Kaum soll der Wilhelmine-Preis an die Isreal-kritische Gruppe "Code Pink" verliehen werden, gründet sich auch in Bayreuth eine Arbeitsgemeinschaft der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. War die Kontroverse der Grund für die Gründung?
Der Wilhelmine-Preis wird am 15. April an die Menschenrechtsgruppe "Code Pink" verliehen. Für die Kriegsgegner gibt es nicht nur Beifall. Kritiker werfen "Code Pink" antisemitische Tendenzen vor. Wenig erfreut äußert sich auch Günter Beck-Mathieu, Vorsitzender der Bayreuther Arbeitsgruppe der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Der Kurier sprach mit ihm über Kritik an Israel, ein Land im Ausnahmezustand und Bayreuths Verantwortung.
Kaum soll der Wilhelmine-Preis an die Isreal-kritische Gruppe "Code Pink" verliehen werden, gründet sich auch in Bayreuth eine Arbeitsgemeinschaft der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. War die Kontroverse der Grund für die Gründung?
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Günter Beck-Mathieu: Nein, überhaupt nicht, das war nun wirklich Zufall.
Ehrlich?
Beck-Mathieu: Ja, ehrlich. Das hat überhaupt nichts miteinander zu tun. Seit zwei Jahren war es einfach meine Absicht, Menschen zu sammeln, die sich für Israel interessieren. Dafür habe ich bei Hebräischkursen an der Volkshochschule geworben, beim Zamir-Chor und bei anderen Gruppen. Aber da war auch der Ärger darüber, wie über Israel berichtet wird. Und einfach nur dazusitzen und sich zu ärgern, ist auch nicht gut.
Israel genießt viel Aufmerksamkeit. Was stört Sie genau?
Beck-Mathieu: Die Einseitigkeit. Israel ist immer Täter. Seine Gegner sind immer Objekte, Opfer. Und da herrscht wenig Verständnis für die Situation Israels. Wenn Israel gegen den Terror einen Zaun baut, dann spricht man kategorisch von Mauer...
...wo ja auch tatsächlich eine Mauer aus Betonsegmenten steht und Israel von den Palästinensergebieten der Westbank trennt.
Beck-Mathieu: In erster Linie ist das ein Schutz gegen eine Bedrohung, die wir uns hier nicht ansatzweise vorstellen können. Ob diese Art von Schutz nun sinnvoll ist oder nicht – das ist eine andere Frage. Was mich stört, ist diese obsessive Beschäftigung damit, was Israel im Nahen Osten tut. Wenn jemand anderer dort etwas anrichtet, interessiert man sich dafür im Allgemeinen wenig.
Darf man Israel nicht kritisieren? Muss sich Israel als einzige Demokratie im Nahen Osten nicht besonders hohe Maßstäbe gefallen lassen?
Beck-Mathieu: Um Himmels Willen, natürlich darf man Israel kritisieren. Vielleicht muss man das sogar. Aber warum diese obsessive Beschäftigung mit Israels Fehlern?
Sie Ihrerseits kritisieren "Code Pink", die aber auch andere Staaten kritisieren. Wogegen richtet sich Ihre Kritik?
Beck-Mathieu: Warum treffen sich die Mitglieder dieser Gruppe mit den Klerikalfaschisten im Iran? Warum kritisieren sie einerseits Israel, nicht aber die Türkei, nicht China, nicht Marokko, das mittlerweile riesige Gebiete annektiert hat?
Das Treffen der "Code Pink"-Aktivistin Medea Benjamin in Teheran, auf das Sie sicherlich anspielen, fiel in eine erste Zeit des Tauwetters der diplomatischen Beziehungen mit Iran, unter dem Reformer Rohani. Was ist falsch daran, mit dem Iran zu reden?
Beck-Mathieu: Man muss mit allen reden, richtig. Aber muss man mit allen gemeinsam Israel kritisieren? Man kann tatsächlich mit jedem reden, das glaube ich. Aber ist man damit gleich preiswürdig? Dazu gehört doch ein gewisser Vorbildcharakter. Und den sehe ich da nicht. Schauen Sie sich nur die Website von "Code Pink" an. Der Stil, der Habitus, das aggressive Filibustern. Und man sieht, dass "Code Pink" eine seltsame Auswahl an Gegnern und Partnern trifft. Weshalb will die Gruppe mit dem Iran reden, mit Israel soll aber nicht geredet werden, ja es soll boykottiert werden? Ich sehe bei "Code Pink" einfach eine falsche Parteinahme, eine antiwestliche Grundhaltung.
Wen würden Sie als preiswürdig empfehlen?
Beck-Mathieu: Ach, da gäbe es eine große Auswahl. Ich kenne zum Beispiel einen Lehrer aus Erlangen, der eine Ein-Dollar-Brille erfunden hat, die wirklich vielen Menschen in Afrika hilft. Oder ich denke an die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“. Weshalb also ausgerechnet "Code Pink"? Dass die Uni Bayreuth eine Organisation vorschlägt, die auch den Austausch mit akademischen Organisationen aus Israel auf Eis legen will, finde ich seltsam. Eine Organisation, die Israel als Apartheid-Staat bezeichnet... Zeigen Sie mir doch einen Staat in dieser Region, wo es weniger Trennung gibt, zwischen den Religionen, aber auch nach Geschlechtern.
Werden Sie bei der Preisverleihung am 15. April protestieren?
Beck-Mathieu: Wir sind keine Radau-Gruppe. Was wir machen werden, das überlegen wir noch. Was wir langfristig wollen: Wir wollen Israels Position in der Öffentlichkeit verständlicher machen. Zu Reisen einladen. Und wir streben Partnerschaften an. Eine Städtepartnerschaft zwischen Bayreuth und einer Stadt in Israel – das fände ich schön.
Hat Bayreuth eine besondere Verantwortung? Gilt es für uns Heutige, Schuld aus der Vergangenheit aufzuarbeiten?
Beck-Mathieu: Schuld ist nicht übertragbar. Schuldig ist, wer sich schuldig macht. Aber: Bayreuths Ruf sollte uns schon am Herzen liegen.
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