Ein bemerkenswerter Zufall: Der Dichter-Enkel Sebastian Brecht, der nie zum Theater wollte und sich nie fotografieren lässt, landete mit seinem Laden auf einer der bedeutendsten Theater-Straßen New Yorks, dem Ellen Stewart Way, benannt nach der Gründerin des legendären La MaMa-Theaters. Dieser Straßenabschnitt ist einer von nur drei in ganz New York, die offiziell denkmal-und kulturgeschützt sind. Seit über hundert Jahren bewohnen Theater, Varieté-Clubs und Tanzkompanien die Häuser. Überall wird geprobt, gesungen, getanzt, gespielt. Und mitten in dem historisch geladenen Performance-Gewusel verkauft Brechts Enkel Schokolade.
Der Name "Obessive Chocolate Disorder" spielt auf zwanghafte Verhaltensstörungen an. Neulich warf eine entrüstete Dame Brecht vor, er würde sich über die Krankheit lustig machen, unter der rund zwei Millionen Amerikaner leiden - auch ihre Tochter! Brecht reagierte verständnisvoll. Er selber lebe seit vielen Jahren mit der Krankheit, sagt er. Humor helfe, ihm damit besser umzugehen.
"Seine Schokolade ist verspielt und humorvoll", sagt Mitarbeiterin Marisa Negro. Sie liebe die "Area 51", eine fliegende Untertasse mit Chips und Karamell. Die Form hat Sebastian selber entworfen, auch beispielsweise einen Skorpion und einen Haifisch.
Apropos Großmutter. Er hat auch eine Österreich-Tafel nach einem Marillen-Knödel Rezept von seiner Großmutter Helene Weigel, die Wienerin war. Der Großvater Brecht starb vor seiner Geburt. Weigel habe ihm, als er als Kind die Verwandten in der DDR besucht habe, den besten Kakao gekocht.
Brechts Frau Solveig, Mutter seiner drei Kinder, ruft an. Er erzählt ihr vom kniffligen Geschmacks-Problem seiner Indien-Tafel. Solveig stammt ebenfalls aus einer Theaterfamilie. Ihr Vater ist Peter Schumann, der das Bread and Puppet Theater gegründet hat.
Brecht würde gerne auch einen Laden in Berlin eröffnen und sucht derzeit Sponsoren. Hat er denn auch schon eine Deutschland-Schokoladentafel? Er arbeite daran, sagt Brecht. Aber verraten will er noch nichts.