Schuleigene Cloud wird bevorzugt Teams schlägt Mebis

Udo Fürst und Julian Seiferth
Die 17-jährige Anne Bauer besucht die zwölfte Klasse des Pegnitzer Gymnasiums. Von zu Hause arbeitet sie am Laptop mit den Lehrern zusammen und erhält Informationen über Foto:  

Mebis funktioniert nur teilweise

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Pegnitz - Crash am ersten Tag: Die störanfällige Lernplattform Mebis war zum Start des deutschlandweiten Lockdowns vor knapp einer Woche wieder nur eingeschränkt erreichbar. Nach dem Einloggen wurden Wartezeiten von bis zu 15 Minuten angezeigt, doch viele Nutzer gelangten auch danach nicht auf die gewünschte Webseite. Wer es doch schaffte, musste damit rechnen, aus dem instabilen System zu fliegen.

Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler), der wegen seines Corona-Krisenmanagements sowieso schon in der Kritik steht, versprach eine Lösung für nach den Weihnachtsferien. Bei Mebis hatte es in der Vergangenheit immer wieder Probleme gegeben. Über die staatliche digitale Plattform sollen Bayerns 1,7 Millionen Schüler eigentlich Lerninhalte abrufen, vor allem, wenn wie seit Mittwoch in den Schulen kein Unterricht vor Ort stattfindet. Wie gehen die Schulen in der Region mit diesem Problem um? Nutzen sie überhaupt Mebis und wie sieht der Distanzunterricht bei ihnen aus? Wir haben Schulen in Auerbach, Pegnitz und Pottenstein nach ihren Erfahrungen und danach gefragt, wie sie die Herausforderung meistern.

„Wenn es funktioniert, ist es ein schönes System“, sagt Thorsten Herzing, Leiter der Christian-Sammet-Schule in Pegnitz, über die Plattform Mebis. Dabei ist aber das Wörtchen „wenn“ ganz wichtig, denn wenn viele User gleichzeitig die Plattform benutzen wollen, gebe es lange Wartezeiten bis hin zum Komplettausfall. Jede Klasse sei mit Mebis versorgt und man organisiere auch Videokonferenzen. Offiziell sei der (Distanz-)Unterricht seit Freitag beendet, doch die Schüler hätten Aufgaben mitbekommen, mit denen sie sich heute und morgen noch beschäftigen könnten. „Auch unsere Lehrkräfte sind noch bis Dienstag im Einsatz, absolvieren Fortbildungen oder erarbeiten Unterrichtsmaterialien“, schildert der Schulleiter.

„Völlig tiefenentspannt“ sieht man die Sache mit Mebis in der Realschule Pegnitz: „Wir arbeiten nicht mit Mebis, sondern mit einer eigenen Schul-Cloud und einer App“, betont Schulleiter Christoph Kasseckert, „und das funktioniert ausgezeichnet“. Auch seine Schüler hätten Übungsmaterial an die Hand bekommen, mit dem sie sich heute oder morgen noch beschäftigen könnten. Kasseckert rechnet nicht mit einer schnellen Entspannung der Corona-Lage. Im Gegenteil. „Ich befürchte, dass sich die Pandemie wegen der Feiertage noch ausbreitet. Ich bin zwar kein Kaffeesatzleser, aber wir werden wohl noch länger als bis 10. Januar Distanzunterricht haben“, sagt Kasseckert.

Ähnlich wie die Realschule in Pegnitz kann auch die Graf-Botho-Mittelschule in Pottenstein die Probleme mit Mebis in aller Ruhe beobachten. „In der Mittelschule nutzen wir Microsoft Teams. Das klappt seit April ganz hervorragend“, betont Schulleiter Marco Speckner. Die Grundschule sei sogar Testschule für den Bezirk Oberfranken in Sachen „Jitsi“. Die kostenlose Web-App „Jitsi Meet“ erlaubt es, Videochats direkt im Browser zu starten. Das Erstellen eines Accounts oder die Installation einer Software sind nicht notwendig. Auch die Pottensteiner Schüler haben noch „Hausaufgaben“ bekommen und am Montag und Dienstag bietet die Schule laut Speckner auch eine Notbetreuung. Der Schulleiter geht nicht davon aus, dass man ab 10. Januar wieder in die Normalität starten kann, sondern dass weiterhin Distanzunterricht angesagt ist.

Mebis nur sporadisch, dafür Microsoft Teams heißt es auch in der Mittelschule Auerbach. „Das läuft völlig problemlos“, versichert Schulleiter Ferdinand Höllerer. Die Schüler würden seit dem Lockdown am Mittwoch betreut und hätten laut den Vorgaben des Kultusministeriums Aufgaben bekommen. Heute und morgen könnten sie in Eigenverantwortung weiteres Lernmaterial bearbeiten. Wie sieht Höllerer die nahe Zukunft? „Wenn ich das wüsste. Ich wäre schon froh zu wissen, was in zwei Stunden oder am nächsten Tag passiert.“ Fast ganz genau so sieht es in der Realschule Auerbach aus, die ebenfalls nur zu einem kleinen Teil auf Mebis zurückgreift und den Löwenanteil des Unterrichts problemlos über Microsoft Teams bestreitet. Die Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen hätten bis Freitag verpflichtend Aufgaben erledigen müssen, den anderen sei es freigestellt worden. „Die meisten machen recht gut mit“, weiß die stellvertretende Schulleiterin Silke Karl. Es gebe aber natürlich auch Schüler, die es nicht so genau nähmen. Die Lehrer der Realschule seien bis morgen immer für ihre Schützlinge erreichbar, wenn sie Fragen oder Probleme hätten. Zudem habe man den Distanzunterricht für Kollegiums-Konferenzen und Videochats genutzt.

Auch im Pegnitzer Gymnasium gibt es keine Probleme mit Mebis: „Weil wir es nicht nutzen und auch nicht darauf angewiesen sind“, sagt Schulleiterin Annett Becker. Man habe eine schuleigene Cloud, die sehr stabil laufe und problemlos zum Beispiel Videokonferenzen erlaube. Auch hier haben die Kinder und Jugendlichen Übungsmaterial bekommen und manche Lehrer bieten für ihre Klassen Video-Chats an. „Das hilft, Lerninhalte zu vertiefen und den Kontakt zu den Lehrkräften aufrechtzuerhalten“, betont Becker.

Ebenso scheint das Programm bei den Schülern der Schule allmählich anzukommen. „Mit der Cloud gibt es kein Problem“, sagt Anne Bauer, die die zwölfte Klasse des Gymnasiums besucht. Nachdem Mebis bereits im Frühjahr mehrmals versagt hatte, habe sich die Schule ihren eigenen Service angeschafft. „Die Lehrer stellen ihre Arbeitsaufträge und Präsentationen online und wir mailen oder stellen unsere Lösungen dann auf das Portal.“ Die 17-Jährige glaubt nicht, dass sie durch das Corona-Schuljahr 2020/21 einen Nachteil gegenüber anderen Jahrgängen hat. „Wenn wir Fragen haben, dann können wir uns jederzeit an die Lehrer wenden.“

Bilder