Davon weiß die Polizei allerdings nichts. Der Bekannte sei auch nie erwähnt worden. Eine Schutzbehauptung des 20-Jährigen? Von der Frau in dem PKW will S. keine Daten erhoben haben, wie er sagt. Sie sei zu sehr durcheinander gewesen. Aber er habe sie weiterfahren lassen. Kurz darauf sei es zu dem Vorfall mit dem Transporter gekommen, der aber auch nicht stattgefunden hat. „Alles sehr seltsam“, sagen seine Exkollegen. So entlässt man keinen Patienten.
Geständnis abgelegt
Wie aus den Ermittlungsakten hervorgeht, die uns teilweise vorliegen, habe S. schon frühzeitig eine Rückmeldung an die Leitstelle gegeben. Darin soll es geheißen haben, dass jemand sehr aggressiv sei, und Hilfe durch die Polizei benötigt werde.
Der nächste Widerspruch, denn zeitlich wäre er da noch mit seiner Patientin beschäftigt gewesen und der Transporter sei ja erst später gekommen. Was er wohl nicht wusste: An der beschriebenen Stelle stand sogar eine Verkehrskamera, da war aber natürlich nichts zu sehen.
Bei der Polizei hat der 20-Jährige bereits ein Geständnis abgelegt und auch in einem neuen Interview mit Bayern-Reporter, räumt er seine Geschichte als Lüge ein. „Ich habe mir das nur ausgedacht“, sagt er. Warum? Das weiß er jetzt auch nicht mehr.
S. spricht von einem Fakeeinsatz, den er sich ausgedacht habe. Als er an der besagten Stelle eintraf und alles inszenzieren wollte, fiel ihm zudem auf, dass er gar keine Dienstkleidung trug. „Ich bin dann sogar nochmal heimgefahren um mich umzuziehen“, erinnert sich S. im weiteren Verlauf. Dann habe er seine Absicherung aufgebaut und die Leitstelle angefunkt, um Hilfe von der Polizei zu erhalten. Als diese eintraf, habe man die Örtlichkeit dann auf einen nahe gelegenen Parkplatz verlegt. Dort wurde dann auch der Rettungsdienst alarmiert.
Seine erlittenen Verletzungen stammen laut seinem Freundeskreis von einer Schlägerei aus dem Vorfeld. Da soll er auf einer Party in Streit geraten sein. Das stimme aber nicht, sagt der sonst geständige Mann gegenüber Bayern-Reporter.
Er berichtet von einem weiteren Vorfall, der sich auf der Landstraße zwischen Baiersdorf und Bubenreuth abgespielt habe. Dort habe er Prügel kassiert, will sich aber nicht näher dazu äußern. Deswegen sei er aber unter Schock gestanden und habe so gehandelt.
Rotes Kreuz zeigt sich schockiert
Leonhard Stärk, Landesgeschäftsführer beim Bayerischen Roten Kreuz, zeigt sich bei einem Interview mit unserer Redaktion Anfang Oktober schockiert. „Ein solcher Vorfall ist keine kleine Sache. Der BRK-Chef verurteilte damals den Vorfall auf das Schärfste. Beleidigungen seien an der Tagesordnung, aber so ein Gewaltdelikt stelle eine neue Dimension dar.
Als er erfuhr, dass die Geschichte frei erfunden war, war Stärk deutlich betroffen. Er sei „schockiert und entsetzt“, wie er sagt. Man müsse jetzt die weiteren Ermittlungen abwarten und analysieren, aber durch solche Mitarbeiter bringe man den ganzen Berufstand in Verruf.
Gegen Kündigung geklagt, Strafe kassiert
Gerade motivierte junge Rettungskräfte wie S. sind die Stütze der Gesellschaft. Sie arbeiten hauptberuflich und bieten ihre Hilfe auch noch im Ehrenamt an. Doch wenn es zu weit geht, weil ein hohes Maß an Geltungsbedürfnis vorhanden ist, wird es schnell gefährlich.
Der junge Auszubildende wurde fristlos entlassen, doch er klagte dagegen. Bei einem gerichtlichen Vergleich einigten sich die Beteiligten darauf, sich „einvernehmlich“ zu trennen. Das hatte zur Folge, dass der junge Mann sogar noch ein Arbeitszeugnis der Marke „gut“ erhält und eine Abfindung von rund 3000 Euro kassiert. Das Strafverfahren wurde gegen eine Geldauflage von 500 Euro eingestellt. Damit ist der junge Mann nicht vorbestraft und er erhält auch kein Berufsverbot.
Für den frei erfundenen Einsatz muss S. ebenfalls nicht aufkommen. Es wurden keine Ansprüche gemeldet. Allerdings wird nun erneut gegen den jungen Mann ermittelt. Es besteht offenbar ein Anfangsverdacht, dass er in seinem Nachbarhaus für eine Brandstiftung verantwortlich sei.