Stimmen zur Europawahl Glücksgefühle bei den Grünen

Von und Andreas Gewinner
Die Bayreuther gingen in deutlich größerer Zahl zur Europawahl als vor fünf Jahren – auch im Wahllokal in der Graserschule (Bild). Foto: Andreas Harbach Foto: Andreas Harbach - Hagenstrasse 19b - 95448 Bayreuth - mobil 0170 8655 275 - kontakt@andreasharbach.de - www.andreasharbach.de

BAYREUTH. Die CSU kann sich gegen den Bayerntrend minimal verbessern, SPD und Grüne tauschen die Plätze bei der Europawahl in Stadt und Land Bayreuth. Und die AfD bleibt einstellig. Gewinner ist in jedem Fall Europa: Die Wahlbeteiligung ist deutlich gestiegen gegenüber 2014.

 
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In der Stadt Bayreuth sind die Grünen mit fast 24 Prozent auf Sichtweite an die CSU herangekommen, zehn Prozentpunkte mehr als vor fünf Jahren. Die CSU muss sich mit rund 33 Prozent zufrieden geben. Was in etwa dem Ergebnis von vor fünf Jahren entspricht. Die SPD rutscht in ihrer einstigen Hochburg auf rund zwölf Prozent ab – die Hälfte des Ergebnisses von 2014. Die FDP bleibt mit gut fünf Prozent knapp unter ihrem Ergebnis von 2014. Die Wahlbeteiligung lag 2014 in Bayreuth bei knapp 38 Prozent. Dieses Jahr waren es fast 54 Prozent. Im Landkreis Bayreuth waren es 2014 rund 40 Prozent, diesmal fast 59. Das im Vorfeld bundesweit festgestellte höhere Interesse an der aktuellen Europawahl traf also auch auf die Landkreisbürger zu, und zwar in höherem Maße wie in der Stadt Bayreuth.

Die Plätze getauscht

Das Abschneiden: Die CSU war 2014 im Kreis Bayreuth auf gut 44 Prozent gekommen, die SPD auf 22 Prozent, die Grünen auf knapp acht. Fünf Jahre später lässt sich sagen: SPD und Grüne haben die Plätze getauscht – die SPD hat sich mehr als halbiert, wobei die Grünen nicht im gleichen Maße profitieren. Und die CSU hat am Sonntag gegen den bayernweiten Trend ihr Ergebnis von 2014 im Landkreis leicht verbessern können.

Keinen Grund zum Feiern gibt es für die AfD in Stadt wie Land Bayreuth. Sie bekommt geringfügig mehr Stimmen, bleibt aber bei der Prozentzahl einstellig. Nur in einigen wenigen Landkreisgemeinden, vor allem im Fichtelgebirge, ist die AfD knapp zweistellig.

Die Meinungen zur Wahl

CSU: „Wir können mit dem Resultat zufrieden sein“, sagt die CSU-Kreisvorsitzende Gudrun Brendel-Fischer. Auch wenn sie sich gewünscht hätte, dass die AfD noch schlechter abschneide angesichts des Verhaltens, das sie im Landtag zeige. Auf dieser Basis könne man weiter Politik machen, wobei die CDU noch „ein wenig Schliff“ brauche. Personell wie inhaltlich. Es gebe dort zu viele gegensätzliche Stimmen zu denselben Themen, sagt Brendel-Fischer.

Zufriedenheit auch bei Sabine Habla aus Mistelgau, die auf Platz 32 der CSU-Liste in Bayern antrat: „Wenn man den Trend der Grünen gegen uns mit betrachtet, war so zu erwarten, immerhin haben wir wohl einen Kandidaten mehr im EU-Parlament.“ Aber: „Wir müssen mehr Klimathemen liefern, damit wir nicht Verhältnisse wie in Baden-Württemberg bekommen.“ Die habe die CSU zwar schon gesetzt, aber sie müsse das noch positiver verkaufen nach außen.

Ungebremste Begeisterung

Grüne: Begeisterung der ungebremsten Art bei Malte Galée. Mit dem Ergebnis könne er „einfach nur so was von leben“, so der einzige Bayreuther Bewerber. Habe man jetzt doch als Fraktion mindestens 14 Sitze mehr, Er selbst stand um 21 Uhr noch zwischen den Stühlen – ausgerechnet sein Platz war auf der Kippe. Dennoch: „Wir haben das beste Ergebnis der Grünen in Bayreuth überhaupt, in Europa auch – das ist einfach nur Wow.“ Das gebe Hoffnung auf eine bessere Politik. Das Wahlparty-Lokal Porsch am Marktplatz war rappelvoll, so Galée, viele mussten auf dem Boden sitzen. Auch das gibt 25-jährigen Studenten Mut – „so ein Abend ist eine wahre Freude für alle Menschen, die sich mit unserer Geschichte für die nächsten 100 Jahre beschäftigen“.

