Darauf können wir uns ja dann zur Not berufen.
Steiner: Genau.
Jetzt hat man also noch mal fünf Wochen der Inaktivität beschlossen. Wie kann sich in der Zeit etwas am Grundproblem ändern: keine Einnahmen mehr, aber weiter laufende Kosten?
Steiner: Keine Einnahmen, klar – woher sollen die kommen? Bei den Kosten gibt es schon ein paar Möglichkeiten, sie zu reduzieren, wie etwa das Kurzarbeitergeld. Aber letztlich ist jeder Tag ein Minusgeschäft.
Nicht alle mit Kurzarbeitergeld einverstanden
Ist Kurzarbeitergeld schon formell beantragt? Oder läuft es sogar schon – soll ja schnell gehen, angeblich.
Steiner: Beantragt haben wir es für den größten Teil unserer Mitarbeiter – nach Notwendigkeit und nach Zustimmung der Mitarbeiter. Leider muss ich sagen, haben wir einen Teil dabei – leider gerade die Höchstverdiener –, die dem nicht zustimmen, bisher zumindest nicht. Diese Beträge liegen uns also noch immer auf der Tasche.
Nur um das klarzustellen: Wir reden von Spielern?
Steiner: Nicht nur. Die Spieler tauschen sich natürlich innerhalb der Liga aus. Sie erfahren, dass dieser oder jener Klub etwas macht oder plant, und darauf berufen sie sich dann. Im Wesentlichen geht es da um die Aufstockung des Kurzarbeitergelds auf ihr vertraglich vereinbartes Gehalt. Da sage ich als Person ganz klar: Dazu sind wir nicht in der Lage, das ist nicht darstellbar.
Kann man beziffern, was diese fünf Wochen jetzt noch mal zusätzlich kosten?
Steiner: Das kann man bestimmt. Aber das kann ich jetzt spontan nicht.
Dann vielleicht ohne konkrete Zahl: Wenn nach diesen fünf Wochen letztlich doch nicht mehr gespielt wird, muss man sich dann nicht über vermeidbare zusätzliche Ausgaben ärgern?
Steiner: Das ist die Frage, ob das vermeidbar war. Es ist einer der Streitpunkte zwischen Befürwortern und Nichtbefürwortern. Die Liga sagt halt dann: Ihr hättet die Kosten anders vermeiden müssen. Es gibt ja da Modelle, dass Spieler erst mal weggeschickt wurden mit einer Rückholoption im Vertrag. Für mich ist das gerade bei den Ausländern Augenwischerei. Wenn man sich anschaut, dass es in den USA gerade erst losgeht mit der Corona-Welle: Da holt man also Spieler zurück, die erst mal 14 Tage in Quarantäne müssen und völlig außer Form sind. Jeder Coach wird jammern, dass erst mal ein paar Wochen trainiert werden muss, bevor er wieder eine richtige Mannschaft am Laufen hat. Wenn man das nicht richtig macht, sind alle gleich verletzt – und dann will man auch noch dreimal pro Woche spielen?
Damit tue ich mir auch schwer gegenüber den Fans. Die wissen das doch auch und fragen: Warum sagt Ihr nicht ehrlich, dass die Saison aus ist? Und Sponsoren sagen mir auch persönlich: Ihr seid ein komischer Laden: Ihr sagt immer, es geht weiter, aber wie soll das überhaupt gehen?
Nur noch mal zur Verdeutlichung: In Bayreuth ist es nicht so, da wurden die Verträge mit den abgereisten Amerikanern endgültig aufgelöst?
Steiner: Die sind aufgelöst, definitiv. Wir können nicht weiter diese Kosten an der Backe haben. Was die Liga mit der Verschiebung auch vermeiden will, sind rechtliche Auseinandersetzungen mit den Sponsoren. Das soll dann später auf die Ebene der höheren Gewalt gehoben werden. Aber auch das ist doch Augenwischerei. Mit denselben Sponsoren soll ich gleichzeitig über neue Verträge verhandeln, während ich mich mit ihnen über die Frage der höheren Gewalt auseinandersetze. Je weiter das geht, umso mehr berührt es den weiteren Geschäftsbetrieb in der Zukunft – der ja eh fraglich ist.
