"Heroes" von DAVID BOWIE: Kaum zu überschätzen ist die Wirkung des britischen Superstars bei einem Berlin-Konzert kurz vor der Wende. Im Juni 1987 verursachte sein Auftritt am Reichstag Proteste hinter dem Brandenburger Tor. Der einstige Wahl-Berliner sang im Lied "Heroes" von Schüssen an der Mauer. "Die Mauer muss weg", riefen DDR-Rockfans, Schlagstock-Prügel waren die Antwort. Das Auswärtige Amt würdigte Bowies Ost-Ausrichtung unmittelbar nach seinem Tod 2016: "Thank you for helping to bring down the Wall".
"Born To Run" von BRUCE SPRINGSTEEN: Als Auftritte westlicher Rockmusiker in der DDR noch sehr selten waren, trat "The Boss" 1988 auf SED-Einladung in der Radrennbahn Berlin-Weißensee auf. Springsteen, dessen "Born To Run" auch im Osten den Drang nach neuem Aufbruch und mehr Freiheit ansprach, ließ sich nicht vereinnahmen. Vor über 160.000 Fans prangerte er "Barrieren" an. "1988 war Ostdeutschland überreif für eine Veränderung", schrieb Springsteen 2016 in seiner Autobiografie: "Und schon bald würde sich der lang aufgestaute Freiheitswille explosiv entladen..."
Während Polit-Botschaften in Liedern bundesdeutscher oder "westlicher" Musiker meist mehr oder weniger eindeutig daherkamen, mussten sich Künstler auf der anderen Seite der Mauer vorsichtiger ausdrücken. Aber wer hören wollte, dass etwas faul war im Staate DDR, der konnte es in Liedern von Silly, City, Pankow oder Keimzeit durchaus hören.
"SOS" von SILLY: "Wir bezwingen Ozeane/mit 'm gebrauchten Narrenschiff/über uns lacht 'ne goldene Fahne/unter uns ein schwarzes Riff...", so beginnt "SOS". Der Song erschien 1989 auf der Silly-Platte "Februar", die revolutionär war: Als erstes Album der DDR-Rockgeschichte wurde es in Koproduktion mit einer westdeutschen Plattenfirma produziert - in einem Westberliner Studio. Das Album steckte - wie das Lied - voller Andeutungen.
"Halb und halb" von CITY: Sänger Toni Krahl, der 1968 als Abiturient wegen seines Protestes gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings verhaftet worden war, ließ sich auch später nicht beugen. Bei einem Konzert 1988 legte ihm ein Parteisekretär nahe, "Halb und halb" nicht zu spielen - der Grund: Egon Krenz sei im Publikum. Krahl sagte dem Publikum, dass das Lied nicht gespielt werde - und zitierte dann den Text: "Im halben Land und der zerschnittenen Stadt/halbwegs zufrieden mit dem/was man hat/halb und halb".
"Langeweile" von PANKOW: "Zu lange gewartet/zu lange gehofft/zu lange die alten Männer verehrt": Präzise beschrieben Pankow die politische Situation kurz vor dem Mauerfall. Das Lied gehörte zum 1988 veröffentlichten Album "Aufruhr in Deinen Augen". Das Wort "Aufruhr" stieß bei der Plattenfirma Amiga auf Bedenken. Der Gegenvorschlag: "Power in den Augen" - obwohl es in der DDR jahrelang verboten war, Englisch zu singen. Schließlich blieb es doch beim deutschen Titel.
"Das Eis taut" von PETRA ZIEGER UND BAND: "Kein fauler Zauber/der uns blendet und trügt/wir wissen was wir woll'n/und dass nur Trost nicht genügt. (...) Das Eis taut auf der Haut/aus der alten Erde treibt neues Grün". Zieger war lange vor allem mit rockigen Liebesliedern wie "Schmusen auf dem Flur" erfolgreich. Der kurz vor dem Mauerfall produzierte Song "Das Eis taut" wurde zu einem der großen Wende-Hits im Osten. Höhepunkt für die Erfurterin: ein Auftritt vor 500.000 Zuschauern in Philadelphia/USA.
"Irrenhaus" von KEIMZEIT: Die Geschwister Leisegang aus Brandenburg nahmen 1988 das Album "Irrenhaus" auf. Im Titelsong heißt es: "Irre ins Irrenhaus/die Schlauen ins Parlament/selber schuld daran/wer die Zeichen der Zeit nicht erkennt". Für Amiga war nicht nur dieser Keimzeit-Text ein "No-Go" - aus dem Album wurde nichts. Rund ein Jahr später waren die Umstände dann viel günstiger: Eine Plattenfirma in West-Berlin griff zu, "Irrenhaus" wurde ein Erfolg, die Band weit über ihre Heimat hinaus populär.
Zwei Playlist-Exoten als Rausschmeißer gefällig? Dann gehört eine Gewandhausorchester-Aufführung von Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie ("Ode an die Freude") unter dem Dirigenten und Wende-Helden Kurt Masur zum Mauerfall-Soundtrack. Und warum nicht auch die legendär schiefe deutsche Nationalhymne vom 10. November 1989 vor dem Berliner Rathaus Schöneberg - mit Helmut Kohl und Willy Brandt als Vorsängern.