Pottenstein Zoff um Lärm am Hartplatz

Die Bevölkerung meint, dass es der Stadt Pottenstein am Verständnis für die Jugend fehlt. Mitglieder des Stadtrats hingegen sind sich sicher, sie wurden nicht ausreichend informiert. Das Thema rund um den Hartplatz an der Graf-Botho-Schule kochte nicht nur in den sozialen Medien hoch, sondern wurde auch in der Felsenstadt heiß diskutiert.

 
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Genauer geht es um das Basketball-Verbot, welches die Stadt am Wochenende auf dem Spielfeld am Bayreuther Berg direkt umsetzte. Ab 19 Uhr darf seitdem kein Basketball mehr gespielt werden, weil sich Anwohner am Dribbeln und Scheppern stören.

Zwei Jahre war die gesamte Welt eingesperrt. Zwei Jahre, in denen die Jugendlichen nicht mal auf einen Spielplatz gehen durften – geschweige denn auf einen Sportplatz, um ihrer Lieblingssportart nachzugehen. Seit einigen Wochen fühlt es sich wieder wie früher an, als die Welt noch etwas einfacher war und man nicht auf irgendwelche Hygienevorschriften achten musste.

Auch die Jugend zieht es nach draußen. Die Sonne scheint und der Drang, etwas im Freien zu unternehmen, ist groß. Natürlich geht es den Pottensteiner Jungs da nicht anders.

"Halt's Maul"

Doch nach zwei Jahren Pandemie gibt es eben auch die andere Seite der Medaille. Diejenigen, die die Ruhe genossen haben und in ihrem Zuhause und Garten entspannen möchten. Das bestätigen die Anwohner von drei Häusern – zwei davon verwandt –, die sich mit ihrer Beschwerde an die Stadt gewandt haben und nicht namentlich genannt werden möchten.

„Ich arbeite sechs Tage die Woche und möchte wenigstens meinen Sonntag genießen. Oftmals spielen die Jugendlichen von früh bis spät und das ununterbrochen. Als wir abends um Ruhe gebeten haben, kam nur ein: ‚Halt's Maul‘.“

Mehrmals bat das Paar darum, dass es doch nach 20 Uhr langsam genug sei. Man hatte jahrelang nichts dagegen, dass die Jugendlichen dort oben spielen – solange es in einem gewissen Rahmen stattfindet. Es sei einfach zu laut. „Wenn die da unter der Woche spielen, dann habe ich nichts dagegen“, erklärt der Anwohner, der dort seit über 20 Jahren wohnt.

Er verstehe so oder so nicht, weshalb ein Sportplatz, der zu einer Schule gehört, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird. „Ich kenne keine Schule, die das so macht. Früher war mal ein Schild dran, dass dort gar nicht gespielt werden darf. Das war irgendwann mal einfach verschwunden.“

Auch über den „Shitstorm“ in den sozialen Medien konnten sich die Anwohner nur wundern. Niemand erlebe dieses Dribbeln mit und könne sich darüber ein Urteil bilden. „Die verstehen nicht, dass man nur wenige Tage in der Woche hat, an denen man entspannen kann. Jeder hat doch seinen Rückzugsort. Das hier ist unser Zuhause.“


Pottensteiner Parteistimmen

Katja Wunderlich (FDP): „In Pottenstein gibt es nicht wirklich viele Orte, an denen sich Jugendliche treffen können. Es wird ständig kritisiert, dass die heutige Jugend nur noch vor dem Bildschirm sitzt, gehen sie aber einer Sportart im Freien nach, fühlen sich die Menschen gestört. Statt über Verbote nachzudenken, wäre es vielleicht sinnvoll gewesen, erst einmal über Alternativen nachzudenken, wo und wie man den Jugendlichen einen Platz schaffen könnte, um zum Beispiel weiterhin am Abend Basketball spielen zu können. Gerade bei den jetzigen Temperaturen ist nun mal abends die Zeit, in der sie überhaupt etwas unternehmen können. Wir würden uns freuen, wenn man hier vielleicht noch einmal das Gespräch mit beiden Parteien sucht. Denn Verbote gibt es in unserer Gesellschaft schon genug.“

Norbert Hartmann (BPU): „Die zeitliche Einschränkung hat mir nicht gefallen. Die Uhrzeit ist deutlich zu früh. Ich hatte bei der Abstimmung gar nicht meine Hand gehoben, weil mir das zu schnell ging. Ich hatte mir noch Gedanken gemacht, wie man das anders lösen könnte. Vor allem spielt und trainiert ja auch der TSC Pottenstein direkt daneben und das zu späten Abendzeiten. Wir sollten weitere Alternativen prüfen und versuchen, eine einvernehmliche Lösung für alle zu suchen – ohne, dass es zu einem Konflikt führt. Unsere Entscheidung ist ja eine, die man wieder revidieren kann. So selbstkritisch sollten wir dann schon sein und einen Beschluss auch wieder ändern. Wir sollten das Thema noch mal aufnehmen. Das war ein Schnellschuss.

