Rentnermord: Mutmaßliche Täter in Haft

Von , Sophie Scholl und Sina Rees
 Foto: red

„Ich bin BT! Das sagt wohl alles.“ So hat es T. (36) auf seinem Facebook-Profil geschrieben. Inzwischen sitzt er in Untersuchungshaft. Er soll mit seinem Komplizen S. (34) im April vergangenen Jahres den damals 88-jährigen Friedrich Kuhn in der Innstraße in Bayreuth ermordet haben. Überführt wurden die beiden Festgenommenen durch DNA-Spuren. Ob „Ich bin BT“ Bayreuth meint – oder seinen Fußballverein?

 
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Denn T. ist ein kräftig gebauter Fußballspieler. Früher soll er laut einem Nachbarn im Tor gestanden haben, dann war er Verteidiger. Und einer, der zumindest wegen eines Gewaltausbruchs 2014 bekannt war. Nur 80 Minuten lang ging es fair zu in einem  Freundschaftsspiel der Bezirksliga in Schwaben. Dann brannten dem wuchtigen Verteidiger die Sicherungen durch. Ohne Vorwarnung streckte er mit der flachen Hand während einer Spielunterbrechung einen Gegenspieler nieder, dass er vor Schmerzen auf dem Rasen liegen blieb. Rote Karte. Spielabbruch.

Seiner Familie und Freunden spielte T. den treusorgenden Familienvater vor. Liebevoll posiert er im Internet mit seinen beiden Kindern. „Superdaddy“ heißt es dort. Er ist verlobt, spricht Türkisch und lebt in der Nähe von Augsburg.

Der wuchtige Mann, in Facebook nennen sie ihn nach dem Actionheld „Vin Diesel“, wird jetzt beschuldigt, zusammen mit S., der sich als Wasserwerker ausgab, im Juni in das Haus des Bayreuther Rentners eingedrungen zu sein und ihn ermordet zu haben. Den beiden drohen wegen Mordes und schwerem Raub eine lebenslange Freiheitsstrafe. Über den zweiten Täter ist wenig bekannt, er sitzt schon länger in Untersuchungshaft in Bayreuth. Auf T.s Facebook-Profil ist zu lesen: „Wenn i weg bin, bin i weg.“

1000 Spuren gesichert

Die Ermittlungen seien „akribisch“ gewesen, so die gemeinsame Pressemitteilung des Polizeipräsidiums in Oberfranken und der Staatsanwaltschaft. Nach einem anonymen Notruf aus Crailsheim am Abend des 12. April vergangenen Jahres hatten Polizisten den 88-jährigen Hausbesitzer mit schwersten Verletzungen und nicht mehr ansprechbar in seinem Anwesen in der Innstraße in Bayreuth auf. Zwei Tage später starb der Mann in einem Krankenhaus.

Zahlreiche Ermittlungsbeamte verschiedener oberfränkischer Dienststellen arbeiteten in der Folgezeit mit Hochdruck in der rund dreißigköpfigen Soko „Inn“ an der Aufklärung des Raubmordes. Am Tatort sicherten die Beamten etwa 1000 Spuren, darunter auch genetische Fingerabdrücke. Insgesamt führten die Beamten der Soko rund 680 Vernehmungen durch, es gab viele Hausdurchsuchungen.

Des Weiteren waren auch das Bayerische Landeskriminalamt und das Bundeskriminalamt bei der Tatortarbeit und die Bayerische Bereitschaftspolizei mit Spezialgerät bei Durchsuchungen mit eingebunden. Auch externe Sachverständige sowie Dolmetscher leisteten wertvolle Arbeit. Zwischenzeitlich hatte es auch einen Beitrag in Aktenzeichen XY gegeben – und eine Belohnung von 10.000 Euro wurde ausgesetzt. Trotz dieser Maßnahmen blieb der mögliche Täter unentdeckt.

Aufgrund der Erkenntnisse richtete sich der Fokus der Kripobeamten verstärkt auf einen tatverdächtigen Mann aus Schwaben. Es gelang den Kriminalbeamten, in langwieriger und intensiver Kleinarbeit, nicht nur die Tage rund um das Gewaltverbrechen, sondern weitere Zeiträume und das Umfeld des Tatverdächtigen, zu rekonstruieren. Dabei erhielten sie auch Unterstützung von verschiedenen Kriminaldienststellen in Augsburg.

Schlinge zog sich zu

Mitte Juni zog sich dann die Schlinge um den Tatverdächtigen zu. Mit Sondereinsatzkräften der Kriminalpolizeiinspektion mit Zentralaufgaben in Augsburg (KPI/Z) nahmen die Kripobeamten den mutmaßlichen Raubmörder in seiner Heimatstadt Königsbronn fest.

Da die Kripobeamten den Lebenswandel des Beschuldigten durchleuchtet hatten, wussten sie, dass der 35-Jährige des Öfteren mit einem Bekannten unterwegs gewesen war. Dabei geriet der zur Tatzeit 34 Jahre alte Mann intensiver in den Fokus der Ermittler.

Die weiteren Ermittlungen ergaben, dass der 34-Jährige offenbar in Mannheim untergetaucht war. Anfang August überraschten Einsatzkräfte aus Oberfranken und Mannheim ihn und weitere Personen bei der Durchsuchung einer Wohnung. Da gegen den Mann aufgrund anderer Straftaten bereits Haftbefehle bestanden, wurden diese sogleich vollzogen und der 34-Jährige in die nächste Justizvollzugsanstalt eingeliefert.

„Die Beschuldigten sind wegen verschiedener, teils auch schwerer Straftaten, bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten. Die Erkenntnisse der Bayreuther Kripobeamten lieferten zahlreiche Ermittlungsansätze zur Aufklärung weiterer Straftaten, die beiden Männer zur Last gelegt werden“, heißt es in der Presse-Erklärung des Präsidiums.

Prozessbeginn für Mai geplant

Der Prozess soll im Mai beginnen. T.s Anwalt Stephan Lucas rechnet mit ein „paar Dutzend“ Tagen. „Bei der Beweislage läuft es auf einen Indizien-Prozess hinaus“, sagt er. Denn einen Augenzeugen gebe es nicht.

T. sagt, er sei nicht mal in Tatortnähe gewesen, sondern in Mannheim. Eine Frage ist, wer den Notruf abgesetzt hat und auf den schwerverletzten alten Mann hingewiesen hat. Lucas: „Mein Mandant war es nicht.“ Deshalb werde er eine „Freispruchlinie“ fahren.

Allerdings gibt „mehrere“ DNA-Spuren. Es handele sich bis auf eine um sogenannte Mischspuren. Die seien wenig wert.
 Aber es gebe auch eine einzige echte DNA-Spur, die durch direkten Kontakt zustande kommen kann. „Aber eine solche Spur kann nicht belegen, dass er am Tatort war. Das kann durch zig Möglichkeiten an die Mandanten herangekommen sein“, sagt Lucas.

Das sei dann möglich, wenn er z.B. dem echten Täter irgendwann einmal begegnet ist. Ob er die Stimme auf dem Tonband war? Die Stimme ist verzerrt und verstellt. Der Antrag auf ein Gutachten hat die Verteidigung schon vor Monaten gestellt. „Ein klares Ergebnis liegt noch nicht vor.“

Die Ermittlungen sind in 20 Leitz-Ordnern zusammengefasst. „Das ist viel für einen Mordprozess“, sagt Lucas.

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