Protest gegen Lidl-Pläne „Juraschützer“ kontra Logistikzentrum

Die Lidl-Pläne für Kühlregallager in Stadelhofen nahe der Autobahn stoßen auf Widerstand – als Alternative ist Hollfeld „denkbar".

 
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Rund 200 Bürger demonstrierten am Sonntag in Stadelhofen gegen Pläne für den Bau eines Logistikzentrums nahe der Autobahnzufahrt. Sie rechnen mit erheblichen Belästigungen durch Lärm und ein hohes Verkehrsaufkommen – und sehen wertvolle Flächen gefährdet. Foto: Thomas Ochs

Hollfeld/Stadelhofen - Irgendwie war alles klar. Dann kam Widerspruch von Neubürgern. Ende vom Lied: Der Bau eines Logistikzentrums der Firma Lidl nahe der Autobahnausfahrt Stadelhofen ist aktuell höchst umstritten, sogar eine Bürgerinitiative „Juraschützer“ gegen solche Pläne hat sich gegründet. Ist das 14 Kilometer entfernte Hollfeld mit seinem weitgehend unbestückten Gewerbegebiet Nord eine Alternative? Nicht ausgeschlossen, ergab eine Nachfrage unserer Zeitung.

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Martin Sturm ist einer von zwei Geschäftsführern der Firma Sturm Logistik Immobilien mit Sitz in Heidenheim. Sie sucht im Auftrag des Groß-Filialisten Lidl Flächen für den Discounter. Erste Pläne waren schon in trockenen Tüchern, es ging um ein Areal rund 300 Meter von der Ausfahrt der A 70 entfernt. Dann gab es Gegenstimmen, sagt auch der frühere Bürgermeister. Konsequenz: Wechsel für die Planung in Richtung Norden, „da sah es gut aus“, sagt Sturm. Dann auch hier Ärger, private Anlieger riefen eine Bürgerinitiative ins Leben. Zu viel Schwerlastverkehr, zu viel Lärm, hieß es aus diesem Kreis. Unzumutbar sei das, bekundeten rund 200 Teilnehmer einer Demonstration am Sonntag auf dem Dorfplatz.

Immobilienmann Sturm kann das nur bedingt nachvollziehen. Da werde mit Behauptungen gehandelt, die nicht so ganz korrekt seien. Etwa bei der Dimension des Komplexes: „Wir reden da von 10 000 bis 15 000 Quadratmetern, am Ende wohl von 12 000 – aber nicht von 25 000, wie ich schon gehört habe“, sagt Sturm im Kurier-Gespräch. Ziel sei es, eine noch größere Fläche  zu erwerben – „weil wir großen Wert darauflegen, dass das nicht mitten im öffentlichen Raum steht“. Eine großzügige Gestaltung mit Außenanlagen helfe auch, Verschmutzungen zu vermeiden. Und es sei auch nicht mit 300, 400 Lastern zu rechnen, die täglich vor- und abfahren, „sondern im Schnitt mit 100, an bestimmten Tagen wie zu Ostern oder Weihnachten kann natürlich auch mal mehr los sein“. Fakt ist aus seiner Sicht: Der Standort gleich neben der Autobahnzufahrt sei ideal, weil die Verkehrsüberlastung „über Land“ wegfalle. Zudem handle es sich um ein bebauungsfähiges Areal, auch wenn der Flächennutzungsplan noch geändert werden müsste.