Maria Dreßel (FWG): „Ich habe für eine längere Zeit abgestimmt. Ein Gespräch mit beiden wäre wohl gut. Ich selbst bin ja Jugendbeauftragte und wurde von niemandem angesprochen noch angefragt. Viele gehen nach der Schulzeit in Pottenstein nach Pegnitz. Dann kommen einige Dorfkinder nicht mehr zusammen. Doch das sollten wir fördern. Wir freuen uns eigentlich immer, wenn wir Kinderlachen hören oder sich Jugendliche betätigen. Im Vorfeld gab es keinen Austausch. Während der Sitzung kamen auch viele Fragen auf, die nicht angesprochen wurden. Wie viele Personen stören sich daran? Sind es immer die gleichen Jugendlichen? Das wurde alles nicht erwähnt. Ich hoffe nicht, dass die Entscheidung jetzt in Stein gemeißelt ist.“

Christian Weber (JL): „Wir haben ja versucht, einen anderen Vorschlag im Stadtrat durchzusetzen, aber der hat keine Mehrheit erhalten. Vom Grundsatz lehnen wir diese künstlich festgelegte Beschränkung ab. Dafür gibt es ja die Ruhezeiten. Die sind gesetzlich festgelegt. Selbstverständlich dürfen sich die Bewohner an die Stadt wenden. Deren Wünsche müssen auch berücksichtigt werden. Allerdings glauben wir, dass es sich nicht durch ein Basketball-Verbot lösen lässt. Fußball wird ja weiterhin geduldet. Das wäre aber das erste Fußballspiel, das ich erlebe, bei dem nicht geschrien wird. Wenn man bei dem Verbot bleibt, dann müssen wir nach alternativen Standorten suchen. Es wurde auch nicht in der Sitzung erwähnt, ob sich alle Anwohner daran stören oder ob es vielleicht einfach nur eine Streitigkeit zwischen zwei Gruppen ist – bestimmte Anwohner und Jugendliche.“

Birgit Haberberger (CSU): „Ich war gegen ein Verbot. Ich erhielt im Nachhinein sehr viele Nachrichten und wurde auch darauf angesprochen, warum es jetzt eine Begrenzung gibt. So richtig aufgeklärt wurde der Stadtrat nicht. Diese nicht vorhandene Transparenz bei den Entscheidungen ist ja bei uns ein Dauerthema. Wir müssen doch wissen, wie viele eine Beschwerde eingebracht haben. War es eine offizielle Beschwerde oder so zwischen Tür und Angel? Es fehlen die gesamten Hintergrundinformationen. Es muss Gespräche mit den Jugendlichen geben. Es hat doch früher auch funktioniert.“

Roland Lang (BU): „Der Großteil war für eine Schließung ab 19 Uhr. Im Nachhinein muss ich sagen, dass man ja eigentlich schon möchte, dass sich die Jugendlichen bewegen. Ich bin inzwischen der Meinung, dass man da ein Gleichgewicht finden muss. Wir wollen da niemanden rausdrängen. Ich weiß nicht, inwieweit das eskaliert ist. Dazu wurde nichts gesagt. Ich würde es begrüßen, wenn man darüber nachdenkt.“

Hans Gmelch (SPD): „Das war ein Schnellschuss. Es gab ja noch die Möglichkeit bis zur Ruhestörung. Die Jugendlichen hatten es noch nie einfach in Pottenstein. Es gab mal Zeiten, da gab es nicht mal Jugendräume. Die Sitzung verlief recht hastig. Da müssten wir eigentlich noch mal drüber reden.“

