Wiesbaden - Europas Konjunkturlokomotive nimmt nach einem Schwächeanfall im vergangenen Jahr wieder Fahrt auf.
Europas größte Volkswirtschaft ist zurück auf Wachstumskurs. Die Bundesbürger sind in Konsumlaune und auch das Wetter spielt zum Jahresauftakt mit. Handelskonflikte dämpfen jedoch die Aussichten.
Wiesbaden - Europas Konjunkturlokomotive nimmt nach einem Schwächeanfall im vergangenen Jahr wieder Fahrt auf.
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Getragen vom Bauboom und der Konsumfreude der Verbraucher wuchs die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal.
Nach Einschätzung von Ökonomen könnte sich der kräftige Jahresstart 2019 allerdings als Strohfeuer erweisen. Vor allem die Eskalation von Handelskonflikten trübt das Bild. Das Bundeswirtschaftsministerium dämpfte am Mittwoch ebenfalls die Erwartungen.
Die exportorientierte deutsche Wirtschaft habe mit dem guten Einstieg in das Jahr ihre Schwächephase noch nicht überwunden, teilte das Ministerium mit. "Dies dürfte erst nachhaltig erfolgen, wenn sich das außenwirtschaftliche Umfeld wieder etwas aufhellt und die Verunsicherung, verursacht insbesondere durch die Handelskonflikte, abnimmt."
Belastet von Handelsstreitigkeiten und Problemen der Autoindustrie bei der Umstellung auf den Verbrauchs- und Abgasmessstandard WLTP war Europas größte Volkswirtschaft im dritten Quartal 2018 geschrumpft. Zum Jahresende stagnierte die Wirtschaftsentwicklung.
Nach vorläufigen Daten des Statistische Bundesamtes stiegen zum Jahresbeginn 2019 die Konsumausgaben der Menschen in Deutschland kräftig. Die Verbraucher sind dank der historisch guten Lage auf dem Arbeitsmarkt weiter in Kauflaune.
Die Investitionen in Bauten boomten. Die Kehrseite der Medaille: Kunden müssen immer länger auf einen Handwerker warten. Im Durchschnitt dauert es nach Angaben des Zentralverbandes des deutschen Handwerks im Gesamthandwerk inzwischen fast 10 Wochen, bis ein Auftrag erfüllt werden kann. In den Bau- und Ausbauhandwerken müssen Kunden sogar 14,5 beziehungsweise fast 11 Wochen warten.
Getragen wurde das Wachstum im ersten Quartal auch von gestiegenen Investition der Unternehmen in Maschinen und andere Ausrüstungen. Die Konsumausgaben des Staates, zu denen unter anderem soziale Sachleistungen und Gehälter der Mitarbeiter zählen, waren hingegen rückläufig. Gemischte Signale kamen den Angaben zufolge vom Außenhandel.
Nach Einschätzung von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer markiert das "recht starke Wachstum" noch nicht das Ende des Abschwungs. "Vielmehr wurde es durch die ungewöhnlich milde Witterung begünstigt, die die Bauproduktion deutlich steigen ließ. Im zweiten Quartal dürfte die deutsche Wirtschaft deshalb kaum wachsen, vielleicht sogar leicht schrumpfen."
Auch Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank aus Liechtenstein, sieht mit Blick auf das laufende Quartal noch keine nachhaltige Trendwende. "Eine schwache Industrieproduktion bei einem gleichzeitig anhaltenden Auftragsschwund lassen erahnen, dass der ordentliche BIP-Zuwachs nicht mehr als ein Strohfeuer war".
Sorgen bereiten die vor allem von den USA angeheizten internationalen Handelskonflikte, die die Weltwirtschaft belasten. "Wenn es in den nächsten Wochen nicht zu einer Einigung zwischen den USA und China kommt und (US-Präsident Donald) Trump womöglich auch noch Autozölle gegen Europa verhängt, gerät der Konjunkturaufschwung in Deutschland in Gefahr", warnte DZ-Bank-Experte Michael Holstein.
Die schwächere Weltwirtschaft macht der deutschen Chemie- und Pharmabranche bereits zu schaffen. Nach Angaben des Branchenverbandes VCI sank der Umsatz von Januar bis März gemessen am Vorjahresquartal um 3,8 Prozent auf 48,3 Milliarden Euro. Die Produktion fiel um 6 Prozent.
Auch Deutschlands Börsenschwergewichte bekamen zum Jahresauftakt Gegenwind zu spüren. Zwar stieg der Umsatz der Dax-Konzerne im ersten Quartal um 4,8 Prozent.
Doch der operative Gewinn (Ebit) der 30 Unternehmen brach laut einer Analyse des Beratungs- und Prüfungsunternehmens EY in der Summe um 20 Prozent auf 27,8 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein. EY führte dies auf zumeist einmalige Ereignisse bei einzelnen Konzernen zurück. "Allerdings ist offensichtlich, dass die Zeiten ungemütlicher werden", sagte Hubert Barth, Vorsitzender der EY-Geschäftsführung.
Das Wachstum der deutschen Wirtschaft entsprach der des Euroraumes. Im gemeinsamen Währungsraum legte das Bruttoinlandsprodukt nach Angaben des Statistikamtes Eurostat zum Jahresanfang um 0,4 Prozent zu. Im vierten Quartal 2018 war die Wirtschaft nur um 0,2 Prozent gewachsen.
Binnen Jahresfrist stieg das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland um 0,6 Prozent. Die Bundesregierung und zahlreiche Ökonomen hatten zuletzt ihre Konjunkturprognosen für Gesamtjahr gesenkt. Die Bundesregierung rechnet 2019 nur noch mit einem Wachstum von 0,5 Prozent, statt wie zunächst mit 1,0 Prozent. Hauptgrund ist die Abkühlung der Weltwirtschaft. Im vergangenen Jahr war die deutsche Wirtschaft um 1,4 Prozent gewachsen.