Merkel sagte: "Für mich steht jetzt erstmal das Konsultationsergebnis von (EU-Ratschef) Donald Tusk fest, dass keiner dieser Spitzenkandidaten eine Mehrheit im Europäischen Rat hat. Und ich sehe im Augenblick nicht, dass sich an dieser Feststellung etwas ändern kann."
Macron schloss sogar ausdrücklich aus, dass Weber oder ein anderer Spitzenkandidat noch eine Chance auf den Posten des EU-Kommissionspräsidenten hätte. Eine Mehrheit des Parlaments hat sich allerdings darauf verständigt, nur einen Kandidaten zu wählen, der bei der Europawahl als Spitzenkandidat seiner Parteienfamilie angetreten war.
Der niederländische Premier Mark Rutte meinte hingegen, es sei nicht ausgeschlossen, dass am Ende einer der drei Spitzenkandidaten den Job doch bekäme.
Tusk führte seine Gespräche mit dem Parlament und den Parteien unmittelbar nach dem Gipfel fort, um eine Mehrheit für ein Personalpaket ausloten. Auch im Parlament gibt es derzeit für niemanden eine Mehrheit.
Weber verhandelt mit Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen seit einigen Tagen über eine Art Koalitionsvertrag. Er hofft, dass der ihm eine Mehrheit sichern wird. Allerdings hatten Sozialdemokraten und Liberale Weber am Donnerstag signalisiert, dass sie ihn nicht unterstützen. Wie endgültig diese Ansage ist, war zunächst aber unklar. Für Webers Ambitionen könnte sie jedoch das Ende bedeuten.
Die liberale Europaabgeordnete Nicola Beer betonte nach dem Gipfel: "Wir halten weiter an unserer Kandidatin fest, sie ist nicht aus dem Rennen." Beer rechnet nach dem Gipfel mit einer neuen Dynamik, wie sie der Deutschen Presse-Agentur sagte. Für einen Erfolg von Vestager bräuchte es allerdings etliche Stimmen aus Webers EVP.
Am Ende muss ein Personalpaket stehen, mit dem alle Seiten leben könnten. Dabei sollen sowohl die verschiedenen Parteien berücksichtigt werden als auch die Geschlechter und europäischen Regionen.
Mit den Klimabeschlüssen zeigte sich die Bundesregierung indes zufrieden. Der Gipfel hatte sich zuvor trotz stundenlangen Streits nicht auf das Ziel festgelegen können, bis 2050 den Treibhausgas-Ausstoß unterm Strich auf null zu bringen. Das Datum wurde allerdings wieder aus der bereits vorbereiteten Gipfelerklärung gestrichen, weil sich Polen und etliche andere Länder querstellten.
Merkel sagte zum Abschluss des Gipfels, sie hätte noch im März nicht mit einer so breiten Mehrheit der EU-Länder für eine klimaneutrale Wirtschaft bis 2050 gerechnet. Deutschland habe sich diesem Ziel inzwischen angeschlossen. "Insofern muss ich sagen, finde ich, dass es besser ist, als ich erwartet hatte."
Klimaschützer äußerten sich dagegen schwer enttäuscht und forderten, schnell nachzusteuern. Jan Kowalzig von Oxfam sprach von einer "peinlichen Vorstellung". "Die Zerstörungen der Monsterstürme in Mosambik, die extreme Hitze in Indien oder die Dürre am Horn von Afrika zeigen, wie ernst die Lage ist." Stefan Krug von Greenpeace kritisierte: "Einige wenige osteuropäische Staaten haben heute verhindert, dass der Stillstand beim europäischen Klimaschutz aufgebrochen wird."
Überschattet von diesen Diskussionen nimmt das vor allem von Frankreichs Präsident Macron geforderte Eurozonenbudget langsam aber sicher Form an. Offen blieb allerdings, wie viel Geld darin verfügbar sein soll. Das Budget soll das gemeinsame Währungsgebiet besser gegen künftige Krisen absichern. Auch die Finanzierung ist noch ungeklärt. Die Staats- und Regierungschefs trugen den Finanzministern auf, rasch die Details festzuzurren.