Rad: Zeit für neue Konzepte

Von Michael Weiser

Vor zweihundert Jahren feierte der ferne Vorläufer des Fahrrads seine Jungfernfahrt. Der runde Geburtstag des umweltfreundlichen Massenverkehrsmittels wird überall gefeiert. In Städten wie Bayreuth wäre das der Anlass, endlich über die Zukunft des Verkehrs nachzudenken.

 
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Nur streckenweise ein Vergnügen: Radfahren in Bayreuth. Foto:Lammel Foto: red

Was am großen Um- und Abbauer Hans Walter Wild heute noch fasziniert, ist die große Energie, mit der sich an die Verwirklichung seiner Ideen machte. Dieser Energie verdankt Bayreuth etwas Zukunftsweisendes wie die Universität. Leider zog sie aber auch so etwas Rückwärtsgewandtes wie das Konzept der autogerechten Stadt nach sich. Da blieb Wild ein technikgläubiges Kind seiner Zeit.

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Der Ring drosselt die Innenstadt ab

Seit durch alte gewachsene Viertel der Ring gepflügt wurde, wälzt sich durch Bayreuth der Verkehr in einem Ausmaß, das Besuchern der kleinen Stadt den Eindruck einer veritablen Großstadt vermittelt. Es ist der Ring, der die wahre Altstadt, das historische Zentrum, das Herz Bayreuths, abschnürt. Und so leidet Bayreuth zu manchen Zeiten an seinem Autoverkehr wie ein Fettsüchtiger an seinem Blutdruck.

Wer im Verkehrsmorast genauer hinsieht, sieht – vor allem Bayreuther Kennzeichen. Es sind nicht die Ströme von Besuchern aus Berlin, Frankfurt und München, die sich in die Blechlawinen einreihen. Es sind die Bayreuther selbst.

Kein Platz für die bessere Alternative

Dabei gäbe es Alternativen. Vor 200 Jahren etwa erfand ein Forstmeister das Laufrad, die nach ihm benannte Draisine. In einer technischen Evolution von nicht einmal hundert Jahren wurde daraus das perfekte Verkehrsmittel für die moderne Stadt: das Rad. Es ist billig, es nützt der Gesundheit, es vergiftet nicht die Umwelt, es lässt den Menschen in einem dem Menschen gerechten Tempo doch schneller ans Ziel gelangen als mit dem Auto. Es spricht einiges für das Fahrrad. Seit vielen Jahrzehnten. Viele Bayreuther könnten also getrost das Auto mit dem Rad tauschen. Wenn sich’s denn anböte.

Es passt nicht recht zusammen

Es gibt gute Radwege in Bayreuth, manchmal aber auch nur Stücke davon. Ein System, das einem in jeder Richtung das schnelle, leichte und sichere Durchfahren der Stadt ermöglichte, ist ohnehin nicht zu erkennen. Es bleibt bei Stückwerk.

Es gab Ideen in jüngster Zeit, die aber sind mitunter abstrus. Einen Radweg auf die Tunnelstraße zu pinseln, am rechten Ort aber eine Verkehrsinsel zu platzieren, die die Straße verengt und eilige Autofahrer dann eben doch auf den Radweg drängt – das ist einerseits wischiwaschi und andererseits gefährlich. Ganz zu schweigen von Radwegen wie dem entlang der Albrecht-Dürer-Straße in Richtung Norden: Wie dieser kümmerliche Weg mitten in der Hauptverkehrszone versandet, ist ein Beispiel peinlich schlechter Stadtplanung. Wer sich danach auf dem Rad weiter in Richtung Gewerbegebiet St. Georgen bewegen möchte, darf sich auf eines der letzten Abenteuer im ansonsten wohl regulierten Deutschland freuen. Ähnliches gilt für die Bahnhofstraße: Befahren empfohlen für Risiko-Junkies. Die Liste lässt sich beträchtlich verlängern.

Bayreuth hat's nicht mitbekommen

Heute also feiert man den 200. Geburtstag des Rads. Von dieser technischen Revolution scheint die Stadtverwaltung bis zum heutigen Tage lediglich Kenntnis zu nehmen. Bayreuth ist vielleicht eine Sportstadt oder eine Familienstadt, womöglich sogar eine Kulturstadt, sei es für vier Wochen. Eine Stadt, die ihren Verkehr in den Griff bekommt, die irgendwelche spannenden Ideen vorzuweisen hätte, ist Bayreuth derzeit nicht.

Wilds Konzept zählt noch immer

Hans Walter Wild drosch durch, was er für seine Zeit für das Richtige hielt. Es war die autogerechte Stadt. Was man heute übersetzen darf mit: die verkehrsungerechte Stadt. Von der Energie dieses OBs könnte man sich in Bayreuths Rathaus eine Scheibe abschneiden. Auf anderen Gebieten aber sollte man es heute wirklich besser wissen.