Washington/Teheran/Brüssel - Die neuen US-Sanktionen gegen Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif haben die Spannungen zwischen beiden Ländern weiter angeheizt und Kritik bei der EU ausgelöst.
In der Krise mit dem Iran lässt US-Präsident Trump Außenminister Sarif auf die Sanktionsliste setzen. Trumps Sicherheitsberater Bolton nennt den iranischen Chefdiplomaten einen «Hochstapler». Hält die EU trotzdem an Sarif als Ansprechpartner fest?
Washington/Teheran/Brüssel - Die neuen US-Sanktionen gegen Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif haben die Spannungen zwischen beiden Ländern weiter angeheizt und Kritik bei der EU ausgelöst.
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"Wir bedauern diese Entscheidung", sagte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini am Donnerstag in Brüssel. Von europäischer Seite aus werde weiter mit Sarif zusammengearbeitet. Es gelte, die diplomatischen Kanäle offenzuhalten.
Der iranische Präsident Hassan Ruhani verurteilte die Sanktionen gegen Sarif. "Einerseits reden die Amerikaner die ganze Zeit von Verhandlungen, dann aber sanktionieren sie unseren Außenminister", sagte er am Donnerstag. Die Entscheidung der USA sei ein politisches und moralisches Armutszeugnis, schrieb Ruhani auf seinem Webportal. Sarif selbst hatte bereits am Mittwochabend die von der US-Regierung gegen ihn verhängten Sanktionen als "wirkungslos" bezeichnet.
Der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, John Bolton, verteidigte die Sanktionen. "Das ist ein fundamental unrechtmäßiges Regime. Sarif ist das Sprachrohr des Regimes", sagte Bolton am Donnerstag dem Sender Fox Business. "Er ist kein Diplomat, er ist ein Hochstapler, er ist eine Show, er ist ein Gauner."
Im Juni hatten die USA bereits Sanktionen gegen Irans obersten Führer Chamenei und mehrere hochrangige Angehörige der Revolutionsgarden verhängt. Schon damals kündigte die Regierung an, auch Sarif auf die Sanktionsliste setzen zu wollen - der Schritt erfolgte dann am Mittwoch. Etwaiges Vermögen Sarifs in den USA wird eingefroren, US-Bürger dürfen keine Geschäfte mit ihm machen.
Sarif schrieb in einer Reaktion auf die Sanktionen auf Twitter, er und seine Familie hätten keinerlei Besitz außerhalb des Irans. "Danke, dass Sie mich als so eine große Bedrohung ihrer Agenda wahrnehmen", fügte er sarkastisch hinzu.
Trumps wirft dem Iran vor, nach Atomwaffen zu streben und in mehreren Ländern des Nahen Ostens Terrororganisationen zu unterstützen. Zwar hat Trump mehrmals erklärt, er sei wie im Falle Nordkoreas bereit, mit den Iranern zu verhandeln. Die Beilegung der Differenzen dürfte durch die Sanktionierung des als moderat geltenden Chefdiplomaten Sarif aber nochmals schwieriger geworden sein. Die Eskalation der Spannungen hat weltweit Angst vor einem Krieg geschürt.
Aus Regierungskreisen in Washington verlautete, Sarif könne weiterhin zum Sitz der Vereinten Nationen in New York reisen. Die Vereinigten Staaten würden sich an ihre Verpflichtungen unter den entsprechenden UN-Vereinbarungen halten.
Die USA waren im Mai 2018 einseitig aus dem international Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen. Mit harten Sanktionen gegen den iranischen Öl- und Bankensektor wollen sie die Führung in Teheran seitdem dazu zwingen, einem neuen Atomabkommen mit härteren Auflagen zuzustimmen. Der Ölsektor ist die Haupteinnahmequelle des Landes.
Der Iran reagierte zuletzt mit einem Wiederhochfahren der Urananreicherung. Zudem droht Teheran mit einer Behinderung des wichtigen Schiffsverkehrs durch die Straße von Hormus. Nachdem Großbritannien am 4. Juli in Gibraltar einen iranischen Öltanker festsetzte, stoppten die iranischen Revolutionsgarden in der Straße von Hormus einen britischen Öltanker.
Das Atomabkommen soll die Islamische Republik davon abhalten, Nuklearwaffen zu entwickeln. Die verbliebenen Unterzeichnerstaaten - die UN-Vetomächte China, Frankreich, Großbritannien, Russland sowie Deutschland - halten an dem Vertrag fest, zu dessen Architekten Sarif gehört. Bolton sagte am Donnerstag: "Es gibt immer noch einige in Europa, die denken, dass der Deal ein guter Deal war. Ich glaube, dass sich das anfängt zu ändern, in Großbritannien zum Beispiel, wenn sie sich dem Austritt aus der Europäischen Union nähern."
Trotz der Spannungen wird die US-Regierung die internationale Kooperation zu zivilen Atomprojekten im Iran vorläufig weiter in Grenzen erlauben. Eine entsprechende Ausnahmegenehmigung wurde laut Bolton erneut um 90 Tage verlängert - wie zuletzt im Mai. Dabei geht es um Projekte an den iranischen Atomanlagen Arak, Fordow und Buschehr. Somit können Russland und europäische Staaten dort weiter mit dem Iran kooperieren - mit dem Ziel, den zivilen Charakter der Aktivitäten vor Ort sicherzustellen.
US-Außenminister Mike Pompeo teilte mit, die Verlängerung der Ausnahmegenehmigungen werde dabei helfen, die Aufsicht über das zivile Nuklearprogramm des Irans aufrecht zu erhalten. "Die Vereinigten Staaten sind entschlossen, dem Iran jeglichen Weg zu einer Atomwaffe zu verweigern."
Im Zuge der Verhandlungen für das Atomabkommen entwickelten Sarif und sein damaliger US-Kollege John Kerry eine gut funktionierende Arbeitsbeziehung, was angesichts der jahrzehntelangen Feindschaft zwischen beiden Ländern bemerkenswert war. Der Demokrat Kerry nannte Sarif einen "Patrioten". Trumps Regierung indes hat kein gutes Wort für den 59-Jährigen übrig. So bezeichnete Außenminister Mike Pompeo Sarif und den iranischen Präsidenten Hassan Ruhani im Februar auf Twitter als "Frontmänner einer korrupten religiösen Mafia".