Staatsanwalt Thomas Goger für drei Monate bei Interpol in Singapur Kampf gegen Cyberkriminaliät

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Staatsanwalt Thomas Goger. Foto: Andreas Harbach Foto: red

In Zeiten steigender Cyberkriminalität müssen auch die Ermittler aufrüsten. Ein Doppelinterview mit Bambergs Generalstaatsanwalt Thomas Janovsky und Staatsanwalt Thomas Goger über unsichtbare Gegner.

 
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Herr Goger, machen Sie privat Online-Banking?

Thomas Goger: Ja, ich habe kein Misstrauen meiner Bank gegenüber. Mit bestimmten Vorsichtsmaßnahmen halte ich das für ungefährlich. Wenn ich das auf meinem Rechner mache, der mit einem aktuellen Virenscanner geschützt ist und auf dem keine bedenklichen E-Mailanhänge geöffnet werden, halte ich das für sicher.

Geben Sie in sozialen Netzwerken private Daten von sich bekannt?

Goger: Ich bin dort nicht aktiv. Jeder muss selbst entscheiden, wieviel er gewillt ist, von sich preiszugeben. Aber auch hier gilt: Wenn man mit dem gesunden Menschenverstand an die Sache rangeht, und nur Dinge veröffentlicht, von denen man auch nicht will, dass sie in der Zeitung stehen, dann ist dagegen nichts einzuwenden.

Aber auch Straftäter können sich die Einträge auf Facebook zunutze machen ...

Goger: Wenn Sie Urlaubsbilder posten, am besten noch mit dem Profilbild Ihres Hauses, dann sind das drei Klicks für die Einbrecher, um Sie zu lokalisieren, und schon ist der Einbruch geschehen.

Thomas Janovsky: Man hat manchmal das Gefühl, dass jemand, der sich in einem sozialen Netzwerk bewegt, denkt, er unterhält sich nur mit Freunden und weiß nicht, dass alles was hier gesprochen wird, weltweit mitgelesen werden kann.

Was früher die Stasi gemacht hat, machen die Leute heute auf Facebook freiwillig...

Goger: Der Informationsfundus, der sich auf den Servern bei Facebook angesammelt hat, ist rein quantitativ sicherlich vergleichbar mit allem, was man früher in staubigen Akten versteckt hat.

Anfang März legte der Trojaner Locky die Rechner der Fraunhofer-Projektgruppe in Bayreuth lahm. In dem Zusammenhang war die Rede von einer Spur, die nach Russland führt. Gibt es dazu neue Erkenntnisse?

Janovsky: Losgelöst von dem Fraunhofer-Fall kann man sagen, dass Russland ein Hackerschwerpunkt ist.

Goger: Wir konnten in der Vergangenheit bei solchen Fällen mit Verschlüsselungstrojanern beobachten, dass gezielt russische IP-Adressen ausgenommen waren. Dem Trojaner ist also von seinen Schöpfern gesagt worden: Greif an, aber lass’ den russischen Bereich außen vor. Das ist ein gewisses Indiz dafür, woher der Urheber kommt.

Ist es möglich, mit nur einem Laptop ein Krankenhaus lahmzulegen?

Goger: In Nordrhein-Westfalen ist das ja vor wenigen Wochen passiert. Man braucht dazu keine große Infrastruktur. Für eine solche Welle wie Locky braucht es keinen großen Apparat im Hintergrund.

Janovsky: Man wird sich in diesem hochkritischen Bereich überlegen müssen, ob man nicht zwei parallele Computernetze aufbaut: Ein Netz für die Kommunikation nach außen, und ein zweites Netz für die rein interne Kommunikation, das keine Schnittstelle zum Internet hat, und das aber auch so abgeschottet ist, dass nicht durch die elektromagnetische Strahlung mitgelesen werden kann. Es wird über kurz oder lang schwierig werden, eine hundertprozentig sichere Kommunikation zu schaffen. Im Moment ist das durch entsprechende Verschlüsselungen sicher. Aber die Frage ist, wann ist die Rechnerkapazität da, die trotzdem angreifen kann.

Was raten sie den oberfränkischen Unternehmen, um sich vor Cyberkriminalität zu schützen?

Janovsky: Eine immer aktualisierte Firewall, einen aktualisierten Virenscanner. Wichtig ist auch die Sensibilisierung der Mitarbeiter. Man muss jedem klarmachen, was eine gefährliche Handlung im Internet sein kann.

Goger: Ich rate, suspekte E-Mails mit komischem Anhang sofort zu löschen.

Herr Goger, was versprechen Sie sich von ihrem Aufenthalt bei Interpol in Singapur?

Goger: Interpol hat in Singapur die zentrale Stelle für die Erforschung und Verfolgung von Cyberkriminalität angesiedelt. Ich erwarte mir durch die persönliche Präsenz Kontakte, durch die die internationale Zusammenarbeit, die wir dringend brauchen, schneller und reibungsloser funktioniert. Das erwartet sich auch die bayerische Justiz von meinem Besuch.

Bei Interpol sind nahezu alle Staaten der UN zusammengeschlossen. Wem kann man da trauen?

Goger: Die Cyberkriminellen nehmen keine Rücksichten auf Nationalitäten. Die Urheber der Banktrojaner schaden den Europäern und den Russen genauso wie den Asiaten. Wir haben es mit dem gleichen Gegner zu tun.

Info:

Von Mai bis Juli wird der in der Zentralstelle Cybercrime Bayern tätige Staatsanwalt als Gruppenleiter Thomas Goger seinen Schreibtisch in Bamberg gegen einen Arbeitsplatz im Interpol Global Complex for Innovation in Singapur tauschen. Diese Entsendung, die auf eine Initiative des Bamberger Generalstaatsanwalts Thomas Janovsky zurückgeht, soll die internationale Vernetzung der Zentralstelle Cybercrime Bayern stärken und Impulse für grenzüberschreitende Cyberermittlungen setzen. Im Interpol Global Complex for Innovation in Singapur, der im April eröffnet wurde, werden die Aktivitäten der internationalen Polizeiorganisation im Kampf gegen Cybercrime gebündelt.

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