Preisgekrönter Journalist Kurt Tauber: 70 Jahre und kein bisschen leise

Pegnitz - Er gilt als harter Knochen. Einst leitete er die Kurier-Redaktion in Pegnitz. Vom damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl wurde ihm 1985 der Konrad-Adenauer-Preis für Lokaljournalisten überreicht. Am Montag, 10. Mai, wird Kurt Tauber 70 Jahre alt.

 
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Herr Tauber, warum sind Sie Journalist geworden?

Kurt Tauber: Ich habe 1970 Abitur gemacht. Eigentlich wollte ich so etwas wie Elektroingenieur werden. Ich habe immer viel herumexperimentiert. Sender bauen, Fernsehen, Radio – irgendwas mit Elektronik. Bedingt durch die 68er-Bewegung und den Vietnam-Krieg wurde auch in der Schule alles so politisch, dass ich im letzten Schuljahr aber beschlossen habe: Ich muss Journalist werden, um die Welt zu verbessern.

In welche Richtung wollten Sie die Welt lenken?

Tauber: Ich wollte flammende politische Leitartikel schreiben. Nach vier Wochen in meinem Volontariat beim „Donaukurier“ in Ingolstadt habe ich aber gemerkt, dass mich der Lokaljournalismus mehr interessiert. Das hat mich vom ersten Tag an fasziniert. Natürlich habe ich mich weiter für Politik interessiert.

Sind Sie ein 68er?

Tauber: Dafür war ich wohl zu jung. Aber in unserer Abiturzeitung stand, dass ich den Kirchenchor von links unterwandert hätte. Das war zwar übertrieben, aber nicht ganz verkehrt. Ich war immer einer, der wider den Stachel gelöckt hat.

Manche sagen, Sie waren als Journalist ein ziemlich harter Knochen.

Tauber: Nachdem es so viele sagen, muss wohl was dran sein. Ich habe mich nicht so empfunden, zumal ich zu vielen Leuten in der Redaktion auch ein privates Verhältnis hatte. Mit einigen habe ich ja heute noch Kontakt. Ich war wohl ein harter Knochen in dem Sinn, dass ich mich letztlich zielstrebig durchgesetzt habe, wenn ich die Unterstützung von oben hatte. Auf der einen Seite klingt es wie ein Kompliment, auf der anderen ist es nicht unbedingt schmeichelhaft. Aber ich stehe dazu.

Sie sind 1984 von den „Nürnberger Nachrichten“ zum „Nordbayerischen Kurier“ gewechselt, wo sie bis 2000 Redaktionsleiter in Pegnitz waren, bevor Sie in Bayreuth als Deskchef gearbeitet haben. Wie war damals die Situation?

Tauber: Die Redaktion in Pegnitz stand in sehr starker Konkurrenz zu den „Nürnberger Nachrichten“. Die Stimmung ist natürlich aufgeheizt, wenn der stellvertretende Chef einer Zeitung nach zehn Jahren zur anderen geht und dort als Chef eine komplett neue Redaktion aufbaut und dann mit den vom früheren Chef abgelehnten Ideen gleich den wichtigsten Lokaljournalistenpreis holt.

Wie sehen Sie diese Zeit im Rückblick?

Tauber: Es gibt Leute, die sagen, sie hätten mich bewundert, wie ich dieses Orchester aus lauter Solisten zusammengehalten habe. So habe ich mich auch selbst gesehen: dass ich aus Kollegen, von denen sich jeder doch irgendwie für den Größten, Schönsten und Besten gehalten hat, eine Mannschaft geformt habe, die ein tolles Ergebnis gebracht hat. Und das nicht nur einmal, sondern sechsmal mit Journalistenpreisen in Folge. Daraufhin hatte dann die Zentralredaktion in Bayreuth gesagt, dass man sich künftig zentral für Journalistenpreise bewerben will. Dann gab es aber keine Preise mehr, weil es keine Bewerbungen mehr gab.

Welcher Preis war der wichtigste?

Tauber: Der Konrad-Adenauer-Preis für Lokaljournalisten. Er wurde uns 1985 für den Aufbau der neuen Redaktion unter meiner Leitung verliehen. Es gab 165 Bewerbungen aus der ganzen Bundesrepublik. Das war schon eine Bestätigung und hat uns sehr geholfen, in den nächsten Jahren unsere Vorstellungen aus Pegnitz gegenüber der Zentrale zu vertreten.

Wie haben Sie Helmut Kohl in Erinnerung, der Ihnen den Preis überreicht hat?

Tauber: Es gab eine riesige Feier mit 500 Gästen im Konrad-Adenauer-Haus in Bonn. Kohl war viel gewinnender und menschlicher als er im Fernsehen rüberkam. Das war ein Unterschied wie Tag und Nacht. Mich hat sehr beeindruckt, dass er unsere Unterlagen gelesen hatte und von seinem Redemanuskript abwich. Er hat zusätzlich Dinge erwähnt, die ihm gefallen haben. Das war mehr, als man erwarten konnte.

