Thüringer Landesverband Verfassungsschutz stuft AfD als „erwiesen extremistisch“ ein

Fähnchen mit dem Logo der AfD liegen auf einem Tisch. Foto: Daniel Karmann/dpa

Der Thüringer Landesverband der AfD gilt seit Langem als selbst innerhalb der rechtspopulistischen Partei besonders radikal. Dieser Einschätzung ist inzwischen auch der Thüringer Verfassungsschutz gefolgt. Die Partei ist schon seit Wochen ein „erwiesen extremistisches Beobachtungsobjekt“.

 
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Erfurt - Der Thüringer Verfassungsschutz hat den Thüringer Landesverband der AfD als ein „erwiesen extremistisches Beobachtungsobjekt“ eingestuft. Zuvor war die Thüringer AfD als sogenannter Verdachtsfall eingestuft worden, also eine Kategorie unterhalb eines Beobachtungsobjekts des Verfassungsschutzes. Nach Informationen unserer Zeitung informierte Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) am Dienstag in Erfurt die Landesregierung nun darüber, dass der Landesverfassungsschutz zu der Erkenntnis gekommen sei, innerhalb der AfD im Freistaat gebe es Bestrebungen, die sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung richteten. Den Informationen nach gilt die entsprechende Einstufung der Thüringer AfD als Beobachtungsobjekt bereits seit dem 15. März 2021.

 Der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan J. Kramer, dementierte diese Darstellung gegenüber unserer Zeitung am Abend nicht. Er bestätigte, dass sich das Kabinett der Landesregierung mit der Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz befasst habe. Weitere Details wollte er allerdings nicht nennen. „Unter Beachtung der möglicherweise bestehenden, gesteigerten Neutralitätspflicht mit Blick auf die stattfindenden Bundestags- und offenbar stattfindende Landtagswahl in Thüringen im September 2021 möchte ich zum Inhalt der Befassung von einer Stellungnahme absehen“, sagte er.

 Aus Regierungskreisen hieß es, der Verfassungsschutz sei nach einer monatelangen, intensiven Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Thüringer AfD derart radikal sei, dass ihre Beobachtung geboten sei. Seine Einschätzung stütze der Nachrichtendienst unter anderem darauf, dass nach seinen Erkenntnissen zentrale Funktionsträger des Landesverbandes frühere Bezüge ins klassisch-rechtsextreme Milieu hätten. Zudem bedienten sich Funktionsträger des Landesverbandes unter anderem klassischer antisemitischer Erzählungen und verträten geschichtsrevisionistische Positionen vertreten. Das vielleicht prominenteste Beispiel für Letzteres ist die sogenannte Dresdner Rede des AfD-Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke, der als die zentrale Figur der Thüringer AfD gilt. Höcke hatte in dieser Rede 2017 unter anderem eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ gefordert.

 Die Verfassungsschutzbehörden in Deutschland haben in den vergangenen Jahren bundesweit bereits verschiedene Teile der AfD genauer beleuchtet. Immer wieder versucht die Partei, den Verfassungsschutz von einer formalen Beobachtung ihrerselbst abzuhalten. Ein Argument von AfD-Kadern lautet, der Inlandsnachrichtendienste werde politisch missbraucht, um eine Oppositionspartei zu drangsalieren. Um ihre Sicht durchzusetzen, geht die AfD auch juristisch gegen die Sicherheitsbehörden vor. So darf das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD derzeit nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln nicht als extremistischen Verdachtsfall einordnen und beobachten.

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