Soziales Projekt Rikscha-Fahrer: „Ein Gefühl der Verbundenheit“

Uwe Garz (zweiter von links) hat sich zusammen mit anderen Ehrenamtlichen bei der „Kapitänsschulung“ in Thurnau zu einem Rikscha-Piloten ausbilden lassen. Uwe Garz, Rikscha-Pilot Foto: privat

Senioren können sich künftig in Kulmbach mit der Rikscha fahren lassen. Doch dafür braucht es jemand, der diese steuert. Ein „Pilot“ erzählt, warum er sich für eine Ausbildung entschieden hat.

 
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Kulmbach/Thurnau - Auf die Rikscha, fertig los: Nach einer intensiven Schulungswoche, in der die Adalbert-Raps-Stiftung mit Unterstützung des Vereins Radeln ohne Alter zahlreiche Ehrenamtliche im Umgang mit den Rikschas geschult hat, kann es endlich losgehen.

Neben einem Fahrtraining und dem sicheren Umgang mit den Passagieren waren beispielsweise auch technische Aspekte Teil des Programms. Das Konzept hinter der Initiative „Rikschas für Oberfranken“ ist denkbar einfach: Ehrenamtliche unternehmen gemeinsam mit mobilitätseingeschränkten Menschen Ausflüge in die nähere Umgebung. So simple die Idee klingt, so groß ist die soziale Wirkung.

Die Rikscha-Ausflüge mit den Rikschafahrern schaffen gemeinsame Glücksmomente und Erinnerungen, ermöglichen den Austausch von Lebensgeschichten und geben den Passagieren das Gefühl, ihren Alltag aktiv gestalten zu können.

Uwe Garz, der als Pflegefachkraft im BRK Bürgerhospital in Kulmbach arbeitet, erzählt in einem Interview, was ihn zu seiner Teilnahme an der Schulung in Thurnau bewegt hat.

Herr Garz, warum liegt Ihnen das Projekt „Rikschas für Oberfranken“ am Herzen?

Weil Fahrradfahren ein Gefühl von Verbundenheit mit der Heimat und den Menschen ist. Unabhängig wie die eigenen Erfahrungen beim Radeln sind. Das betrifft die Passagiere genauso wie die Fahrer.

Wie fühlt es sich an, eine Rikscha zu fahren oder Passagier zu sein?

Das Steuern ist für den Pilot ein wenig wie Tandemfahren, aber viel sicherer und komfortabler dank eingebautem ‚Rückenwind‘ und drei Rädern. So ist es für fast jeden machbar. Und als Passagier – man gleitet dahin, der Wind streift das Gesicht und man kann Passanten grüßen oder sich mit seinem Nachbarn unterhalten. Wichtig ist dabei, dass von den Passagieren vor allem ‚Hinweise‘ kommen, wo der Pilot langfahren soll. Gerne können Sie es selbst erfahren.

Warum haben Sie sich entschieden, an der Förderausschreibung der Adalbert-Raps-Stiftung teilzunehmen?

Jeder hat das Recht, den Wind in den Haaren zu spüren. Viele Mitarbeiter nutzen das Fahrrad in der Freizeit oder auf dem Weg zum Arbeitsort. Bei Gesprächen mit den Betreuten wird immer wieder deutlich, dass auch diese das Fahrrad als Mittel der Fortbewegung nutzen und sie es heute vermissen. So liegt es nahe, diesen den Verlust zu ersetzen – ihnen zu helfen wieder das Gefühl der Freiheit, der Unabhängigkeit und der Teilhabe am sozialen Leben zu ermöglichen.

Wie sind Sie auf das Projekt aufmerksam geworden?

Wir haben durch die Ausschreibung erstmals von der Initiative „Radeln ohne Alter“ gehört. Ich bin davon überzeugt, dass das Radeln ein Baustein dafür ist, das Leben zu bereichern um Glück und Zufriedenheit zu erlangen – und sei es nur während der Fahrt.“

Welchen Mehrwert erhoffen Sie sich durch das Rikscha-Angebot für die Bewohner in Ihrer Einrichtung?

Mehr Glück und Zufriedenheit für die Fahrgäste. Die individuelle Fahrt vor allem mit ehrenamtlichen Fahrern, die wir Piloten nennen, welche ihr Glück und ihre Zufriedenheit weitergeben und möglicherweise von der Lebenserfahrung der Fahrgäste profitieren.

Wie war die Resonanz der Bewohner, dass es zukünftig ein Rikscha-Angebot in Ihrer Einrichtung geben wird?

Ein Lächeln. Ein ‚Ja?‘, und klare Wünsche wo die Fahrt hingehen soll. In den Wald, an den Mainzusammenfluss oder woanders hin.

Im Rahmen der Kapitänsschulungen wurden Sie im Umgang mit der Rikscha trainiert. Wann wird die Rikscha in Ihrer Einrichtung zum ersten Mal im Einsatz sein?

Mitte März bis Anfang April - je nach Wetterlage und der Bereitschaft von Ehrenamtlichen als Pilot zu agieren. Ich freue mich auf gemeinsame Fahrten mit Ehrenamtlichen und zukünftigen Piloten ebenso wie mit den Personen, die aufgrund ihrer Einschränkungen und Handicaps nicht allein radeln können.

13 Standorte in Oberfranken

Bereits Ende September 2021 wählte die Adalbert-Raps-Stiftung im Rahmen der in Unterstützung des Radeln ohne Alter Deutschland e.V. initiierten Förderausschreibung „Rikschas für Oberfranken“ unter insgesamt 28 Bewerbern die dreizehn neuen oberfränkischen Rikschastandorte aus. Mit Beginn der Förderung Anfang dieses Jahres durften sich die entsprechenden Standorte dann nicht nur über den Erhalt einer eigenen Rikscha, sondern auch über eine umfangreiche theoretische und praktische Einweisung zum richtigen Umgang mit dem besonderen Fahrrad freuen.

Zu diesem Zweck fanden in der Zeit vom 08. bis einschließlich 11. Februar 2022 vier jeweils eintägige „Kapitänsschulungen“ statt, zu denen jeweils drei bis vier der insgesamt dreizehn geförderten Organisationen an ausgewählten Rikschastandorten zusammenkamen.

red

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