Normalerweise wohnen die Wilds während der Sommermonate in einem Wohnwagen. Voll ausgestattet mit Küche, Bad, Schlafzimmer. Doch im vergangenen Jahr gab es einen Kurzschluss um die Weihnachtszeit. Der Wohnwagen brannte vollständig aus. 60 000 Euro Schaden. Unversichert. Deswegen wohnen die Wilds in dieser Saison in ihrer Wohnung in Hersbruck. Viele aus ihrer Stadt haben damals für die Familie gesammelt. 2500 Euro kamen zusammen. Bis heute hat Jürgen Wild das Geld nicht angerührt. Es liegt zu Hause in einer Kiste.
Anstrengend durch die Bürokratie
Das Leben als Schausteller ist vor allem durch die Bürokratie anstrengender geworden. Gema-Gebühren für die Lieder, die während der Karrussellfahrten gespielt werden oder Hygiene- und Sicherheitsvorschriften erschweren den Job des Oberfranken.
Vor elf Jahren fiel er beim Aufbau seines Fahrgeschäfts hinunter und brach sich Knochen in Armen und Beinen. Seit dem bezieht er Berufsunfähigkeitsrente: „In solchen Momenten denkt man natürlich, dass du in einem anderen Job einfach krankmachen könntest. Für mich bedeutet so etwas gleich die Bedrohung der Existenz.“
Seine Freude am doch abwechslungsreichen Beruf findet Wild dann spätestens wieder, wenn er in Engelthal auf der Kirchweih ist. Dort wird immer eine Gruppe Kindergartenkinder zum Karussellfahren eingeladen. „Die bedanken sich immer ganz süß bei meiner Frau. Einmal haben sie sogar ein kleines Karussell aus Holz gebaut“, erzählt Wild selig.
Eine Runde Karussell für 1,50 Euro
Vom Schaustellerdasein zu leben, fällt ihm derzeit schwer. „Meine Mutter hat immer gesagt, wir sollen zusätzlich einen ordentlichen Beruf lernen. Deswegen bin ich Bürokaufmann, mein Sohn ist Drucker und meine Tochter Einzelhandelsverkäuferin“, erzählt Wild. Die Familie macht immer noch die billigsten Preise auf dem Platz. Eine Runde Karussell fahren, kostet nur 1,50 Euro. Aber von 22 Kindern, die darauf Platz hätten, kommen vielleicht drei Viertel.
„Früher gingen ganze Familien gemeinsam auf die Kerwa und die Kinder bekamen Geld zum Fahren. Heute brechen die Familien auseinander. Außerdem haben die Kinder das ganze Jahr tolle Spielsachen und freuen sich nicht mehr so auf die Attraktionen“, meint Wild die Ursache gefunden zu haben.
Aufhören wird er mit seinem Job trotzdem nicht. „Vielleicht mit 100 Jahren“, sagt er und freut sich. Sein Sohn will auch ins Schaustellergeschäft einsteigen. „Ich hab ihm gesagt, er soll lang genug etwas Normales machen, und wenn wir dann gar nicht mehr können, dann darf er gern übernehmen.“