Ritter hat an der Uni Nimwegen Probanden eine Virtual-Reality-Brille aufgesetzt und sie in eine Traumwelt versetzt. Näherten sie sich einem Koffer, wurde er kleiner, fiel eine Flasche vom Tisch, schwebte sie nach oben. Das Ergebnis: Menschen aus diesem Versuchsszenario hätten im Anschluss in mehr unterschiedliche Richtungen gedacht, sagte Ritter. Die Psychologin und Traumforscherin Brigitte Holzinger stellt derweil die These auf, dass Menschen „immer von inneren Bildern umgeben sind, aber je nach Zustand sind sie abrufbar.“ Die Tagträume sind also immer da, doch wir verdrängen sie mit vielen kleinen Ablenkungen wie dem Smartphone oder ständigen Terminen.
Dies wirke sich nicht nur auf die Kreativität aus. „Tagträume geben Gefühlen und Empfindungen Raum“, sagt Holzinger. Wir tagträumen nicht nur Gutes, sondern auch von Wut, Angst und Scham. Das dürfe man ruhig zulassen, sonst verdränge man etwas, sagt Holzinger, die am Wiener Institut für Bewusstseins- und Traumforschung etwa Traum- und Schlafworkshops anbietet.
Auch Wut, Angst und Scham tauchen auf
Holzingers Fazit: „Wir machen viel zu wenige Pausen. Die brauchen wir aber, um gesund zu bleiben“, sagt sie. „Man muss dabei nicht immer tagträumen, aber wir sollten Tagträume mehr würdigen.“
Tagträumen kann auch krankhaft sein
Maladaptives Tagträumen
Mit dem sogenannten maladaptiven Tagträumen existiert auch eine exzessive Form des Tagträumens, bei der sich Betroffene oft stundenlang in eine innere Welt flüchten und in ihrem Alltag beeinträchtigt sind.
Erkrankung
Experten sehen das häufig als Folge eines Traumas oder einer psychischen Erkrankung. Der israelische Psychologe Eli Somer setzt sich dafür ein, maladaptives Tagträumen als eigenständige psychische Störung zu sehen.