Schloss: Arbeiten am Gebetserker beendet

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Die Kemenate, der älteste Gebäudeteil von Schloss Thurnau, ist um ein kulturhistorisches Schmuckstück reicher. Der einzigartige Gebetserker im zweiten Stockwerk wurde für viel Geld restauriert und statisch gesichert. "Ein hochwertiges Kulturdenkmal ist vor dem Verfall gerettet worden."

 
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So sagt es Restaurator Uwe Franke aus Veitlahm, der die seit drei Jahren andauernden Arbeiten leitet. Noch im Dezember sollen die letzten Handwerker fertig sein. "Dann haben wir wieder etwas Zeit gewonnen", sagt Franke. Die Gefahr nichtwiedergutzumachender Schäden sei gebannt, der Verfall vorerst gestoppt. In die Kemenate gelangt man über ausgetretene, steinerne Stufen einer Wendeltreppe, Schnecken genannt.

Wände tragen drei Farbdeckschichten

Der von einem Steinbildhauer geschaffene Erker besitzt im Inneren mindestens drei historisch wertvolle farbliche Fassungen. Wer die einstigen Wandmaler waren, ist unbekannt. Jedenfalls seien es professionelle Maler gewesen, sagt Franke. Noch immer sind Teile der Wände russgeschwärzt. Diplom-Restaurator Stefan Lochner reinigt sie vorsichtig mit Lösungsmitteln. "Vermutlich wurden ölige Temperafarben benutzt", sagt Lochner. "Die Farbe enthielt Kupferpigmente." Helle Abdrucke und Schleier lassen die ursprünglichen Motive durchschimmern. Über den Fenstern mit dem runden Glas wurden Wappen aufgemalt, darüber ein blauer Sternenhimmel. Der Familienwappen prangt über der Tür. Seit September ist der Wandmaler dabei, den Raum wieder auszumalen, wie er Ende des 19. Jahrhunderts ausgesehen hat.

Zeitzeugnis mit Bausubstanz bis zur Neuzeit

So ein umfangreiches Zeitzeugnis mit baulichen Zutaten aus der Renaissance-Zeit sei ganz selten, davon ist Franke überzeugt. Die Kemante, 1239 erstmals urkundlich erwähnt, sei ein spätmittelalterliches Bauwerk, das Bausubstanz aus dem 13. Jahrhundert bis in die Neuzeit aufweise. Von Denkmalpflegestudenten wurde der Bau bereits in der Abschlussarbeiten untersucht. Ihre Ergebnisse halfen den Restauratoren. Die Sanierung selbst sei nur dank der Hilfe der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und der Oberfrankenstiftung möglich gewesen, erläutert Franke. "Sonst wäre das nicht zu stemmen gewesen". Beide Zuschussgeber zahlten je zirka 150 000 Euro für die Restaurierung des Gebetserkers.

Ersatz für sonntäglichen Kirchgang

Ein historischer Bauteil, der bei künftigen Schlossführungen besichtigt werden könne, wie Kastellan Ralf Wirth erläutert. Um den Gebetserker erweitert worden sei das Zimmer von Barbara Gräfin  von Giech im Jahr 1581. Denn sie litt unter einer Gehbehinderung, die sie am sonntäglichen Kirchgang hinderte. Um den Erker anzubauen, sei ein Teil des Mauerwerks entfernt worden. Links und rechts davon ergaben sich später zwei Fensternischen. Den Erbauern sei jedoch ein kapitaler Baufehler passiert, schildert Wirth. "Die Last von vier Stockwerken musste von dem Erker aufgefangen werden. Man hat sich völlig verschätzt." Zudem setzten Regen und Feuchtigkeit dem Bauteil  zu. Daher wurden jetzt Eisenstützen eingezogen, die 90 Tonnen tragen können.

Fränkische Residenz

Die Adelsfamilie zog später um in das obere Schloss, als sie vom Freiherrn- in den Grafenstatus erhoben wurde. Das veränderte höfische Zeremoniell habe den repräsentativeren Anbau verlangt. "Das Schloss war eine der größten Anlagen in Franken und galt mit seinen 282 Räumen als Residenz", weiß Wirth zu berichten.

Die Grafen waren leidenschaftliche Sammler: Waffen, Rüstungen, Fayencen, chinesisches Porzellan und andere Kuriositäten gehörten zur gräflich Giech'schen Sammlung, so Wirth. In der Kemenate sei diese erstmals öffentlich gezeigt worden. Damit sei der Grundstein für eine museale Ausstellung gelegt worden. "Wir haben noch Inventarlisten, Beschreibungen und Gästebücher", sagt Wirth. "Unser Ziel ist es, die Exponate auf Dauer zurück ins Schloss zu holen." Eine Familienbibiliothek, die 28.000 Bände umfasst, sei ebenfalls noch erhalten. Einen kleinen Einblick in die Erbstücke soll eine Sonderausstellung im Töpfermuseum in diesem Frühjahr geben.

Die größte Aufgabe steht nämlich noch bevor: für die Kemenate und den Nordflügel ein dauerhaftes Nutzungskonzept zu finden.

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