Corona-Pandemie in Deutschland Warum die zweite Impfdosis nicht verschoben wird

Klaus Zintz
Die Impfstoffmengen sind bislang knapp. Daher wird diskutiert, ob die zweite Impfdosis später gegeben werden kann, als eigentlich vorgesehen. Foto: dpa/Markus Schreiber

In Großbritannien wird die zweite Corona-Impfdosis verschoben, damit mehr Menschen geimpft werden können. Experten erklären, warum die Abstände in Deutschland nicht verringert werden.

 
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Stuttgart - Für die beiden bislang bei uns zugelassenen Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna wird diskutiert, ob die vorgeschriebene zweite Impfung nach hinten verschoben werden soll. In Großbritannien wird dies gemacht, um mit dem knappen Impfstoff zunächst mehr Menschen impfen zu können – in Deutschland nicht. Warum ist das so? Die wichtigsten Aspekte im Überblick.

Zwei Impfdosen:

Bereits nach der ersten Impfung reagiert das Immunsystem und bildet zum Beispiel Antikörper gegen den Erreger oder dessen Teile. Doch diese Reaktion ist meist nicht sonderlich ausgeprägt. So richtig in Fahrt kommt das Immunsystem erfahrungsgemäß, wenn es sich noch einmal mit dem Erreger auseinandersetzen muss – also nach der zweiten Impfdosis. Durch diesen sogenannten Boosteffekt ist der Körper dann viel besser vor den Folgen einer Infektion geschützt.

Abstände zwischen den Impfungen:

Für Deutschland hat sich die Ständige Impfkommission (Stiko) den Empfehlungen der Hersteller angeschlossen. So gelten beim Impfstoff von Biontech 21 Tage Abstand zwischen der ersten und der zweiten Dosis und für denjenigen von Moderna 28 Tage. Maximal sind für beide Mittel 42 Tage Abstand einzuhalten.

Keine Verschiebung:

Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat sich gegen eine Verschiebung der zweiten Dosis entschieden. Denn trotz fundierter Hinweise, dass der Schutzeffekt bereits nach der ersten Impfung schon recht gut ist, gibt es gravierende Bedenken. So ist es durchaus möglich, dass die Konzentration der Antikörper gerade bei älteren Menschen nach der Impfung schnell abfällt, was sich ohne Boosteffekt sehr negativ auf den Schutz auswirken könnte.

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Sowohl die Datenbasis als auch der Zeitraum für die Beurteilung solcher Risiken ist aber noch sehr kurz. Daher betont der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens: „Wir können nur empfehlen, was gesichert wirksam und gesichert sicher ist – und beides ist nicht gegeben.“ Und er betont, dass die Kommission „sich hüten würde, Empfehlungen abzugeben, die nicht durch die Zulassung der Impfstoffe gedeckt sind“. Dies sei auch eine Frage der rechtlichen Sicherheit.

Die Resistenzbildung:

Wenn es nach der ersten Impfung nur zu einer vergleichsweise geringen Reaktion des Immunsystems kommt, können im Körper Virusvarianten bevorzugt werden, die dem Angriff des Immunsystems widerstehen. Es könnten also Corona-Mutanten herausselektiert werden, die gegen neutralisierende Antikörper resistent sind. Bilden sich aber nach der zweiten Impfung viel mehr Antikörper, dann ist dieses Risiko deutlich geringer.

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Bei Bakterien ist es ähnlich: Hier wird die Resistenzbildung gefördert, wenn man zu früh mit der Einnahme von Antibiotika aufhört. Wie groß diese Gefahr bei den Coronaviren ist, weiß noch niemand. „Aber man sollte dieses Risiko miniminieren“, sagt etwa Florian Krammer, Professor für Impfung an der Icahn School of Medicine in New York.

Die Impfstoff-Kandidaten:

Zwischen den Produkten von Biontech und Moderna gibt es geringe Unterschiede, etwa bei der Verabreichung und der Lagerung. Beide wirken nach demselben Prinzip als mRNA-Impfstoffe und haben dieselbe gute Schutzwirkung von rund 95 Prozent. Daher halten sie die Experten für gleichwertig.

Auch der Impfstoffkandidat des Tübinger Unternehmens Curevac, dessen Wirksamkeit derzeit noch getestet wird, basiert auf diesem Prinzip und wird ebenfalls zweimal geimpft.

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