Sturm mit einem hörbaren Anflug von Frustration: „Der Bauausschuss des Landkreises Bamberg hatte sich ja auch schon grundsätzlich positiv geäußert, jetzt hat sich das Ganze durch den Widerspruch von Menschen, die dort eigentlich gar nicht wohnen, verselbstständigt.“

Das bestätigt auch der ehemalige Bürgermeister der Verwaltungsgemeinschaft Steinfeld, Ludwig Göhl, in dessen Amtszeit das Vorhaben erste Gestalt annahm. „Wir waren schon ziemlich weit, auch mit den Grundstückseigentümern.“ Dann habe es Rückzieher gegeben, als Anlieger in der Nähe ihren Widerstand bekundeten, die Stimmung sei „gekippt“. Das weiß auch sein Nachfolger Volker Will. Er sagt: „Wir können als Kommune bisher schwer einschätzen, was da genau kommen soll, der Gemeinderat braucht noch mehr Informationen.“ Die hätte Matthias Sturm n der April-Sitzung liefern sollen, „aber das war zu kurzfristig“. Will sagt auch: „Wir benötigen Transparenz über das Lidl-Konzept, welche Flächen da am Ende tatsächlich betroffen sind mit Parken und allem, was dazugehört.“

Beschlüsse seien ja noch keine gefasst, „letztlich muss der Gemeinderat darüber befinden.“ Wenn ihm dann alle Informationen vorliegen. Will hofft, dass dies spätestens im Juni oder Juli der Fall ist. Für ihn überwiegen im Moment die Vorteile eines solchen Projekts. Auch wenn Gewerbesteuereinnahmen erst nach ein paar Jahren zu erwarten sind, wenn die Abschreibungen auslaufen. Immerhin gehe es um mehrere Dutzend Arbeitsplätze.

Stimmt, sagt Matthias Sturm. Was passiert, wenn es nicht klappt mit Stadelhofen? Natürlich strecke man seine Fühler auch andernorts aus. Ja, auch in Hollfeld, „das ist in der Tat so“. Zum einen sei die Entfernung zur Autobahn überschaubar, zum anderen Bürgermeister Hartmut Stern und das Bauamt im Rathaus bei einer Kontaktaufnahme „vorbildlich reagiert“ und rasch Unterlagen geliefert. Das erlebe man in dieser Form selten. Aber Sturm sagt auch: „Das wäre eine von mehreren Alternativen, mit denen wir uns beschäftigen.“

Bürgermeister Stern übt Zurückhaltung. Natürlich hätten er und die Verwaltung mitbekommen, was in Stadelhofen so alles passiert, aber näher habe man sich mit dem Thema noch nicht befasst. „Erst müsste das ja im Stadtrat angesprochen werden, das war noch nicht der Fall“, sagt Stern.

Zurückhaltung auch beim Unternehmen Lidl. „Wir benötigen eine effiziente Logistik, um unsere Kunden auch in Zukunft täglich mit frischen Lebensmitteln zu versorgen. Aus diesem Grund suchen wir aktuell eine Fläche für ein kleinflächiges Warenverteilzentrum ausschließlich für Frischeprodukte in der Region Bamberg“, antwortet Pressesprecher Mario Köhler auf Anfrage unserer Zeitung. Mehr könne er im Moment nicht sagen, „wir befinden uns noch in der Planungsphase“.

Das beruhigt Christoph Theinel, einer der Sprecher der BI Juraschützer, keineswegs. Die Gemeinderäte brächten keine weiteren Informationen, sagt er – „weil alle Fakten auf dem Tisch liegen“. Und danach wolle Lidl nach wie vor ein Logistikzentrum bauen, auch wenn dies offiziell kleiner ausfallen soll als ursprünglich angedacht. Weil eben Grund nicht mehr zur Verfügung stehe, der zuerst eingeplant war. Das ändere aber nichts daran, „dass wir hier von einem 15 Meter hohen Gebäude reden“.

Und von einem Projekt, das als industriell einzustufen sei, „auf einer normalen Gewerbefläche ist nicht möglich, was Lidl da macht, dazu ist eine Industriefläche nötig“. Heißt: Lärmbeschränkungen für die Nacht, wie in Gewerbegebieten üblich, seien dann ausgeschlossen. Das wüssten Bürgermeister und Gemeinderäte, sagt Theinel. Allerdings scheine das nicht alle „wirklich zu interessieren“.