Und auch, wenn sich am Horizont über der Bühne am See die dunklen Wolken ballten – der englische Landschaftsmaler William Turner hätte seine helle Freude daran gehabt – hielten sich die Regenschauer am Samstag wenigstens in den Abendstunden zurück. Und für kurze Zeit spannte sich sogar ein Regenbogen über die Wilhelminenaue.

Regen macht nichts

Am Freitag hatte der Regen ja ausgerechnet die Conexion Cubana getroffen, was die karibische Lebensfreude der Band aber nicht im Geringsten trübte. Und auch die Zuschauer, die sich in die Wilhelminenaue gewagt hatten, wurden dementsprechend mitgerissen. Doch bereits im Vorfeld hatte die Stuttgarter Combo Hiss das Publikum mit einer gelungenen Mischung aus Polka, Rockabilly, Walzer und Blues in Stimmung gebracht. Stimmungsvoll und berührend endete dann der erste Abend mit Sydney Ellis and her Midnight Preachers: Mit ihrer „afroamerikanischen Folk Music“ – wie die Sängerin ihren Stil aus Blues, Classic Jazz und Gospel selbst bezeichnet – hielt sie die Zuhörer bis zum letzten Ton bei Laune. Und von den Stühlen: Denn Tanzen hält schließlich warm.

Spanisches Flair

Den Samstag eröffnete Las Migas. Ein Frauen-Flamenco-Quartett, das die traditionelle spanische Musik als Basis nimmt, sie aufweitet – frischer macht, jünger und moderner – den ursprünglichen Kern aber immer noch durchscheinen lässt. Einflüsse des portugiesischen Fado sind zu hören, Takte des afrokubanischen Habaneras, die am frühen Samstagabend für eine mediterrane Stimmung in der Wilhelminenaue sorgen. Abgelöst wurden die rassigen Spanierinnen von Dauner und Dauner – ein harter Cut. Das Vater-Sohn-Duo mit Wolfgang Dauner am Flügel und Florian Dauner am Schlagzeug ist quasi ein musikalisches Experiment, deren Klänge Muse – und Offenheit – brauchen, da sie vermutlich nicht jedem Ohr nach den ersten Notenzeilen genehm sind. Jedoch ist Wolfgang Dauner für Liebhaber des Modern European Jazz ein musikalischer Leckerbissen; er gilt als Vorreiter des elektronischen Avantgarde-Jazz und wurde vielfach ausgezeichnet. Florian Dauner wirkt eher im Hintergrund und ist in populären Gefilden der Musik unterwegs; als Schlagzeuger spielt er in der Band der Fantastischen Vier und von Schmusesänger Rea Garvey. Das Dauner-Duo begleitet die Zuhörer in die Abenddämmerung bevor – zwar nicht unter Mondschein, aber einem wenigstens immer noch trockenen Himmel – Myles Sanko das Mikrofon übernimmt.

Mitreisender Groove

Mit einer perfekten Mischung aus Gefühl und Groove holt Sanko die Zuhörer aus ihren Campingstühlen und von den Picknickdecken, die sie auf dem Hang hin zur Seebühne ausgebreitet haben. Und er sucht die Verbindung zum Publikum: „Come on. Sing loud, sing proud“, fordert er seine Fans auf. „I know it’s cold“, sagt er dann noch, aber wenn ihr mit eurem Herzen singt, dann wird euch warm. Und sie tanzten sich warm. Der Brite ist ein Charmeur – und überzeugt daher nicht nur mit seiner souligen Stimme: Miles Sanko war zugleich Höhepunkt und Abschluss von St. Georgen swingt.
Am Sonntag wurde in der Wilhelminenaue noch einmal ein großes Familienfest gefeiert. Zwar versammelte sich an den vorangegangenen Abenden nicht nur die ältere Generation auf dem ehemaligen Gelände der Landesgartenschau, aber des gestrige Nachmittag war hauptsächlich den Kindern gewidmet. Für die Eltern gab es Big-Band-Sound auf der Bühne, rundherum tollte sich der Nachwuchs beim Dosenwerfen, Hockeyspielen oder in der Hüpfburg. Als Überraschung schaute sogar noch die plüschige orange Maus vorbei und wurde zum beliebten Kuschelobjekt für die Kleinen.