Rechte verkauft Porzellanfabrik: Nur der Name Walküre bleibt

Von Stefan Schreibelmayer
Die Porzellanfabrik Walküre in Bayreuth ist Geschichte. Geschirr mit dem bekannten Namen wird es aber weiterhin geben, nachdem Friesland Porzellan die entsprechenden Rechte erworben hat. Foto: Archiv/Eric Waha Quelle: Unbekannt

BAYREUTH/VAREL. Ende des vergangenen Jahres hat die insolvente Porzellanfabrik Walküre ihre Produktion nach 120 Jahren eingestellt. Jetzt wird wieder Porzellan unter dem in der Branche traditionsreichen Namen hergestellt – allerdings nicht in Bayreuth.

 
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Varel liegt rund 600 Kilometer entfernt von Bayreuth, direkt am Jadebusen, einer großen Bucht in der Nordsee südlich von Wilhelmshaven. Hier wird aktuell wieder Walküre-Porzellan hergestellt. Die Friesland Porzellan GmbH hat die Marke und die Rechte an mehreren Produktserien aus der Insolvenzmasse erworben. Damit wolle man die eigene Position im Bereich Gastronomie und Hotellerie im In-und Ausland ausbauen.

Auf Kurier-Nachfrage teilt das Unternehmen mit, dass man keine Maschinen oder direktes Produktions-Know-how erworben habe. Die Produktionsverfahren bei Walküre und Friesland seien sehr ähnlich. Außerdem gebe es eine Vereinbarung, dass die bisherigen Walküre-Eigner, die Familie Meyer, bei spezifischen Fragen beratend tätig werde.

Produktion schon angelaufen

Friesland betont zwar, dass Walküre über einen großen Kundenstamm verfüge. Doch auf Nachfrage sagt kaufmännische Leiterin Silvia Wiese, dass man weder ausstehende Aufträge noch Kundendaten übernommen habe. Kunden, die Interesse an den übernommenen Produktlinien Alta, NYNY, Classic, Feuerfest und Buffet hätten, müssten sich an Friesland wenden. Die Produktion einiger Walküre-Produkte sei bereits angelaufen, mit einem Hochfahren der Stückzahlen sei im Laufe des Jahres zu rechnen.

Übernahme schwierig

Zum Kaufpreis will sich Friesland nicht äußern. Man habe eine Verschwiegenheitserklärung unterschrieben, teilt Wiese mit. Auf die Frage, ob man nicht mit dem Gedanken gespielt habe, den Standort Bayreuth durch eine Komplettübernahme zu retten, heißt es von Friesland: „Das Insolvenzverfahren war bereits so weit fortgeschritten, dass ein Erwerb des Betriebes von uns als schwierig erachtet wurde. Weiterhin konnten wir die Konsequenzen eines Erwerbs weiterer Serien und/oder Produktionskapazitäten nicht abschätzen.“

Bewegte Geschichte

Eine Frage, die auch insofern interessant ist, als Friesland eine bewegte Geschichte hinter sich hat und selber erst vor einem Jahr vor der Schließung gerettet wurde. Los geht’s mit dem Unternehmen 1952 als Tochter des Melitta-Konzerns, die in Varel Kaffeefilter und Kaffeekannen produziert. Mitte der 60er-Jahre arbeiten rund 1200 Mitarbeiter für das Unternehmen. Diese Zahl geht bis Anfang der 90er wieder auf 300 zurück. Bis 2005 macht das Unternehmen zwei Insolvenzen durch, beschäftigt danach noch 85 Menschen. Ein ehemaliger Geschäftsführer übernimmt das Unternehmen, das weiter produziert, bis im Juli 2018 verkündet wird, dass das Werk Ende März 2019 geschlossen werden soll. Doch es kommt anders: Friesland und die niederländische Royal Goedewaagen Gruppe, deren Wurzeln bis 1610 zurückreichen, schließen sich zur RGW Friesland Porzellan Gruppe mit Hauptsitz in Varel zusammen.

Heute hat die Gruppe 100 Mitarbeiter, rund 60 davon arbeiten in Varel, teilt kaufmännische Leiterin Wiese mit, und: „Als regionaler Hersteller, der immer noch alles in Deutschland produziert, erachteten wir es als wichtig, einige Walküre-Produkte zu erhalten und hier zu produzieren. Auch wenn die Marktumstände in der Porzellanindustrie aufgrund von Importen aus Niedriglohnländern schwierig sind, glauben wir, dass es immer noch Platz für Qualitätsprodukte gibt, die in Deutschland hergestellt werden.“

Walküre

Die Porzellanfabrik Walküre, die im Jahr 1899 gegründet und zuletzt in vierter Generation von der Familie Meyer geführt wurde, war im August 2019 in die Insolvenz gerutscht. Als Grund wurde genannt, dass sich die Lage nach einem eher schleichenden Niedergang über die vergangenen Jahre im ersten Halbjahr plötzlich deutlich verschlechtert habe, nachdem Kunden größere Projekte und Abrufaufträge verschoben hätten. Es gab erste Entlassungen. Weil Verhandlungen mit Investoren nicht zum Erfolg führten, wurden Anfang Oktober 46 der dann noch 72 Mitarbeiter entlassen. Ende des Jahres wurde die Eigenverwaltung in eine Regelinsolvenz überführt und der Geschäftsbetrieb eingestellt.