Trotzdem noch eine Frage zur näheren Zukunft: Wenn es nach dem 30. April doch irgendwie weitergehen sollte: Mit welcher Mannschaft könnte Bayreuth dann noch antreten?
Steiner: Wir sind nicht die einzigen mit diesem Problem. Ein ganzer Sack voller Klubs hat Spieler heimgeschickt, weil sie sich das nicht leisten konnten. Wenn da wirklich noch mal gespielt werden sollte, wäre das eine Farce. Da spielen Jugend- und Drittligaspieler mit Profis eine Meisterschaft aus, die irgendwann mal stattgefunden hat.
Da haben die Nico Wenzls dann ihren großen Auftritt.
Steiner: Jetzt tun Sie dem jungen Mann aber ganz schön Unrecht!
Oh nein, das war gar nicht geringschätzig gemeint. Eher: der große Auftritt, der ihnen bislang verwehrt geblieben ist. Das kann ja auch gewissen Charme haben.
Steiner: Das hat aber nichts mehr mit Profibasketball zu tun, so wie er in den Statuten festgehalten ist. Auch wenn er ohnehin schon ziemlich auseinandergezogen ist, allein schon durch die Etats von drei Millionen bis 27 Millionen. Ist ja das schon eine Frage, ob die alle zusammen und gegeneinander spielen sollten.
Aber es ist ja nun die Beschlusslage, dass die Saison noch weitergehen könnte. Welche Art Modus ist denn noch denkbar, wenn man wirklich gleich im Mai wieder spielen könnte? Elf Spiele stehen für Medi Bayreuth noch aus.
Steiner: Glauben Sie wirklich, dass im Mai schon Spiele möglich sein könnten? Dazu müssten erst mal unsere Hallen geöffnet sein und zulässig sein, dass sich dort gut 20 Leute zu einem Spiel versammeln können – unabhängig von der Frage, ob Zuschauer dabei sein dürfen. Dafür gibt es derzeit nicht einmal bundesweit einheitliche Regelungen. Vielleicht lockern ja die Bayern als Erste die Bestimmungen, die sie als Erste verschärft hatten. Und wenn dann eine Mannschaft aus einem anderen Bundesland kommt, stecken wir sie erst mal in Quarantäne, oder was?
Jetzt könnte man noch sagen, wir spielen im Juni. Der gehört ja noch zum einheitlichen Geschäftsjahr aller BBL-Klubs. Und dann hauen sie den Spielern, die zwei, drei Monate nicht im Einsatz waren, so viele Spiele in 30 Tagen um die Ohren? Das ist jenseits der Realität.
Sponsoren haben "erst mal andere Sorgen"
Unterm Strich dieser Analyse: Welchen Schaden ist dem Basketball-Standort Bayreuth entstanden, und welcher droht noch zu entstehen?
Steiner: Ich gehe gleich noch einen Schritt weiter: Was ist denn in der Zukunft überhaupt noch realistisch denkbar? Am 1. Juli beginnt das neue Geschäftsjahr, Anfang August beginnen fast alle Teams mit dem Training. Im Mai, Juni und spätestens Juli werden die Spieler verpflichtet. Aber vorher müssen doch erst einmal die Sponsorenverträge sicher sein – die Zeit dafür ist genau jetzt! Die Liga lässt sich bei den Lizenzanträgen ja auch diese unterschriebenen Verträge vorlegen. Natürlich kann man diese Bestimmung aussetzen, aber wir brauchen die Sicherheit doch auch selbst, um planen zu können.
Und seien wir doch ehrlich: Wenn ich im günstigsten Fall vielleicht in vier oder fünf Wochen wieder auf einen Sponsor zugehen kann, dann hat der doch erst mal andere Sorgen. Der muss sein Unternehmen wieder hochfahren und ans Laufen bringen und zu Einnahmen kommen. Jeder Unternehmer weiß schon jetzt, dass 2020 ein Verlustjahr wird. Da ist es nicht das Erste, woran man denkt, einen Basketball-Sponsorenvertrag abzuschließen. Dazu kommt, dass auch viele Dauerkarten-Inhaber nicht das Geld haben werden, um eine ganze Saison im Voraus zu bezahlen. Auch diese Basis wird rutschen.
