Vor allem stört sich Wicklein daran, dass der Eindruck erweckt werde, er habe immer nur Schulden angehäuft und seine Nachfolger immer nur Schulden abgebaut. „Zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung (im Oktober 2008; Anm. d., Red.) hatte die SpVgg Bayreuth ca. 2,3 Millionen Euro Verbindlichkeiten“, heißt es im Zwischenbericht der heutigen Vorstandsmitglieder Wolfgang Gruber und Christian Wedlich über den aktuellen Stand ihrer 2010 formulierten Ziele. Folglich muss sich im Vergleich zu Wickleins Unterlagen gleich nach seinem Rücktritt im Juni 2008 der Schuldenstand innerhalb kurzer Zeit drastisch erhöht haben.
In der Bilanz vom 30. Juni 2008 wird nämlich ein „nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“ von rund 1,046 Millionen Euro ausgewiesen. Den größten Teil davon bilden „Verbindlichkeiten gegenüber nahe stehenden Personen“ (Wicklein: „Das bin nur ich.“) in Höhe von 644 279,73 Euro. Man könne da sogar noch „das eine oder andere herunter rechnen“, aber wenn man den maximalen Betrag der sonstigen Schulden suche, „dann sind das genau 381 789,72 Euro“. Das ist nicht wesentlich mehr als der Verlust, den der Verein allein in der Regionalliga-Saison 2005/06 angehäuft hatte – trotz eines sehr respektablen siebten Platzes: „Es gab sogar eine Chance, in die 2. Liga durchzumarschieren“, erinnert sich Wicklein. „Es hing an drei Niederlagen, die nicht nötig waren.“ Damals sei der Verein auch von den Zuschauern im Stich gelassen worden: „Mit mindestens 2500 hatten wir gerechnet, aber es kamen im Schnitt nur 1462.“
Die Bilanz zur Mitte des Jahres 2008 sei auch keineswegs der Grund für seinen Rücktritt gewesen, sondern der verlorene Kampf um eine Lizenz für die damalige Regionalliga Süd. „Die Mannschaft von 2008 war die beste, die die SpVgg je gehabt hat“, sagt der Ex-Präsident über das Team von Trainer Klaus Scheer, das die Bayernliga-Meisterschaft überlegen mit einem Vorsprung von 15 Punkten gewonnen hatte. „Hätten wir die Lizenz bekommen, dann wären wir wahrscheinlich auch in der Regionalliga gleich Meister geworden, denn es gab schon Vorverträge mit vier Verstärkungen.“ Gescheitert sei der Lizenzantrag damals nicht zuletzt an einem Darlehen über 240 000 Euro, das bereits vertraglich zugesichert gewesen sei: „Der DFB verlangte jedoch eine Einzahlung des Betrags bis zum 16. Juni, und das war in der Kürze der Zeit nicht möglich.“ Auch an Fürsprache vonseiten der Stadt habe es gefehlt: „Da hat man schon mehr auf meine Nachfolger gesetzt.“ Am 18. Juni gab Wicklein darauf hin auf und trat zurück.
Noch enttäuschter blickt der Ex-Präsident aber auf die Zeit danach zurück: „Da gab es Dinge, die unfair waren.“ Als Beispiel nennt er ein Zitat des bei der Nachfolgeregelung mit federführenden Christian Wedlich bei einer Mannschaftssitzung am 6. Juli 2008, das ihm der damalige Trainer Klaus Scheer zugetragen habe: „Endlich ist der Wicklein weg! Jetzt fließen kurzfristig größere Beträge in die SpVgg, und alle Rückstände werden innerhalb weniger Wochen bezahlt.“ Umso überraschender sei gut drei Monate später der Insolvenzantrag gewesen.
Beklagenswert findet Wicklein auch das Verhalten seiner Nachfolger ihm gegenüber in der Zeit bis zur Rücknahme des Insolvenzantrags im Juni 2010: „Immerhin hatte ich in den letzten zwei Jahren meiner Amtszeit die SpVgg mehr oder weniger allein finanziert.“ Man habe ihm für seine Investitionen nicht einmal die Vergleichsquote von zehn Prozent gewährt, mit der alle anderen Gläubiger (auch das Finanzamt und damit der Steuerzahler) abgefertigt wurden. Statt dessen habe er die verbindliche Zusage von 4,1 Prozent der Gesamtforderung erhalten: „Zwei Zahlungstermine konnten nicht eingehalten werden und bis heute (Stand: 22. Februar) fehlt noch knapp ein Drittel der sehr kleinen Gesamtsumme.“
Und selbst dieses Trostpflaster habe er ausschließlich der Fürsprache von Steuerprüfer Alfred Lauterbach im SpVgg-Vorstand zu verdanken: „Das war der einzige faire und höfliche Gesprächspartner.“ Ansonsten sei es eher die Marschroute seiner Nachfolger gewesen, ihn völlig leer ausgehen zu lassen, sagt Wicklein. Dabei habe man mit einer „Rangrücktrittserklärung“ (im Prinzip eine Verzichtserklärung) für seine Forderungen argumentiert, die er zur Unterstützung des Lizenzantrags ausgestellt hatte: „Der DFB hatte den Rangrücktritt von 2004 nicht akzeptiert und gefordert, dass ich einen neuen unterschreibe. Ansonsten hätte keinerlei Chance bestanden, die Lizenz zu bekommen.“ Er sei davon ausgegangen, „diese Erklärung wäre nichtig, wenn wir die Lizenz nicht bekommen.“ Würde es sich nicht lohnen, diese Frage juristisch klären zu lassen? „Das will ich mir jetzt nicht auch noch antun.“