Schlammschlacht bei den Bayreuth Tigers

Von
Klare Ansagen: Trainer Sergej Waßmiller bleibt seiner Linie auch in Zeiten seines Abschieds treu. Seinem geharnischten Brief folgte nun eine ebenso geharnischte Reaktion von Geschäftsführer Matthias Wendel. Foto: Peter Kolb Foto: red

Actio gleich Reactio: Das dritte Newtonsche Gesetz gilt offensichtlich auch bei Unstimmigkeiten im Bayreuther Eishockey. Wenn – wie hier – aber Alphatiere aufeinanderprallen, dann wird aus einem Disput schnell eine Schlammschlacht. Der ersten öffentlichen Wortmeldung vom scheidenden Tigers Trainer Sergej Waßmiller seit dem Abstieg aus der DEL2 mittels offenem Brief folgte eine Stellungnahme von Matthias Wendel, dem Geschäftsführer der Spielbetriebs GmbH. Ebenfalls in einem offenen Brief, veröffentlicht auf der Tigers-Homepage, nimmt Wendel nicht nur Stellung, sondern übt selbst teils harsche Kritik an Waßmiller und Dietmar Habnitt, dem sportlichen Leiter.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Dabei räumt er selbst auch Fehler ein, wobei dieses Eingeständnis aber nicht viel mehr als eine weitere Breitseite gegen die ehemals sportlich Verantwortlichen ist. So sagt Matthias Wendel, sein größter Fehler sei gewesen, die Zusammenarbeit mit Waßmiller nicht sofort beendet zu haben, nachdem sich bei einer Krisensitzung zwischen Mannschaft und Geschäftsführung herauskristallisiert habe, dass das Verhältnis Trainer-Mannschaft „ein einziger Offenbarungseid“ gewesen sei.

Damals hätten nicht nur finanzielle Überlegungen den Ausschlag dafür gegeben, an Waßmiller festzuhalten. Auch Dietmar Habnitt habe angedroht, seine Tätigkeit bei einer Trainer-Entlassung sofort zu beenden. Und noch einen Grund führt Matthias Wendel für sein retrospektiv falsche Entscheidung ins Feld: ein schwer zu kontrollierender Nebenkriegsschauplatz in der entscheidenden Saisonphase. „Genau das, was jetzt eintritt, in Bezug auf unhaltbare Behauptungen, wäre dann während der Playdowns öffentlich diskutiert worden.“

Ein weiterer Fehler sei gewesen, eingegriffen zu haben, als es um die Personalie Sebastian Mayer ging. Wendel schreibt, Waßmiller habe sich gegen die Weiterverpflichtung des Eigengewächses ausgesprochen, die Geschäftsführung habe Mayer aufgrund seiner Verdienste um das Bayreuther Eishockey die Stange gehalten.

„Den Vorwurf des Trainers, dass man sich das Gehalt für Sebastian Mayer für einen anderen Spieler hätte sparen können, muss ich mir gefallen lassen“, schreibt der Tigers-Geschäftsführer und versichert, dass die von der Geschäftsführung gewünschte Weiterverpflichtung von Marcus Marsall und Christopher Kasten alleine am Veto der sportlichen Leitung gescheitert sei.

Waßmiller stellt das komplett anders dar, ebenso wie sein Verhältnis zur Mannschaft. Gegenüber dem Kurier hatten auch Kapitän Jozef Potac, Sebastian Mayer und Dietmar Habnitt die Wahrnehmung des Trainers bezüglich des Verhältnisses zum Team bestätigt.

Warum veröffentlicht Waßmiller auf der EHC-Homepage?

Bemerkenswert ist zweifelsohne die Plattform, die Sergej Waßmiller für seine Stellungnahme nutzt. Veröffentlicht ist diese nämlich auf der Homepage des EHC Bayreuth, dem Stammverein der GmbH. Dass der EHC Sergej Waßmiller diese Plattform geboten hat, obwohl der langjährige Trainer doch Angestellter der Tigers-GmbH war und zumindest in der zurückliegenden Saison offiziell keinerlei Beziehungen zum EHC unterhielt, begründet Vorsitzende Christiane Colditz mit der langen Verbundenheit zu dem Coach. „Wir sind ein langes Stück des Weges miteinander gegangen.“ Außerdem habe man dem Wunsch Waßmillers gerne entsprochen, „weil wir der Meinung sind, dass der Abschied von Herrn Waßmiller nicht so richtig in Ordnung war. Das hätte man standesgemäßer machen müssen“.

