Schaurig-schön Hexenjagd in Pottenstein

Von Rosi Thiem
Thomas Büttner (rechts) inszenierte die Hexenjagd. Mit auf dem Foto sein „ehelicher Sohn“ Görch und Hexe Anna am Pranger. ⋌Foto: Rosi Thiem Quelle: Unbekannt

POTTENSTEIN. Langsam wurde es dunkel über Pottenstein. Eine zufällig vorüberfliegende Krähe kreischte über dem Abendhimmel, passend zur beginnenden Hexenjagd. Circa 40 Teilnehmer hatten sich an diesem Abend getroffen. Der Schmied von Pottenstein – gespielt von Thomas Büttner – suchte mit den Versammelten und seinem „ehelichen“ Sohn Görch – gemimt von Marco König aus Wendelstein – die Hexe, die für alle Geschehnisse in der Felsenstadt verantwortlich sein sollte.

 
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Man schrieb das Jahr 1738. „Das schlimme Hochwasser 1718 und das verheerende Feuer vor etwa zwei Jahren ist allein der Hexe Anna zuzuschreiben“, klagte der Schmied an. „Es gibt ein halbes Dutzend Zeugen, die beobachtet haben wollen, wie die Hexe mit dem schwarzen Pulver magische Praktiken vollzogen habe. Schwarze Magie ist im Spiel“, rief er bedrohlich, inzwischen mit der Gruppe bei seinem Geburtshaus angelangt. Dort trafen sie auf Anna, gespielt von Antje Güllner aus Mistelgau, die für alle Unglücke als Hexe angeprangert wurde.

Hexe für alles

Du hast oben am großen Westtor Feuer gelegt und dich anschließend in eine Katze verwandelt“, urteilte der Schmied. Die Hexe wurde gefangen genommen und anklagend durch verschiedene historische Stationen, wie das alte Brauhaus in stockdunkler Nacht, gezogen. Alle Gäste folgten gespannt, was nun so nach und nach ans Licht kam. „Schau ihr nicht in die Augen – ihr Blick könnte euch treffen“, warnte Büttner die neugierigen Menschen, die sich um die Hexe reihten. Eine Familie aus dem Hummeltal war begeistert und schon das zweite Mal bei einer Führung in Pottenstein dabei: „Wir haben schon die Nachtwächterführung mitgemacht und sind auch heute wieder gerne dabei“, erzählten sie und lauschten vor dem Bürgerhaus, was es der Hexe vorzuwerfen gab.

Erstaunliche Wende

Erstaunlich wendete sich das Blatt zum Ende der Premierenveranstaltung. Die Hexe kam frei und Thomas Büttner stellte die Frage: „Sind es immer nur die anderen? Es liegt an uns, uns mal andere Gedanken zu machen. Meine Zukunft bestimme ich mit meinen Gedanken“, mahnte der Schmied am Ende der schaurig-schönen Aufführung unter Applaus.

24. Oktober Wiederholung

Bei der Auftaktveranstaltung, die am 24. Oktober wiederholt wird, erwartete den Gästen am Ende noch eine kleine geschichtliche Einführung in das Leben des 18. Jahrhunderts durch den Fränkische Schweiz-Museumsleiter Jens Kraus. „Wenn man damals an den Pranger gestellt wurde, war man gesellschaftlich fertig. Man konnte nicht mehr heiraten und der Ruf war kaputt“, schilderte er. Dann erfuhren die interessierten Teilnehmer, dass damals nicht aus Liebe, sondern in gleichen Schichten geheiratet wurde und was es mit Kindsmorden, Mägdeleben und dem Wandel von Galgen und Scheiterhaufen bis hin zum Zuchthaus auf sich hatte.

Tüchersfeld Ausland

Das benachbarte Tüchersfeld war damals Ausland, da es auf dem Gebiet von Trockau lag, während Pottenstein zum Hochstift Bamberg gehörte. „Diese Veranstaltung ist eine andere Art der Vermittlungsarbeit“, erklärte Kraus und meinte, über diese Führungen lasse sich spielerisch Geschichte transportieren. „Wenn die Menschen nach der Veranstaltung zu Hause darüber diskutieren, ist das Ziel erreicht“, war er sich mit Büttner einig.

Mehr Einzelbesucher

Thomas Büttner, der auch ganzjährig wechselnde Themen wie Fledermaus-, Stadtherold- und Scharfrichterführungen anbietet, zeigte sich zufrieden – auch in Coronazeiten. „Die Busgruppen fehlen heuer leider, doch es sind mehr Einzelpersonen hier.“ Die Saison läuft von Ostern bis Allerheiligen und auch in den Weihnachtsferien gibt es Sonderveranstaltungen. Das Drehbuch dazu schreibt Büttner selbst. Dafür brauchte er zwei Monate Vorlaufzeit.

Geschichte vermitteln

2021 ist die Hexenjagd fester Bestandteil seiner thematischen Führungen. Sein Ziel ist es, die Gäste der Führungen spielerisch Geschichte zu vermitteln und diese zum Nachdenken zu animieren. Die Touren finden auch weiterhin bei jedem Wetter statt. Ein Drittel der Teilnehmer, so zeigte er auf, seien Einheimische, ein weiteres Drittel Urlaubsgäste und die restlichen Gäste kämen aus der Umgebung.

Eine runde Sache

Für Thomas Bernard, dem Leiter der Touristinfo Pottenstein, sind die Führungen eine runde Sache: „Thomas Büttner bereichert das touristische Angebot auf eine kurzweilige und theatralische Weise. Er lässt die Geschichte unseres Felsenstädtchens für alle lebendig werden“, lobte er. „Begeisterte Gäste geben uns Rückmeldung und meinen, sie hätten nicht gewusst, was Pottenstein alles zu erzählen hat. Da kann ich nur sagen Kompliment und weiter so.“

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