Vorgesetzte können natürlich nicht einfach eine Kamera bei den Mitarbeitenden daheim installieren. Aber zumindest technisch gibt es bei der Arbeitskontrolle im Homeoffice kaum Grenzen - von der Überwachung der Mausbewegungen, über die Messung von Einschlägen auf der Tastatur bis hin zu Systemen, die sich nach fünf Minuten Inaktivität automatisch auf abwesend stellen.
«Im Extremfall können Arbeitgeber im Prinzip einfach anlasslos zusehen, indem sie den Bildschirm duplizieren und schauen, was der da gerade gemacht», berichtet Joachim Posegga vom Informatik-Lehrstuhl mit Schwerpunkt IT-Sicherheit an der Universität Passau. «Technisch wäre das zumindest machbar, aber das wird wahrscheinlich von keinem Betriebsrat toleriert werden.»
Auch aus juristischer Sicht gibt es Grenzen bei der Überwachung im Homeoffice. Heimliche Kontrollen sind nur erlaubt, wenn Vorgesetzte einen «Verdacht auf pflichtwidriges oder strafbares Handeln zu ihren Lasten nur so aufklären können», betont Peter Wedde, Professor für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft in Frankfurt.
Vom Detektiv beschattet
Doch gerade in den ersten Wochen der Ausgangsbeschränkungen im Frühjahr sei das teilweise zu beobachten gewesen. «Weil Arbeitgeber den Verdacht hatten, dass Beschäftigte mehr im Baumarkt oder im Garten waren als am häuslichen Arbeitsplatz, sollten Detekteien Beschattungsaufträge durchführen», berichtet der Jurist. Manche Firmen würden Überwachungen auch mit technischen Schwachstellen und einem höheren Risiko für Hackerangriffe im Homeoffice rechtfertigen.
Dabei muss Kontrolle nicht nur negative Folgen haben. «Wer überwacht wird, dessen Leistung wird auch gesehen», sagt Schedlinsky. Gerade wer sich für eine Beförderung beweisen möchte, könne davon profitieren. Auch Fehler lassen sich dadurch schneller ausbügeln oder sogar vermeiden.
Vor allem Mitarbeitenden mit weniger Erfahrung fehle im Homeoffice außerdem die Rückmeldung von Kollegen oder der Chefin. «Da entsteht die Unsicherheit nicht unbedingt durch Kontrolle, sondern eher durch die Isolation und mangelndes Feedback, das mir sonst hilft, mich selbst einzuschätzen», meint Psychologe Hagemann.
Vor der Kaffeemaschine
Regelmäßige Nachrichten der Chefin können also auch hilfreich sein. Und auch im Homeoffice kann sie sich natürlich nach dem Stand des Projekts erkundigen, sagt Wedde. Aber umgekehrt gelte genauso: Wenn Mitarbeitende sich normalerweise vor der Kaffeemaschine im Büro über ihre Wochenendpläne unterhalten, dürfen sie das im Homeoffice auch während eines dienstlichen Telefonats tun.
«Gleiches gilt für einen Abstecher in die häusliche Küche für das Kochen eines frischen Tees», meint der Jurist. «Wenn dabei festgestellt wird, dass keine saubere Tasse mehr im Schrank ist, kann die häusliche Spülmaschine bei dieser Gelegenheit ebenso ausgeräumt werden, wie das im Büro auch passieren würde.»