Johannes Frosch (FWG): „Ich habe das Problem nicht so ganz verstanden. Wenn man doch den ganzen Tag spielen darf, dann ist das doch kein Problem, dass das nur bis 19 Uhr geht. Dann hatten die Jugendlichen doch ausreichend Zeit, Basketball zu spielen. Ich habe mit Klassenkameraden gesprochen, die die Jugendlichen kennen. Da kam heraus, dass die normalerweise gar nicht so lange da oben sind. Die Uhrzeit hätte man klar einfach weglassen können, aber man muss dann eben auch hören, wenn die Anwohner sagen, dass sie jetzt gerne ihre Ruhe hätten. Wir hatten gar nicht die Zeit, auf andere Optionen zu kommen. Das Thema wurde sehr schnell durchgesprochen. Das ist sehr unbefriedigend, wie wir manche Themen angehen und dann zu einer Abstimmung gedrängt werden. Es ist nun mal nicht immer alles schwarz oder weiß. Es gibt viele Grautöne und die muss man eben finden. In einem Geschäftshaushalt muss man die Zwischentöne beherrschen. Soweit ich weiß, eskalierte das auch nur an einem einzigen Sonntag. Da muss man dann halt drüber reden. Ich bin auch unglücklich darüber, wie über uns in den sozialen Medien gesprochen wird. Das haben wir ganz oft nach einem Beschluss. Was viele nicht wissen, ist, dass die Rathaus-Kommunikation katastrophal ist.“


Frühbeißer: Ausreichend Möglichkeiten

Im Nachgang zu der Sitzung und zur  Entscheidung, dass der Hartplatz für das Basketballspiel ab 19 Uhr gesperrt wird, stellte der Nordbayerische Kurier Bürgermeister Stefan Frühbeißer Fragen zu dem Thema. Die Antworten erhielt die Redaktion schriftlich. 

Herr  Frühbeißer, welche Ausweichmöglichkeiten haben die Jugendlichen nach dem Verbot? Wo gibt es ähnliche Anlagen in der Nähe?

Frühbeißer: Den Jugendlichen in unserem Gemeindebereich stehen alle öffentlichen Sport- und Spielplätze, sowie in der Regel auch alle Vereinssportplätze zur Verfügung. Das sind im Gemeindebereich nicht wenige!

Sind Sie, als Stadtoberhaupt, nicht froh darüber, dass Jugendliche sich sportlich betätigen?   

Frühbeißer: „Zu Ihrer Frage, ob ich als Stadtoberhaupt nicht froh darüber sei, dass Jugendliche sich sportlich betätigen, kann ich eigentlich nur an meine bisherigen Initiativen und Äußerungen im Stadtrat über meine gesamte Amtszeit hinweg verweisen. Hierzu hatte ich mich stets dafür eingesetzt, Spiel- und Sportplätze zu schaffen – aktuell in Waidach und in Wannberg –  und speziell auch die Jugendarbeit in Vereinen unterstützt. Wie schon ausgeführt, stehen alle öffentlichen Spiel- und Sportplätze sowie zusätzlich noch einige Bolzplätze seitens der Stadt Pottenstein sowie Sportanlagen seitens unserer Vereine zur Verfügung.“

Wenn die Jugendlichen sich stets einsichtig zeigten, weshalb dann direkt das Verbot ab 19 Uhr? 

Frühbeißer: „Einerseits gilt hinsichtlich der Geräuschentwicklung die Immissionsschutzverordnung mit entsprechenden Richtwerten. Hierbei ist jedoch zu unterscheiden von ausgewiesenen Sportanlagen und in diesem Fall einer Schulsportanlage unmittelbar angrenzend an ein ausgewiesenes Wohngebiet, das hier außerhalb des Schulbetriebes in Abendstunden und an Wochenenden genutzt wird. Es handelt sich eben nicht um eine ausgewiesene öffentliche Sportanlage! Eine Lärmbeeinträchtigung beginnt dann, wenn sich jemand durch die Einwirkung beeinträchtigt fühlt. Weiterhin ist die Nutzung des Platzes in diesem Fall auch nach der Frage zu beurteilen, ob eine allgemeine Ruhestörung vorliegt. Die Beschwerdeführer gaben an, dass das Spiel mit lauter Musik von einer Auto-Stereoanlage begleitet wurde. Demnach hat der Stadtrat einen Kompromiss mit einem Hinweisschild auf „Rücksichtnahme“ und der Nutzung des Schulhartplatzes bis 19 Uhr unmittelbar angrenzend an ein Wohngebiet mehrheitlich beschlossen, wobei sowohl die Anwohner wie auch die betreffenden Jugendlichen und jungen Erwachsenen dabei Einverständnis signalisierten.“ 

Könnten andere Maßnahmen vielleicht helfen? Zum Beispiel das Anbringen einer lärmmindernden Wand oder eines anderen Bodenbelags? Gibt es die Möglichkeit einen anderen Korb anzubringen, der eben nicht so laut ist?

Frühbeißer: „Es wurde von mir in der Sitzung sehr wohl ausgeführt, dass vorab noch der Hausmeister beauftragt würde, unter anderem die Halterung des Korbes zu prüfen, ob die Beeinträchtigung durch Lärm reduziert werden könne.“

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