Den Vorwurf, die EHC-Verantwortlichen gössen damit ganz bewusst Öl ins Feuer des ohnehin hoch belasteten Verhältnisses zwischen GmbH und Stammverein, weist Christiane Colditz zurück. Vielmehr habe Sergej Waßmiller in seiner Stellungnahme „mit einigen komischen Sachen aufgeräumt“. Nun seien wenigstens ein paar Dinge ins rechte Licht gerückt worden – „in Bezug auf unsere Nachwuchsspieler, in Bezug auf die Situation im Stadion, etcetera“.

In der Tat macht Sergej Waßmiller in seiner Stellungnahme unter anderem „das rigorose Verbot der Geschäftsführung“ bezüglich einer Zusammenarbeit mit dem Stammverein für die sportliche Misere in der abgelaufenen Saison mitverantwortlich. „Vielen langjährigen Spielern“ sei es untersagt worden, ihre Trainertätigkeit oder andere Funktionen beim EHC fortzuführen. „Auch dass Nachwuchsspieler nicht einmal in der größten Personalmisere bei Verletzungen im Trainingsbetrieb aushelfen durften, war seltsam, denn mit zehn einsatzfähigen Spielern ist kaum ein sinnvolles Training auf diesem Niveau möglich, aber begründet wurde uns das gegenüber nie“, schreibt Waßmiller. In diesem Punkt bleibt Wendel auch in seiner Stellungnahme eine Erklärung schuldig.

Waßmiller: "Gestandene Spieler wurden in der Jugendherberge untergebracht."

Eine klare Position nimmt der Tigers-Geschäftsführer aber zu Waßmillers Vorwurf ein, dass „gestandene Spieler wegen fehlender Unterkünfte zeitweise in der Jugendherberge untergebracht waren, bzw. andere zum Saisonende hin bei Teamkollegen auf der Couch schlafen mussten.“ Wendel sagt dazu: „Dass Spieler-Wohnungen teilweise erst Ende der Festspiele zur Verfügung stehen und einige Spieler im August vier Wochen im Studentenwohnheim untergebracht werden, wird seit Jahren praktiziert. Der Vorschlag dieser Handhabung kam vom Sportlichen Leiter.“

Ein weiterer Vorwurf des Trainers an die Adresse der Geschäftsführung betrifft die Kader-Zusammenstellung. Matthias und seine Frau Margrit Wendel, bis Ende April noch Mit-Geschäftsführerin, hätten hier „direkt und massiv“ Einfluss genommen. Waßmiller nennt als Beispiel den nachverpflichteten Torhüter Martins Raitums. Der sei von der sportlichen Leitung nur als zeitlich begrenzte Zwischenlösung durch die Verletzung von Vosvrda vorgesehen gewesen, „denn bei seiner Vertragsverlängerung hatten wir eher eine dauerhafte Rückkehr der keinesfalls teureren Feldspieler Kuchejda oder Kolupaylo erhofft, was aber über uns hinweg anders entschieden wurde.“ Matthias Wendel kontert: Alleine Dietmar Habnitt habe auf der Weiterverpflichtung von Raitums bestanden.

Wendel: Kritik an Reglementierung der Schlägertapes ist "Blödsinn"

Gar als „Blödsinn“ bezeichnet Wendel die Kritik des Trainers, dass Schlägertapes reglementiert worden seien und zum Saisonende keine Pucks mehr vorhanden waren. Nach Ende der Saison seien 100 überzählige neue Pucks an den Ausrüster zurückgegeben worden. „Eine Überwachung der Materialausgabe erfolgte deswegen, da in den vergangen Jahren die erste Herrenmannschaft der Tigers den absolut höchsten Bedarf in der Liga hatte.“

Wendel ist weit davon entfernt, die Meriten Waßmillers in Abrede zu stellen. Er macht dem Trainer allerdings den grundsätzlichen Vorwurf, dass dessen offener Brief keinen einzigen Satz der Mitverantwortung oder Selbstkritik enthalte. Wendel versichert abschließend, dass er aus der Situation gelernt habe und gewillt sei, einen Neuanfang zu starten.

Autor

Bilder