Man muss sich also fragen, was das überhaupt heißt für eine nächste Saison – hier am Standort, aber auch für die ganze Liga. Sicher kann man sagen, dass eben die Gehälter der Spieler runterkommen müssen. Aber wie ich schon sagte, ist es ohnehin schwierig, die Einsicht zu finden, dass sie Abstriche machen müssen. Aber wie soll das erst gehen mit den Verträgen, die weiterlaufen: Ich kann doch keinem Spieler sagen, dass er nur noch die Hälfte verdient, wenn er einen bestehenden Vertrag hat. Dann habe ich drei Spieler fest und damit schon meinen ganzen Mannschaftsetat ausgegeben. Also spielen wir eben mit Nico Wenzl als Starter – aber ist das dann noch das, was den Sinn und die Geschäftsgrundlage der Liga ausmacht?
Kann man sich wenigstens damit trösten, dass alle Klubs prozentual gleichermaßen betroffen sind? Jeder muss seinen Etat entsprechend reduzieren, und damit sind die Kräfteverhältnisse dieselben wie zuvor, nur auf insgesamt niedrigerem Niveau.
Steiner: Ganz so ist es nicht. Bei Bayern München kann sich das jeder vorstellen, da kann Geld hin und her geschoben werden. Oldenburg beispielsweise hängt an EWE, die anscheinend schon eine Garantie gegeben haben. Ich sehe es also eher umgekehrt: Die Liga wird sich noch mehr spreizen, und man wird sich fragen müssen, ob das überhaupt noch ein vergleichender Sport ist. Ich will aber gar nicht über die anderen reden, sondern ich muss mich für meinen Standort grundsätzlich fragen: Macht das wirklich Sinn, wenn ich meinen Etat halten muss, aber nicht mehr auf die Basis zurückgreifen kann wie vor der Krise bei Sponsoren und Unternehmen und wenn ich anderseits die Kosten nicht runterbringe?
Sie stellen also grundsätzlich die Zukunft des Basketball-Standorts Bayreuth infrage?
Steiner: Die Frage muss sich jeder stellen. Da unterscheiden wir uns nicht von der Bratwurstbude an der Ecke.
Ich möchte da noch mal auf die Frage der Geisterspiele zurückkommen: Das Gros unserer Sponsoren unterstützt uns vor allem wegen des Erlebnisses in der Halle, des Events – und nicht damit jemand Basketball bei Magentasport schauen kann. Da müssen wir uns nichts vormachen: Dann ist es aus! Diese Erkenntnis scheint mir auch in der Liga angekommen zu sein. Ansonsten ist da aber eher jeder sich selbst der nächste.
Gibt es wenigstens Signale für Unterstützung in der aktuellen Notlage vonseiten der Sponsoren und Fans, die auf mögliche Rückforderungen aufgrund der entgangenen Spiele verzichten?
Steiner: Ja, da muss man wirklich sagen: Zumindest unter den Leuten, mit denen wir Kontakt hatten, gibt es große, breite Zustimmung. Es heißt: „Wir sehen, wie schwer es für Euch ist. Wenn wir helfen können, verzichten wir auf unser Geld.“ Das gilt für Sponsoren, oder auch nur für Käufer von Einzeltickets, wie etwa beim Geisterspiel im Fiba-Europe-Cup gegen Cluj. Aber entscheidend sind natürlich unsere großen Unterstützer. Wenn da ein, zwei ausfallen, können wir das nicht kompensieren.
Gibt es aus Ihrer Sicht noch etwas, das in dieser Situation gesagt werden muss?
Steiner: Wenn es in Bayreuth weiter Profi-Basketball geben soll, brauchen wir die Unterstützung von jedem und jeder, die uns je gewogen waren, uns nahe standen und uns geholfen haben. Wenn davon zu viele ausfallen, weiß ich nicht, wie der Standort über die Runden kommt. Wir werden alles dafür tun, dass wir weiterhin einigermaßen konkurrenzfähigen Profi-Basketball in Bayreuth erhalten.
Das Gespräch führte Eberhard Spaeth