Prozess am Landgericht Eine Gräueltat mit Ansage

Von Mathias Mathes

Ein Marokkaner richtet in einer Unterkunft für Asylbewerber in Kronach ein Blutbad an. Am Ende sind eine Frau und ein Kind tot, er schwer verletzt. Nun begann der Prozess.

 
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Zum Auftakt des Prozesses gegen einen Mann marokkanischer Herkunft am Mittwoch am Landgericht Coburg trägt Oberstaatsanwalt Christopher Rosenbusch Grauenvolles vor. Der 35-Jährige soll eine Mutter und ihr kleines Kind erstochen haben. Anschließend habe er sich mit einem Brandbeschleuniger übergossen und selbst angezündet.

Das schreckliche Geschehen, das in zunächst neun weiteren Verhandlungstagen von einem Schwurgericht unter dem Vorsitz von Richterin Jana Huber aufgearbeitet werden soll, hatte sich am 23. Mai vergangenen Jahres gegen 17.30 Uhr in einer Asylbewerberunterkunft in Kronach ereignet. Wie der Anklagevertreter ausführte, hatte die Bluttat eine von verschmähter Liebe und Eifersucht geprägte Vorgeschichte.

Schon seit 2018 lebte der des zweifachen Mordes beschuldigte Mann als anerkannter Flüchtling in der Unterkunft in Kronach. Dort lernte er eine Frau aus Eritrea und ihre im April 2019 geborene Tochter kennen. Es entwickelte sich eine Beziehung. Die Frau wurde vom Angeklagten schwanger. Doch die Beziehung war nicht von Dauer. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft konnte der 35-Jährige die Trennung nicht akzeptieren. Schon kurz danach sei es zu Handgreiflichkeiten zwischen dem Beschuldigten und der Frau gekommen, so Rosenbusch. Das gemeinsame Kind hatte die Frau schließlich abtreiben lassen. Die Reaktion des 35-Jährigen sei laut Anklagevertreter drastisch ausgefallen: „Ich bringe dich um“, habe er der einstigen Lebensgefährtin angedroht. Auch ihr zweijähriges Kind von einem anderen Mann werde sie nicht großziehen, nachdem sie ihm vorenthalten habe, Vater zu werden, soll er sich geäußert haben.

Im Rucksack Messer und Grillanzünder

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft glaubte der 35-Jährige, dass seine ehemalige Lebensgefährtin wieder zum Vater ihres Kindes zurückgekehrt sei. Aus Eifersucht also „sowie aus Wut über die Trennung und den Abbruch der Schwangerschaft beschloss der Angeschuldigte, Frau und Kind das Leben zu nehmen“. Zu diesem Zweck habe er in einem Supermarkt ein Messer mit einer 20 Zentimeter langer Klinge gekauft.

Am 23. Mai 2021 erschien der 35-Jährige vor der Asylbewerberunterkunft. In seinem Rucksack befanden sich das Messer und eine Flasche Grillanzünder. Mit Steinen habe er gegen die Balkontür am Zimmer der Frau geworfen, so der Anklagevertreter. Sein Opfer sei auf ihn aufmerksam geworden, habe sich jedoch gleich wieder in ihre Wohnung zurückgezogen. Der Beschuldigte sei dann über den Balkon in die Unterkunft eingedrungen.

Dann sollen sich dramatische Ereignisse abgespielt haben. Die Frau habe Zuflucht in der Gemeinschaftsküche gesucht. Andere Bewohner der Asylbewerberunterkunft hätten den Eindringling bemerkt und seien ebenfalls in die Küche gekommen. Einer Mitbewohnerin habe das Kind mitgebracht, das sie in ihrem Zimmer zu Besuch hatte.

Klinge tief in den Oberkörper gestoßen

Inzwischen habe der Beschuldigte die Tür zum Zimmer der früheren Lebensgefährtin eingetreten und sich so auch Zugang zu der Küche verschafft. Dann sei er auf die Frau losgegangen, habe sie mit seinen Fäusten zu Boden geschlagen, habe darauf der Mitbewohnerin das Kind aus den Armen gerissen. Das Kind soll in den Armen der Mutter gestorben sein, als der 35-Jährige auf ihren Oberkörper einstach und dabei dreimal den Rumpf der Zweijährigen traf. Dann habe er der Frau einen langen Schnitt an der rechten Wange zugefügt. Schließlich habe der 35-Jährige die Klinge tief in den Oberkörper der Mutter gestoßen. Frau und Kind verbluteten. Noch während die Opfer starben, übergoss sich der Mann mit dem Grillanzünder. Er zündete sich mit seinem Feuerzeug an. Durch die folgende Verpuffung geriet die Unterkunft in Brand.

Jetzt sitzt der 35-Jährige mit einem Kopfverband vor Gericht. Nach eigenem Bekunden habe er Verbrennungen an zwei Dritteln seiner Haut davongetragen. Nach seinen Motiven und der Tat befragt, erzählte er eine in Teilen krude Geschichte. Eigentlich sei er homosexuell. „Das war meine erste Beziehung zu einer Frau“, meinte er. Und ja, er sei wütend und enttäuscht darüber gewesen, dass die Lebensgefährtin das gemeinsame Kind habe abtreiben lassen. Aber umbringen wollen habe er sie nicht. Das Messer habe er für den Hausgebrauch gekauft: „Ich esse gerne Fleisch.“

Zur Bluttat sagte er nur: „Ab einem bestimmten Punkt kann ich mich an nichts mehr erinnern.“ Zu sich gekommen sei er erst wieder in einem Krankenhaus. Den Grillanzünder, so viel könne er sagen, habe er mitgeführt, um sich umzubringen.

Laute Stimmen im Kopf

Zu seinem mörderischen Tun getrieben, hätten in „Stimmen im Kopf“. Laut seien die gewesen und immer gegenwärtig. Die Stimmen hätten ihm gesagt, er solle das Kind töten, nicht aber die Mutter. Ihr solle er das Gesicht entstellen, sodass sie sich immer an ihn erinnere.

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