Russland-Affäre Demokraten machen nach Mueller-Bericht Druck auf Trump

Lange wartete ganz Amerika ungeduldig auf den Abschlussbericht von Sonderermittler Mueller zur Russland-Affäre. Nun ist er da - und wird von Getreuen und Gegnern des Präsidenten komplett unterschiedlich interpretiert. Die Demokraten lassen nicht locker. Im Gegenteil.

 
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Washington - Nach der Veröffentlichung des Berichts von Sonderermittler Robert Mueller zur Russland-Affäre wollen die Demokraten die Untersuchungen gegen US-Präsident Donald Trump im Kongress weitertreiben.

Der demokratische Vorsitzende des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, Jerry Nadler, forderte am Freitag unter Strafandrohung bis zum 1. Mai den gesamten Mueller-Bericht ohne Schwärzungen an. Das Gremium will auch Mueller so schnell wie möglich anhören. Führende Demokraten mahnten, Trump müsse für seine Handlungen zur Verantwortung gezogen werden. Der Präsident kritisierte den Mueller-Bericht am Freitag dagegen scharf und beklagte, manche Aussagen darin seien "kompletter Schwachsinn".

Mueller hatte fast zwei Jahre lang zwei große Fragenkomplexe untersucht: ob Trumps Team geheime Absprachen mit Vertretern Russlands getroffen hat und ob Trump die Justiz behinderte. Hintergrund ist die mutmaßliche Einmischung Moskaus in den US-Präsidentschaftswahlkampf 2016. Trump hatte die Ermittlungen immer wieder als "Hexenjagd" bezeichnet.

Aus dem mehr als 400-seitigen und in Teilen geschwärzten Abschlussbericht Muellers, der am Donnerstag veröffentlicht wurde, geht hervor, dass Trump die Russland-Ermittlungen zu Beginn als ernste Bedrohung seiner Präsidentschaft sah. Als Reaktion auf den Start der Ermittlungen im Frühjahr 2017 soll Trump nach dem Bericht in einer internen Runde gesagt haben: "Oh mein Gott. Das ist furchtbar. Das ist das Ende meiner Präsidentschaft. Ich bin erledigt." Der Präsident sorgte sich demnach um seine Handlungsfähigkeit in der Regierung während der laufenden Untersuchungen.

GEHEIMABSPRACHEN MIT RUSSLAND

Mueller identifizierte "zahlreiche" Kontakte zwischen Trumps Wahlkampflager und Vertretern Russlands in den Monaten vor und nach der Wahl. Darunter waren demnach Geschäftskontakte, Treffen politischer Natur und eine Begegnung, bei der es darum ging, kompromittierendes Material über Trumps demokratische Konkurrentin Hillary Clinton zu bekommen. Aber die Beweise reichten nicht für den Nachweis einer Straftat aus.

BEHINDERUNG DER JUSTIZ

Muellers Team listet diverse Einflussversuche Trumps mit Blick auf die Russland-Untersuchungen auf. So habe er sich zum Beispiel nach Muellers Ernennung mehrfach und auf verschiedenen Wegen bemüht, dessen Abzug zu erzwingen. "Die Versuche des Präsidenten, die Ermittlungen zu beeinflussen, waren überwiegend erfolglos, vor allem weil Personen aus dem Umfeld des Präsidenten sich weigerten, Anweisungen auszuführen oder seinen Aufforderungen zu folgen", resümierte Muellers Team. Die Ermittler kommen zu keinem eindeutigen Schluss, ob Trumps Einflussversuche eine Behinderung der Justiz darstellen. Sie betonen aber: "Während dieser Bericht nicht zu dem Schluss kommt, dass der Präsident eine Straftat begangen hat, entlastet er ihn auch nicht."

Die Demokraten sehen in Muellers Bericht jede Menge belastendes Material gegen den Präsidenten. Der Report beinhalte beunruhigende Belege für eine Justizbehinderung und anderes Fehlverhalten Trumps, sagte Justizausschusschef Nadler. "Es liegt jetzt in der Verantwortung des Kongresses, den Präsidenten für seine Handlungen zur Verantwortung zu ziehen." Am Freitag forderte Nadler bis zum 1. Mai offiziell vom Justizministerium den gesamten und ungeschwärzten Mueller-Bericht an - sowie die zugrundeliegenden Erkenntnisse.

US-Justizminister William Barr hatte am Donnerstag angekündigt, eine begrenzte Gruppe von Kongressmitgliedern solle die Möglichkeit bekommen, den Bericht weitgehend ohne Schwärzungen zu lesen - bis auf bestimmte Gerichtsinformationen, die vertraulich bleiben müssten. Das reicht den Demokraten, die seit Jahresbeginn die Mehrheit im Repräsentantenhaus haben, aber nicht. Sie kritisieren Barrs Umgang mit dem Mueller-Bericht und werfen ihm vor, sich eher wie Trumps persönlicher Anwalt zu verhalten denn wie der Justizminister der USA.

Barr hatte Trumps Vorgehen in der Russland-Affäre vehement verteidigt und war - anders als Mueller in seinem Bericht - zu dem Schluss gekommen, dass dem Präsidenten keine Justizbehinderung vorzuwerfen sei. Das Weiße Haus sei insgesamt hochkooperativ bei den Ermittlungen gewesen und habe auch keinerlei Schwärzungen des Berichts veranlasst. Dem Präsidenten könnten keine unlauteren Motive unterstellt werden.

Die Demokraten hielten dagegen, Barr stelle die Ermittlungsergebnisse grob irreführend dar. Der demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Adam Schiff, sagte, egal ob Trumps Behinderung der Justiz kriminell gewesen sei oder nicht, die Handlungen des Präsidenten seien ohne Frage "unehrlich, unethisch, unmoralisch und unpatriotisch - und sollten von allen Amerikanern verurteilt werden".

Trump gab sich nach der Veröffentlichung des Berichts selbstbewusst und präsentierte sich als triumphaler Sieger. Auf Twitter schrieb er: "Ich hatte das Recht, die ganze Hexenjagd zu beenden, wenn ich es gewollt hätte. Ich hätte alle feuern können, darunter Mueller, wenn ich es gewollt hätte. Ich habe mich entschieden, es nicht zu tun."

Zugleich kritisierte Trump den Bericht scharf und tat viele Aussagen darin als unwahr ab. In dem "verrückten Mueller-Bericht" würden zum Teil Aussagen über ihn getroffen, die "fabriziert und total falsch" seien, schrieb Trump in einem weiteren Tweet. Manche Aussagen seien "kompletter Schwachsinn" und hätten nur zum Ziel, die andere Person gut aussehen zu lassen - oder ihn selbst schlecht. Trump bezeichnete die gesamte Untersuchung erneut als illegalen Schwindel, der nie hätte passieren dürfen. Auch andere Republikaner mahnten am Freitag, die Debatte müsse nun enden. Die Amerikaner hätten genug davon.

Trump selbst hatte Muellers Fragen nur schriftlich beantwortet. Der Sonderermittler wertete die Antworten des Präsidenten als unzureichend. Man habe sich aber dagegen entschieden, Trump unter Strafandrohung zu einer mündlichen Aussage zu zwingen, weil das wohl einen langen Rechtsstreit bedeutet hätte.

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