Dabei war es der Mensch selbst, der sein vorzeitiges Ende besiegelte. Er ordnete die Landschaft und unterwarf sie seinen Bedürfnissen. Stattlicher Eichen- und Buchenwald wurde großflächig abgeholzt. Auf verschwindende zwei Prozent Landesfläche schrumpfte der Bestand. Flugsand übernahm die Regie.
So wandert der riesige Sandkasten namens Rubjerg Knude Jahr für Jahr unaufhaltsam ein paar Meter weiter und wälzt sich über Salzwiesen, Hagebutten und leuchtenden Sanddorn. Aber die Jütländer wären eben nicht Jütländer, wenn sie nicht versuchen würden, pragmatisch im Hier und Jetzt das Beste aus der Vergangenheit zu machen. Und dies mit nordischer Beharrlichkeit. Wälder werden wieder angepflanzt, regenerative Energien gefördert oder das Himmerländer Hochmoor renaturiert. Oder eben ein ganzer Leuchtturm versetzt.
An der letzten Grenze Mitteleuropas
Es ist schon ein ganz eigener Menschenschlag da oben an der letzten Grenze Mitteleuropas. Der überstrapazierte Begriff „hyggelig“ beschreibt die Mentalität der Nordjütländer aber nicht wirklich. Das alltägliche Leben auf dem flachen, windgepeitschten Land ist oftmals alles andere als urgemütlich. Gerade in der nasskalten dunklen Jahreszeit, wenn das Tagwerk vollbracht werden muss. Das alles war zu den kargen Zeiten, als Rubjerg Knude Fyr Stein auf Stein gemauert wurde, noch weit herausfordernder als heute.
Mit berührender Einfühlsamkeit nimmt der im nordjütländischen Farsø geborene Schriftsteller Johannes V. Jensen (1873–1950) die archaischen Verhältnisse seiner Heimat im 19. Jahrhundert in den Blick. Seine Protagonisten sind oft „groß gewachsene, bedächtige Leute“. Gradlinig porträtiert der Literaturnobelpreisträger Hoferben, Mägde, Landsknechte. Menschen, die mit der „hilfreichen Beschränktheit des Horizonts“ ihren Platz in der bäuerlichen Dorfgesellschaft finden. Menschen, die ausbrechen oder es versuchen. Die von Kopenhagen träumen. Nachbarn, die gehen und nie wieder gesehen werden.
Steilküste von besonderer Schroffheit
Nein, Jensens Nordjütland ist alles, nur nicht hyggelig. Es katapultiert den Leser in längst vergangene Tage, bereitet Gänsehaut, lässt ihn nicht mehr los und gleichzeitig aufatmen, dass die Welt heute mit all ihren Absicherungen eine andere zu sein scheint. Und trotzdem beschleicht einen das ungute Gefühl, dass die Erzählungen viel zeitloser sein könnten, als einem das lieb sein mag.
Dieser Röntgenblick hinter die Fassaden der Gehöfte wird den Urlaubern von heute in ihren schmucken Ferienhäusern verwehrt bleiben. Ihr Augenmerk liegt ohnehin auf der herben Schönheit der Natur. Einmal vom rauen Charme berührt, kommen viele Besucher wieder. Auch zum Leuchtturm.
Lønstrup Klint ist niemals die gleiche Steilküste, auf der sie ihn wiederfinden, denn die Brandung reißt stetig neue Wunden ins Gestein. Rubjerg Knude ist niemals die gleiche Düne. Denn der Wind hat unendlich viel Raum auf offener See, um tief Atem zu holen und den Sand nach Nordosten zu tragen, um eine neue dramatische Küstenlandschaft zu erschaffen. Und Rubjerg Knude Fyr?
Dem Wächter der Vergänglichkeit sind 40 Jahre Ruhe vergönnt. Dann haben ihn die Urgewalten eingeholt.
Info: Anreise
Mit dem Auto auf der A 7 nach Flensburg, weiter auf der E 45 über Aarhus ans Ziel. Alternativ mit dem Zug via Hamburg, Flensburg und Aarhus, . Weiterfahrt mit Mietwagen, Fahrrad oder Transfer.
Unterkunft
Neben den beliebten Ferienhäusern bietet die Region auch attraktive Campingplätze, Ferienzentren, Badehotels sowie klassische Hotels.Ferienhausanbieter sind beispielsweise Sonne und Meer, www.nordvestkysten.dk, oder Feriepartner, www.feriepartner.dk. Häuser kosten in der Vorsaison ab ca. 230 Euro/Woche. Besonders bei Familien beliebt: Lønstrup Camping Møllebakken, ein kleiner, windgeschützter und gemütlicher Campingplatz. Stellplatz für zwei Erwachsene und ein Kind ab 23 Euro, Bungalow ab ca. 43 Euro, www.campingloenstrup.dk.
Aktivitäten
Der Leuchtturm Rubjerg Knude Fyr steht an der Steilküste Lønstrup Klint inmitten einer Wanderdüne.Einer der schönsten, breitesten und gleichzeitig am wenigsten frequentierten Strände liegt zu Füßen des Leuchtturms an der Steilküste Lønstrup Klint. Beim Abstieg braucht man eine gute Trittsicherheit sowie am besten einen Guide. Im Nordsøen Oceanarium leben 81 verschiedene Tierarten aus dem Lebensraum Nordsee. .Mitten im Wald liegt der Freizeitpark Fårup Sommerland.