Hat man sich denn in Pegnitz gegenüber denen in Bayreuth wie in einem gallischen Dorf gefühlt?

Tauber: Ein bisschen ja. Ich bin damals zum Kurier gegangen mit der Maßgabe: Du bist der Redaktionsleiter und nicht der verlängerte Arm von irgendwem – so wie es später mal war. Ich war in einer Position, in der mir nicht jeder in Bayreuth Vorschriften machen konnte. Das hat einen gewissen Neid bei anderen Kollegen geweckt. Wir hatten schon eine Sonderrolle. Die hatten wir aufgrund unserer Konkurrenzsituation, des Adenauer-Preises und der Tatsache, dass unsere Auflage vom ersten Tag an stieg.

Was vermissen Sie heute am Lokaljournalismus?

Tauber: Ich vermisse die Reportagen, die Serien, das Nachfassen – also die Kür. Aber auch die Pflicht wurde stark reduziert. Als das losging, dass die Vereine selbst über ihre Hauptversammlungen schreiben mussten, war das für mich der Anfang vom Ende. Das war irgendwie Facebook im Print. Dann brauche ich keine Zeitung mehr.

Haben Sie lieber geschrieben oder fotografiert?

Tauber: Ich habe lieber geschrieben, aber es ist mir schwergefallen. Schreiben war für mich immer harte Arbeit, aber eine, der ich mich gerne unterzogen hab. Ich brauchte den Druck des Redaktionsschlusses, und das ist nicht negativ. Fotografieren war für mich das Glück, dass ich das machen durfte und konnte. Aber ich hätte nie beruflich Fotograf sein wollen.

Das Fotografieren muss Sie doch sehr fasziniert haben, sonst hätten Sie wohl kaum das Deutsche Kameramuseum eröffnet.

Tauber: Die Fotografie hat mich seit meinem siebten Lebensjahr fasziniert. Wir hatten damals ein Haus gekauft. Das war mein erstes Motiv mit einer geliehenen Kamera meiner Tante, eine Voigtländer Brillant. Diese Kamera wollte ich immer fürs Museum haben, aber mein Cousin hat sie nicht rausgerückt. Ich hatte dann schnell eine eigene Dunkelkammer. Das Fotografieren war für mich die Eintrittskarte in den Journalismus.

Wie viele Kameras besitzen Sie?

Tauber: Ich privat drei, meine gemeinnützige Stiftung „Kameramuseum Kurt Tauber“ hat 7500 Apparate aus der ganzen Welt. Unser Schwerpunkt liegt in der Nachkriegszeit. Vor allem haben wir im Museum, das jetzt übrigens seit zehn Jahren besteht, Kameras, die auch beim engagierten Amateur in Gebrauch waren. Wir wollen die Alltagsgeschichte der Fotografie zeigen.

Kann man das Kameramuseum als Ihr Lebenswerk bezeichnen?

Tauber: Manche sagen das. Ich bin sehr froh, dass ich nach meiner beruflichen Tätigkeit nicht in ein Loch gefallen bin, wie manch anderer Kollege, der vor mir in den Ruhestand gegangen ist. Man hat ja plötzlich nicht mehr diese Aufgabe und Beachtung gehabt. Für mich ging es nahtlos weiter, nur unter anderen Vorzeichen. Ich war quasi der Redaktionsleiter des Kameramuseums.

Was, glauben Sie, bleibt von Ihrer journalistischen Tätigkeit in Erinnerung?

Tauber: Ein zentraler Punkt meiner Arbeit waren die Kurtsgeschichten, eine 120-Zeilen-Glosse, die zehn Jahre lang fast jeden Samstag erschien. Darauf habe ich auch viel Echo von Lesern bekommen. Die Reaktionen in der Redaktion waren eher zweigeteilt. Einige waren neidisch, dass ich einen so prominenten Platz in der Nachfolge von Wafner und Alexander Dick bekommen habe, und nicht sie. Ich konnte über Gott und die Welt räsonieren und durfte auch ziemlich frech sein. Hinterher dachte ich öfter, heute würde ich mich manche Formulierung nicht mehr trauen.

Ihr nächstes Projekt fürs bevorstehende Lebensjahrzehnt?

Tauber: Das Kameramuseum weiterbringen! Aber ich bin auch gerade dabei, eine Modelleisenbahnplatte aufzubauen. Zu meinem Geburtstag habe ich eine Lok mit der Aufschrift dekoriert: 70 Jahre und kein bisschen leise. Ich fühle mich mindestens zehn Jahre jünger, wobei ich mich eigentlich – nach zwei überstandenen Herzstillständen, insgesamt sechs Monaten Intensivstation, Multiorganversagen und anderen Wehwehchen – wie hundert fühlen müsste.

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