SPD: Thomas Bauske, SPD-Fraktionssprecher im Bayreuther Stadtrat, sagt: „Hervorragend finde ich die deutlich höhere Wahlbeteiligung, das zeigt, dass Demokratie funktioniert.“ Jedoch: Die Sozialdemokraten seien nicht in der Lage, die richtigen Themen zu spielen. Das habe auch mit der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt zu tun. Und: Der Klimawandel spiele den Grünen in die Hände, „wir schaffen es mit Ein-Wort-Plakaten nicht, Botschaften rüberzubringen“. Das Ergebnis sollte in jeder Abteilung der SPD diskutiert werden, „wir dringen nicht mehr zu den Bürgern durch“. Ähnlich die Sichtweise von Stephan Unglaub, Fraktionssprecher im Kreistag: „Das ist nicht berauschend, da gibt es verschiedene Gründe. Ich bin nicht der Analytiker, da müssen sich die Parteispitzen Gedanken machen, auch mit Blick auf das Ergebnis in Bremen.“ Die Genossen müssten ihre „Profilierung intensiv angehen“, , weiterbetreiben, wir sind im Moment einer unter vielen.“ Es fehle an der Wahrnehmung, welche Ziele nur die SPD verfolge, „das kommt nicht rüber, da besteht akuter Handlungsbedarf.“

Immerhin verdoppelt

Freie Wähler: Der Kreisvorsitzender Florian Wiedemann freute sich über den bundesweiten Anstieg von 0,7 Prozent, in Bayern waren es sogar 1,3 Prozent: Damit können wir absolut zufrieden sein, haben wir doch die Zahl unserer Sitze auf zwei verdoppelt“, so Wiedemann mit einem Schmunzeln.

FDP: Der Bayreuther Bundestagsabgeordnete Thomas Hacker: „Wir sind im Bund wohl von von drei auf sechs Mandate gewachsen, darauf kann man aufbauen.“ Die Rolle von Manfred Weber als CSU-Spitzenkandidat mit Ambitionen auf die Chefrolle in der EU-Kommission habe der FDP ebenso wenig gut getan wie das Erstarken der Grünen, „das man anerkennen muss“.

Finger in die Wunde legen

AfD: Sylvia Limmer, selbst Kandidatin und stellvertretende Vorsitzend des Kreisverbandes Bayreuth, betonte auf Anfrage, sie sei nicht enttäuscht. Wenn man sehe, „ wie die Stimmung ist, wie argumentiert wird, können wir damit leben“. Dass es für die AfD nicht zweistellig wurde, „lag nicht an unserer Politik“. Sondern schon auch am Motto der anderen, Rechtspopulisten zu verhindern. Jetzt gelte es nachzudenken, „wie man Wahlkampf auch medial anders gestalten kann“. Populismus sei ja nicht grundsätzlich Schlechtes, „wenn wir den Finger in die Wunde legen, dann sind nicht wir an dem Zustand schuld, um den es geht“.

Die Linke: Sebastian Sommerer, Sprecher der Linken in Bayreuth, will trotz des Rückgangs für seine Partei nicht klagen. Immerhin liege man noch bei mehr als fünf Prozent. "Das Ergebnis ist in keiner Weise schön zu reden, aber doch hat es mich nicht verwundert." Die Kampagne sei zu angepasst gewesen und habe "die kapitalistischen Institutionen der EU überhaupt nicht in Frage gestellt". Eine Linke, die das nicht tue und ebenso keine Alternative anbiete, könne nicht begeistern. Die Grünen hätten keine „linken“ Inhalte übernommen, sondern betrieben nach wie vor "kleinbürgerliche und pro-kapitalistische Politik, welche vor allem die Lohnabhängigen belastet, während sich Verursacher und Profiteure des Klimawandels aus der Affäre ziehen können". Ebenso sei es eine Illusion zu glauben, "innerhalb des Kapitalismus eine ökologische Politik durchsetzen zu können".

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