Barley dämpft Hoffnungen
Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley (SPD), hat Erwartungen an einen raschen Beitritt der kriegsgebeutelten Ukraine zur Europäischen Union gedämpft. "Schon, dass die Ukraine so schnell Kandidatenstatus bekommen hat, das war ein ganz außergewöhnlicher Vorgang", sagte Barley am Freitagabend in den ARD-"Tagesthemen". Das Land müsse die gleichen Bedingungen wie alle anderen Beitrittskandidaten erfüllen. Dazu zählten politische, wirtschaftliche und rechtliche Kriterien. "Alle drei Felder sind noch lange nicht erfüllt."
Es sei auch nicht möglich, ein Land vorschnell aus besonderen Motiven aufzunehmen, betonte Barley. "Ich halte das wirklich für ausgeschlossen". Es sei daher "ganz wichtig, dass man realistisch zu den Ukrainerinnen und Ukrainern ist."
Mit dem Kandidatenstatus seien aber auch schon Vorteile verbunden, gerade finanzielle Unterstützung. Das Land sei mitten im Krieg, da sei es nicht zu erwarten, dass Fortschritte bei den Beitrittskriterien besonders schnell erzielt würden, betonte Barley. "Wir unterstützen die Ukraine bei diesen Schritten, das ist ganz wichtig, wir werden immer an ihrer Seite sein." Und auch die EU selbst müsse sich reformieren, etwa mit Blick auf bisher notwendige einstimmige Entscheidungen, sagte Barley. "Die EU ist in ihrem derzeitigen Zustand auch nicht aufnahmereif."
Russische Aggression "Selbstmord" für Moskau
Die Ukraine werde alles dafür tun, dass die russische Aggression zu einem "Selbstmord" werde für Moskau. So habe auch die EU nun seinen Plan für einen Frieden in der Ukraine begrüßt. Kern von Selenskyjs Plan ist der Rückzug russischer Truppen, bevor Verhandlungen beginnen. Russland, das fast 20 Prozent des Gebiets der Ukraine kontrolliert, lehnt dieses Ansinnen als absurd ab.
Selenskyj berichtete auch über den Besuch des polnischen Verteidigungsministers Kollege Mariusz Blaszczak. Innerhalb der westlichen Panzer-Koalition werde alles dafür getan, dass die Ukraine so schnell wie möglich moderne schwere Waffen bekomme. Die Panzer sollen dem Land nicht nur helfen, den russischen Vormarsch zu stoppen, sondern auch die Eroberung besetzter Gebiete rückgängig zu machen. Selenskyj räumte ein, dass angesichts massiver russischer Angriffe die Lage im Donbass im Osten der Ukraine schwierig sei.
EU will Preis für russische Dieselexporte begrenzen
Die EU will gemeinsam mit internationalen Partnern Russland dazu zwingen, Erdölprodukte wie Diesel künftig unter Marktpreis an Abnehmer in anderen Staaten zu verkaufen. Eine am Freitag von Regierungsvertretern erzielte Absprache sieht eine Preisobergrenze von vorerst 100 US-Dollar pro Barrel (159 Liter) vor, wie mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel bestätigten. Umgerechnet sind das derzeit rund 91 Euro. Zum Vergleich: An internationalen Börsen wurde ein Barrel Diesel zur Lieferung nach Europa zuletzt zu Preisen von umgerechnet etwa 100 bis 120 Euro gehandelt. Mit dem Export von Erdölprodukten macht Russland Milliardengeschäfte, das Geld kann Moskau zur Kriegsfinanzierung nutzen.
Ukrainischer Botschafter begrüßt Genehmigung für Leopard-1-Panzer
Die Ukraine wird voraussichtlich deutlich mehr deutsche Leopard-Kampfpanzer erhalten als bisher erwartet. Nach der Zusage von 14 Leopard 2 der Bundeswehr gab die Bundesregierung am Freitag auch für den Export von Panzern des älteren Typs Leopard 1 aus Industriebeständen grünes Licht. Die Stückzahl blieb zunächst offen. Es werde nun "insbesondere Sache der Unternehmen sein, herauszufinden, was denn real praktisch lieferbar ist", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev begrüßte die Ankündigung. "Nach der historischen Entscheidung der letzten Woche zu den Leopard 2 ist es ein wichtiges Zeichen, dass die Panzerkoalition von den westlichen Partnern nicht nur gebildet wurde, sondern zunimmt und stärker wird", sagte Makeiev der Deutschen Presse-Agentur. Der ukrainische Vize-Außenminister Andrij Melnyk kritisierte, die Exportgenehmigung hätte viel früher kommen können. Das Düsseldorfer Unternehmen Rheinmetall habe bereits im April vergangenen Jahres angeboten, 88 Leopard 1A5 in die Ukraine zu liefern, sagte der frühere ukrainische Botschafter der Deutschen Presse-Agentur.
Der Leopard 1 ist der erste Kampfpanzer, der für die Bundeswehr nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurde. Er wurde zwischen Mitte der 60er und Mitte der 80er Jahre produziert. Die in der vergangenen Woche zugesagten 14 Leopard-2-Panzer sind deutlich moderner.
Einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge wollen Rheinmetall und die Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft (FFG) Dutzende Panzer vom Typ Leopard 1 für den Export in die Ukraine aufbereiten. Dem Bericht zufolge gibt es bisher jedoch Probleme bei der Beschaffung von Munition.
Neue Hilfszusagen aus Washington
Als wichtigster Verbündeter der Ukraine gelten die USA. Aus Washington kamen am Freitag neue Zusagen. Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Pat Ryder, kündigte ein neues Paket im Umfang von rund 2,2 Milliarden US-Dollar (rund 2 Milliarden Euro) für Kiew an. Damit haben die USA der Ukraine nach Angaben des Pentagons seit Beginn des russischen Angriffskriegs Ende Februar militärische Hilfe im Umfang von rund 29,3 Milliarden US-Dollar bereitgestellt oder zugesagt. Darin enthalten seien vor allem weiteres Gerät zur Luft- und Panzerabwehr sowie Artilleriemunition und Raketen verschiedener Reichweite für die von den USA gelieferten Mehrfachraketenwerfer des Typs Himars. Das Paket umfasse außerdem weitere gepanzerte Infanteriefahrzeuge.
US-Regierung weitet Sanktionen gegen iranischen Drohnenhersteller aus
Die US-Regierung hat ihre Sanktionen gegen den Iran wegen seiner Unterstützung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ausgeweitet. Konkret richten sich die neuen Maßnahmen gegen acht Individuen in der Führungsetage des Unternehmens Paravar Pars, das die Drohnen vom Typ Schahed für das iranische Militär herstelle, die auch an Russland geliefert würden, hieß es am Freitag in einer Mitteilung des US-Finanzministeriums. Moskau setze die unbemannten Luftfahrzeuge für Angriffe auf kritische Infrastruktur in der Ukraine ein.
Auch ein zum Marineschiff umfunktionierter Öltanker, von dem aus Drohnen gestartet werden könnten, sowie eine Marinefregatte seien von den Sanktionen betroffen, hieß es weiter. Die beiden iranischen Schiffe befänden sich derzeit auf einer Fahrt außer Landes.